Technologie

Boris berät: Rechtliches zum digitalen Tod

geschrieben von Boris Burow

In der wöchentlichen Kolumne Boris berät beantwortet euch Rechtsanwalt Boris Burow eure Fragen zum Thema Internet-, IT- und Social-Media-Recht. Dabei handelt es sich nicht um juristische Abhandlungen, sondern um eine verständliche Erklärungen der Rechtslage. Diesmal: Der digitale Tod. // von Boris Burow

Spam-KrokodilKollege Michael Müller hat sich letzte Woche mit dem Thema „Social Media und der Tod: wie das Leben in sozialen Netzwerken endet – oder auch nicht“ beschäftigt. Er hat dabei praktische Tipps gegeben, wie einzelne Profile in sozialen oder beruflichen Online-Netzwerken gelöscht werden können. Ich nehme den Artikel zum Anlass, Euch noch über das Thema in rechtlicher Hinsicht aufzuklären. Den Fokus lege ich hierbei speziell auf das Thema Internet, Urheberrecht, Urheberpersönlichkeitsrecht und Datenschutz.

Das Erbrecht in Deutschland

Das Erbrecht ist in Deutschland relativ ausführlich im BGB geregelt worden. Allerdings hat der Gesetzgeber keine speziellen Regelungen für erbrechtliche Fragestellungen im Bereich Internet, soziale Netzwerke oder Webforen geschaffen. Hier müssen wir uns mit den allgemeinen erbrechtlichen Regelungen behelfen und diese analog auf das Internet mit all seinen Facetten anwenden.


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Zunächst gilt, dass in Deutschland der oder die Erben Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen werden. Gesamtrechtsnachfolge bedeutet, dass der Erbe komplett in die „Fußstapfen“, d.h. in die Rechtsposition des Verstorbenen eintritt und zwar mit allen Vor- und Nachteilen. Man kann also nicht wählen, dass man einen Teil der Erbschaft annimmt und einen Teil nicht. Wenn man die Erbschaft nicht ausschlägt, wird man Erbe.

Es gibt von der Gesamtrechtsnachfolge nur wenige Ausnahmen. Wer Erbe wird, ist hierdurch nicht plötzlich mit dem Ehepartner des Verstorbenen verheiratet. Auch übernimmt man nicht den Arbeitsplatz bzw. erhält in der Regel nicht die gesetzlichen Rentenansprüche des Verstorbenen. Ansonsten wird man aber Kraft der Erbenstellung neuer Vertragspartner für alle Verträge, die der Erblasser abgeschlossen hat und haftet für alle Verbindlichkeiten, wie z.B. Schulden bei einer Bank.

Ein Erbe kommt selten allein

Es kommt häufig vor, dass eine Person verstirbt und mehrere Personen Erbe werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Verstorbene verheiratet war und Kinder hat. Es kommt dann darauf an, zu welchen prozentualen Anteilen die jeweiligen Personen Erben werden. Ehepartner und Kinder werden gemeinsam Erben des Verstorbenen. Es ist zwar möglich, eine Person zu enterben bzw. auch weitere Dritte als Erbe mit einzusetzen. In der Regel gibt es aber immer einen oder mehrere Erben. Bei mehreren Erben spricht man von einer Erbengemeinschaft, die gemeinschaftlich in die Rechtsstellung des Verstorbenen eintreten.

Wer erbt, der zahlt auch

Heutzutage ist es sicherlich nicht unüblich, eine Webseite zu betreiben oder einen eigenen Blog nebst passender Domain. Die Erben werden mit dem Tod neuer Vertragspartner und können frei über den Blog, die Webseite und die Domains verfügen. Allerdings sind sie auch zur Begleichung sämtlicher Kosten, die aus dem Vertrag entstanden sind, weiterhin verpflichtet. Sollte der Erblasser im Rückstand mit Zahlungen sein, so schulden die Erben auch die Begleichung dieses Rückstands.

In der Regel rät man einem Erben genau zu prüfen, ob er eine Erbschaft annimmt, da es keinen Sinn macht, eine überschuldete Erbschaft anzunehmen. Heutzutage kann es aber neben Grundstücken, Bankkonten und anderen materiellen Vermögenswerten auch interessant sein, zu prüfen ob der Erblasser  wertvolle Domains, Blogs oder Webseiten besitzt, die ebenfalls einen erheblichen Wert darstellen können. Wer einen im Internet bekannten Techblog betreibt, hat hier ggf. einen Vermögenswert geschaffen, der sich einem Erben vielleicht gar nicht auf den ersten Blick erschließt. Interessant kann es auch sein, zu prüfen, ob der Erblasser vielleicht frühzeitig in Bitcoins investiert hat.

Die Erben treten aber nicht nur in die entgeltpflichtigen Verträge des Verstorbenen ein, sondern auch in die Verträge bei denen keine Zahlungspflicht besteht. Hier sind insbesondere soziale Netzwerke zu nennen. Registrierungen bei Facebook, Google+ oder in beruflichen Netzwerken bzw. generell Accounts (z.B. WhatsApp) können durchaus kostenfrei sein. Allerdings handelt es sich hier auch um rechtsverbindliche Verträge, die zwischen dem Nutzer und dem jeweiligen Betreiber abgeschlossen werden. Die Erben treten auch hier die Rechtsnachfolge an, haben also Anspruch darauf, dass sie Zugang zu den einzelnen Profilen bzw. Accounts erhalten.

