Snapchat galt einst als großer Facebook-Herausforderer. Dann warf Mark Zuckerberg den Kopierer an und klonte alle erfolgreichen Formate. Doch wie ist es heute um den Messenger mit dem kleinen Geist im Logo bestellt? Lohnt sich die Plattform noch? Eine Analyse.
Snapchat ist 2011 als kostenloser Instant-Messenger für Bilder und Videos mit dem ambitionierten Ziel gestartet, anders zu sein, als die sozialen Netzwerke, die es bis dahin so gab.
Die große Neuerung: Gesendete Dateien löschten sich nach einmaligem Ansehen. Stories, die man mit Freunden teilt, verschwinden innerhalb von 24 Stunden von ganz alleine. Während das Internet nichts vergisst, tat es Snapchat plötzlich schon.
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Mit diesem Ansatz konnte sich die Plattform schnell eine stabile Nutzerbasis schaffen. Von Beginn an lag die Zielgruppe hauptsächlich bei jungen Nutzern der Generation Z – den ersten richtigen Digital und Social Natives. Von älteren Usern wurde die Anwendung häufig eher als verwirrend und wenig intuitiv empfunden.
Snapchat: Von der Kommunikations-Sensation zum Low-Performer
Das Netzwerk verstand sich selbst schon immer eher als Plattform, um mit Freunden in Kontakt zu sein, und weniger als Netzwerk, in dem man Follower sammelt.
Mit Erfolg: Bis 2015 stiegen die Nutzerzahlen deutlich. Ende des Jahres waren es erstmals 100 Millionen User. Doch schon 2016 flachte diese Entwicklung wieder ab. Im letzten Quartal wuchs Snapchats Nutzerbasis nur noch um knapp drei Prozent.
Naheliegender Grund: In der Zwischenzeit ging Facebook mit Instagram Stories an den Start und kopierte auch weiterhin gerne neu entwickelte Features der Plattform. Viele Benutzer blieben also auf ihren vertrauten Kanälen, anstatt für neue Funktionen zu Snapchat zu wechseln.
Auch der Börsengang zu Beginn des Jahres 2017 brachte nicht unbedingt das große Glück. Zwar konnte die App weiterhin steigende Nutzerzahlen verzeichnen. Diese reichten prozentual aber keineswegs an die Vergangenheit heran. Zudem notierte die Firma große finanzielle Verluste, die den Aktienkurs in den Keller krachen ließen.
Noch schlimmer? Geht immer!
Im Januar 2018 veröffentlichte The Daily Beast einen umfassenden Auszug interner Daten, die mutmaßlich von einem Mitarbeiter geleakt wurden. Diese zeigten Nutzungszahlen für viele Snapchat-Funktionen aus dem Jahr 2017, die Snap Inc. so vermutlich lieber nicht online gesehen hätte.
Darunter: Die Zahl der Benutzer, die Stories posten, zeigte kein Wachstum. Das war eine noch schlechtere Leistung als das ohnehin geringe gesamte Nutzer-Wachstum von Snapchat.
Ein umfassender Relaunch, die Trennung von privatem und öffentlichem Content und die Ansprache einer älteren Zielgruppe sollten die Lösung bringen. Das Gegenteil war der Fall.
Die Neugestaltung fand wenig Anklang, die Nutzerzahlen waren im Laufe des Jahres erstmals in der Unternehmensgeschichte rückläufig. Auch die erste Version der Spectacles-AR-Brille floppte. Snapchat konnte also zweieinhalb Jahre lang kaum eine positive Entwicklung für sich verbuchen.
… und wieder zurück!
Snapchat ist nicht unbedingt wie der Phoenix aus der Asche zurückgekehrt. Aber mit dem auslaufenden dritten Quartal 2019 scheint doch zumindest die Krise mittlerweile überstanden.
Zu Jahresbeginn stiegen die Werbeeinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent. Die Zahl der weltweit täglich aktiven Nutzer stieg auf 190 Millionen an und im zweiten Quartal knackte Snapchat erstmals die 200-Millionen-Marke.
Snapchat rüstet seine Truppen
Aktuell arbeitet der Messenger verstärkt daran, die positiven Entwicklungen weiter voranzutreiben.
Neu veröffentlichte Features wie die mobile Videospiele-Plattform, Serien-Eigenproduktionen und die im Sommer gelaunchte Spectacles 3 sind nur einige Beispiele, wie Nutzer auf der Plattform gehalten und deren Engagement gesteigert werden soll.
Im September führte Snapchat die 3D-Lens ein. Diese verleiht den Bildern mehr Realitätsnähe. Ein cooles Tool für User und ein spannendes Feature für Marken und Influencer, um damit Produkte besonders anschaulich zu präsentieren.
Ebenfalls in den letzten Septembertagen kündigte Snapchat eine Reihe von Updates für Video-Werbungtreibende an. Die nicht-überspringbaren Werbespots von Snap mit einer Laufzeit von sechs Sekunden erhalten eine interaktive Swipe-Up-Funktion. Die Laufzeit aller Snap-Anzeigen wird auf drei Minuten verlängert.
Die Hoffnung dahinter: Längere Inhalte erzielen mehr Engagement. Und das Publikum, das sich derzeit längere Videos auf der Plattform ansieht, wächst. Snap berichtet, dass die Zahl der Zuschauer, die sich im Discover-Bereich täglich ausgewählte journalistische Inhalte und redaktionell erstellte Videos anschauen, im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent gestiegen ist.
Ein bisschen Muskeln spielen lassen in Richtung der Konkurrenz war in den letzten Monaten durchaus auch dabei. Im Sommer veröffentlichte Snap seine erste globale Werbekampagne, die sich auf den Kern der App fokussierte: die Pflege echter Freundschaften.
Unterschwellig richtete sich das vor allem gegen Instagram und spielte auf dessen Löschung zahlreicher Fake-Accounts an.
HR, NGO, Medien oder Fast Food – wer die Generation Z erreichen will, kommt an Snapchat nicht vorbei
Zeitgleich mit der Veröffentlichung vieler neuer Features beschränkt man sich in der Zielgruppe wieder auf ein jüngeres Publikum. Eigenen Aussagen zufolge nutzen 75 Prozent der 13- bis 34-Jährigen in den USA die App.
Dass gut gemachte Snapchat-Kampagnen Erfolg versprechen, zeigt eine Aktion des Pizzalieferanten Papa John’s. Das Unternehmen veröffentlichte auf der Plattform eine Augmented-Reality-Linse. Mehr als 25 Prozent der Snapchatter, die die AR-Linse nutzten, bestellten anschließend per Swipe-up-Funktion eine Pizza.
Auch im deutschsprachigen Raum wird verstärkt auf die App gesetzt. Die Nichtregierungsorganisation Viva con Agua nutzte Snapchat-Filter im Sommer für eine erfolgreiche Awareness-Kampagne. Die Techniker Krankenkasse und Thyssen Krupp sprechen über die Plattform seit Jahren potenzielle Auszubildende an.
Längst nicht jedes Unternehmen kann es sich aber leisten, gesponserte AR-Linsen anzubieten. Sie sind das teuerste Werbeformat auf der Plattform. Bei Snap ist man jedoch überzeugt, dass der größte Treiber für den Umsatz kurz- bis mittelfristig eine erhöhte Zahl an aktiven Werbungtreibenden ist.
Unternehmen haben bereits seit 2017 die Möglichkeit, im Ad Manager ohne Unterstützung von Snap Werbeformate für die Plattform zu erstellen und zu verwalten. Darunter: einfache Snap Ads, Filter und Geofilter. Und im Sommer 2019 fiel die Einstiegshürde für Werbung auf Snapchat nochmals deutlich.
Instant Create ist für alle Werbungtreibenden im Self-Service-Ad-Manager verfügbar. Das Tool vereinfacht die Erstellung von Snapchat-charakteristischen Werbeinhalten und soll so auch Unternehmen ins Netzwerk holen, denen die Zeit oder die Ressourcen fehlen, um aufwendigere Anzeigen zu produzieren.
Instagram, YouTube und Snapchat sind die Top 3 Plattformen
Viele Marken und Unternehmen haben also bereits erkannt, dass es für eine junge Zielgruppe nicht mehr reicht, nur bei Facebook präsent zu sein. Ein Instagram-Account ist sowieso ein Muss, denn um die Social Natives zu erreichen, muss man sie auf ihren bevorzugten Plattformen ansprechen!
Dazu gehört eben auch Snapchat. Wer sich mit den Funktionen der App auseinandersetzt und vor allem authentisch kommuniziert, zahlt hier viel auf die eigene Marke ein.
Fazit zu Snapchat
Sang und klanglos untergehen wird Snapchat also aller Voraussicht nach nicht. Vielmehr sollten Werbungtreibende – sofern sie es nicht schon längst tun – die Plattform eingehend für ihre Ziele prüfen.
Die junge Zielgruppe der Generation Z gewinnt zunehmend an Kaufkraft. Außerdem ist sie – das zeigen diverse Studien und Befragungen – Werbung in Form von Bewegtbild und interaktivem Content besonders zugeneigt. Hier zeigt sich das größte Engagement.
Daraus resultierend lassen sich die am stärksten wachsende Markenbekanntheit und höchste Conversion ablesen. Und genau darauf sollte es ja am Ende hinauslaufen.
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