Tausende Pressemitteilungen landen jeden Tag in deutschen Redaktionen – auch bei uns. Doch nur ein Bruchteil wird tatsächlich gelesen. Journalistin Marike Frick erklärt, wie man es besser machen kann, wenn man mit seinem Unternehmen Aufmerksamkeit erzeugen möchte.
Unglaublich, was es da draußen an tollen Unternehmern gibt! An Marktlückenfüllern, Alltagsvereinfachern, Weltverschönerern! Und großartig, was für Geschichten die so haben! Vom Versuchen und Scheitern, Hoffen und Bangen, Zweifeln und Verzweifeln, auf-die-Fresse-fallen und wieder-Aufstehen, von sehr persönlichen Schicksalsmomenten und ganz großem Glück.
Aber was machen diese tollen Unternehmer mit ihren großartigen Geschichten dann?
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Sie verstecken sie in der Schublade. Anschließend gehen sie online und gucken mal ein bisschen in Google, was sie so übers Pressemitteilungen-schreiben finden. Sie setzen sich hin und formulieren schöne, lange Sätze, schreiben was von „innovativ“ und „einzigartig“, bringen das Wer, Was, Wie, Wo, Wann und Warum unter (schließlich haben sie was gelernt bei ihrer Google-Suche), kürzen das Ganze von zwei auf eineinhalb Seiten runter, und dann schicken sie das ab, an so viele Journalisten und Blogger wie möglich.
100 bis 150 Pressemitteilungen am Tag
Hier mal eine ganz, ganz laute Nachricht nach da draußen in die Welt hinein: Liebe Unternehmer, es ist ehrbar, dass ihr euch Mühe gegeben habt – aber leider, leider werden wir Journalisten auf dieser Grundlage nicht über euch schreiben.
Wir tun das deshalb nicht, weil
- Schon die Betreffzeile uns nicht anmacht
- Ihr uns allen die gleiche E-Mail geschrieben habt, dem Lokaljournalisten genau so wie dem Magazinreporter und dem Radiofuzzi.
- Ihr viel zu viel in eure tolle Idee und euer tolles Produkt verliebt seid und der Großteil der Pressemitteilung dafür draufgeht
- Erst irgendwo in Absatz drei etwas mittelspannendes darüber steht, was ihr eigentlich persönlich mit diesem Produkt zu tun habt
- Wir leider gerade an ganz vielen anderen Geschichten arbeiten, die aber alle irgendwas mit Menschen zu tun haben, und nicht mit neuen Unternehmen, Events, Awards oder irgendeiner Marktlücke
All das vorausgesetzt, dass wir die Pressemitteilung überhaupt gelesen haben. Was – das bestätigen alle Kollegen – im Großteil der Fälle nicht passiert.
Hier ein Fakt: Journalisten und Blogger bekommen jeden Tag an die 100 bis 150 Pressemitteilungen.
Journalisten suchen Geschichten
Sie lesen darin von Reisen ans Mittelmeer, Hundefutter und Bildungsstudien, und sie haben keine Ahnung, wieso all diese Nachrichten sie überhaupt erreichen. Die meisten haben noch nie über Hundefutter geschrieben. Ihr Themengebiet ist nicht Bildung. Und Reisen ans Mittelmeer interessieren sie nicht mal besonders, wenn sie Reiseredakteur sind. Dafür ist das Mittelmeer viel zu groß, das Thema also viel zu weit gefasst, und überhaupt: Wo ist denn da die Geschichte?
Denn das ist es, was wir Journalisten suchen.
Wir wollen über Menschen schreiben, ihre Erfahrungen, ihre echt erlebten Erlebnisse. Denn die können wir nicht herbeigooglen, und wir können sie uns an unserem Schreibtisch auch nicht ausdenken.
Als Journalistin bin ich immer wieder, manchmal verzweifelt, auf der Suche nach „Fällen“, also echten Geschichten. Ich starte dann Aufrufe auf Facebook, schicke E-Mails im Bekanntenkreis herum. Etwa, wenn ich jemanden suche, der von Generationenkonflikten im Job erzählen kann. Oder darüber, was passiert, wenn man mit dem Partner ein Unternehmen gründet (und ja, in dem Fall wollte ich auch was von Streit und Konflikten hören!).
Hör auf zu spammen!
In meinem zweiten Leben berate ich Unternehmer darin, wie sie in die Medien kommen. Und wenn ich ihnen dann sage, dass sie die Pressemitteilungen erst mal sein lassen und stattdessen solche Geschichten anbieten sollen, wie die oben beschriebenen – dann gucken sie mich oft mit großen Augen an: „Warum sollte ich denn meine Probleme publik machen, ich will doch gut dastehen!“
Die Schlauen begreifen dann aber recht schnell, dass sie sich prima präsentieren können, wenn sie auch davon erzählen, wie sie ihre Probleme überwunden haben. Und was sie daraus gelernt haben. Und dass dies schlicht und einfach der Erfolg versprechendste Weg ist, seinen Namen und seine Nase in ein Magazin, eine Zeitung oder auf eine journalistische Seite im Netz zu bekommen.
Unternehmer, die es wirklich ernst meinen mit ihrer PR, die sollten sich darauf konzentrieren, ihre Geschichten an den Journalisten und Blogger zu bringen, nicht ihre Produkte. Echte Geschichten, bei denen jeder mitfühlt und für die die Leser sich wirklich interessieren.
Sprich jedes Medium gezielt an!
Nun sage ich natürlich nicht, dass man eine zu Herzen gehende Story wie warme Semmeln in sämtlichen Redaktionen anbieten sollte. Denn Geschichten zu finden ist nur der eine Schritt – der nächste sollte sein, das genau richtige Thema dem genau richtigen Medium anzubieten. Das heißt: Was Emotionales oder Frauen-Poweriges für Brigitte, einen Fokus auf Management-Fragen für das Handelsblatt, das Thema gedreht auf einen Heimatbezug für die Lokalzeitung vor Ort. Das bekommt man aber nur hin, wenn man sich diese Publikationen genau anschaut, und zwar eine ganze Weile. Erst dann wird man ein Gefühl dafür bekommen, welche „Story“ passen könnte.
Wer zum Beispiel den BASIC thinking-Blog eine Weile verfolgt, wird selbstverständlich feststellen, dass hier für berührende Erlebnisse kein Platz ist. Dass es aber jede Menge Produkttests gibt und die Produkte in ihren Details beschrieben werden. Schlussfolgerung: Wer sich an BASIC thinking wendet, sollte sein Produkt zur Verfügung stellen, damit sich die Redakteure selbst ein Bild machen können. Wenn es dann noch eine nette, menschelnde Hintergrundgeschichte dazu gibt, wie die Idee für das Produkt zustande gekommen ist – bitte, das wird sicher gerne genommen!
Denn genau darum geht es: Jedes Medium anders anzusprechen, jedem einen anderen Themenvorschlag zu unterbreiten. Einen, der passt wie die Faust aufs Auge.
Wer braucht da noch Pressemitteilungen?