Löschung von Profilen im Internet

Allerdings kann der jeweilige Betreiber der sozialen Netzwerke bzw. Webseiten bereits in seinen Bedingungen Regelungen für das Ableben eines Nutzers treffen, so dass solche individuellen Vereinbarungen zunächst Vorrang haben. Wenn wirksam vereinbart worden ist, dass beim Ableben des Nutzers das gesamte Profil gelöscht wird, so ist dies vorrangig vor einem Erben, der verlangt, dass das Profil aktiv bleibt.

Hier haben auch Nutzer die Möglichkeit, individuelle Vereinbarungen mit Plattformbetreibern zu treffen. Natürlich ist dies nicht einseitig möglich – der Plattformbetreiber muss hier mitspielen. Außerdem kann jede Person in einem Testament verfügen, was mit Accounts in sozialen Netzwerken, Nutzerprofilen, etc. nach seinem Ableben zu passieren hat. Auch solche Regelungen gehen dem Willen des Erben grundsätzlich vor.

Das Urheberrecht nach dem Tod

Man könnte annehmen, dass der Verstorbene mit dem Zeitpunkt seines Todes rechtlos geworden ist. Dem ist aber nicht so. Wer Zeit seines Lebens rechtlich geschützte Texte, Fotos, Videos und weitere Werke erschaffen hat, kann zwar mit seinem Ableben nicht mehr aktiv gegen Rechtsverletzungen vorgehen. Aber das sogenannte Urheberpersönlichkeitsrecht kann auch über den Tod hinaus wirken.

So gibt es im Urheberrecht einige Rechte, die nur der Urheber selbst wahrnehmen kann und andere Rechte, die man auch auf Dritte übertragen kann bzw. die auch vererbbar sind. Erben können daher Fotos, Texte etc. die vom Verstorbenen stammen, an Dritte veräußern. Die Erben können auch gegen Bildveröffentlichungen des Verstorbenen vorgehen, da das postmortale Persönlichkeitsrecht noch 10 Jahre über den Tod hinausreicht, teilweise sogar darüber hinaus. Daher ist es nicht ohne Weiteres zulässig, Abbildungen eines Verstorbenen im Internet zu veröffentlichen.

Der Datenschutz nach dem Tod

Auch im Bereich des Datenschutzes ist der Verstorbene nicht automatisch rechtlos. Es gibt zwar hierzu keine expliziten Regelungen, aber der Gesetzgeber hat das deutsche Datenschutzrecht so gestaltet, dass die Grundidee ist, den Einzelnen und seine personenbezogenen Daten stark zu schützen. Die Nutzung von personenbezogenen Daten des Verstorbenen nach seinem Tod unterliegt daher auch gewissen Schranken.

Es ist gerade nicht so, dass jeder mit den Daten verfahren kann, wie er möchte. Im Einzelfall hat eine Abwägung stattzufinden. Zwar ist die Person verstorben und der Anspruch auf Datenschutz wiegt damit nicht mehr ganz so schwer. Allerdings ist dies kein Freifahrtschein. In der Regel sollte ein Plattformbetreiber prüfen, ob er die personenbezogenen Daten des Verstorbenen noch benötigt, anderenfalls sollte er sie sperren und/oder löschen. Auch hier können im Zweifel die Erben die Ansprüche im Namen des Verstorbenen geltend machen.

Zu Lebzeiten Regelungen treffen

Aus rechtlicher Sicht kann man jedem empfehlen, sich frühzeitig Gedanken darüber zu machen, was mit dem digitalen Nachlass geschehen soll. Eventuell gibt es Beiträge, persönliche Nachrichten, Bilder und Texte, die nur für bestimmte Personen bestimmt waren. In diesem Fall empfiehlt sich, per Testament zu regeln, was mit solchen intimen Medien passieren soll. Hier kann es hilfreich sein, Zeit seines Lebens mit einem Dritten zu verabreden, dass dieser nach dem Tod eine Liste mit Login-Daten enthält und dann sämtliche Accounts und Inhalte löscht.

Hierauf muss man sich natürlich verlassen können. Eine andere Alternative ist, persönliche Daten zu verschlüsseln und das Kennwort niemandem mitzuteilen. Generell empfehle ich aber eine Liste anzufertigen, die die einzelnen Accounts und Zugänge im Internet auflistet. Wenn man die Passwörter hinzufügt, können die Erben ohne größeren Aufwand entsprechend die Accounts und Zugänge übernehmen. Möchte man dies nicht, sollte man trotzdem eine Liste fertigen und verfügen, dass die Accounts von den Erben gelöscht werden sollen. Da die Erben aber universell die Rechtsnachfolge antreten, haben diese zunächst Zugriff sowohl auf Offline- wie auch auf Onlinedaten. Hier sollte man überlegen, ob man nicht auch regelmäßig nicht benötigte Dokumente sowohl offline als auch online vernichtet bzw. löscht.

Weitere Fragen könnt Ihr gerne in den Kommentaren stellen. Ebenso freue ich mich über weitere Vorschläge für die nächste Kolumne.

⇒ Hier gibt es alle Teile von Boris berät.
⇒ Hier finden sich Tipps und Hinweise, welche Einstellungen man treffen kann.

⇒ Diese Serie wird präsentiert vom Spam-Krokodil.

Über den Autor

Boris Burow

Boris ist Rechtsanwalt aus Karlsruhe und hat seine Begeisterung für IT, Medien und Internet zum Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht.