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Neuer Umweltbericht entlarvt Amazons Plastik-Märchen

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Amazon
geschrieben von Marinela Potor

Hat Amazon ein Problem mit Plastik? Ja, sagt ein aktueller Bericht der Umweltorganisation Oceana, der einige fragwürdige Praktiken des Konzerns aufzeigt. Amazon widerspricht den Erhebungen.

272 Millionen Kilogramm Plastikmüll seien im Jahr 2020 allein durch Amazons Verpackungen angefallen. Und 10,7 Millionen davon landeten in Gewässern. Das behauptet jedenfalls die Umweltorganisation Oceana in ihrem aktuellen Bericht zu Amazons Plastikproblematik.

Doch das ist nur ein Teil der Kritik am E-Commerce-Riesen. Darüber hinaus täusche Amazon Kund:innen mit fragwürdigen Recycling-Programmen.


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Amazon-Plastik und die wachsenden Müllberge

Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem Oceana einen Bericht zu Amazons Plastikproblematik veröffentlicht. Im Vergleich zu 2019 habe 2020 bei Amazon 29 Prozent mehr Plastikmüll gegeben, heißt es im Bericht. Das sei durch den angestiegenen E-Commerce im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu begründen.

So seien laut einem Industriebericht 2020 weltweit rund 1,3 Millionen Tonnen Plastikmüll durch E-Commerce angefallen. Anhand der Marktanteile von Amazon am E-Commerce hat Oceana daraus errechnet, dass Amazon 2020 272.000 Tonnen Plastikmüll erzeugt haben muss.

Amazon: Plastikverbrauch maßlos überschätzt

Amazon dagegen widerspricht diesen Zahlen vehement. So sagte ein Amazon-Sprecher gegenüber BASIC thinking:

Amazon teilt Oceanas Ambitionen, die Ozeane dieser Welt zu schützen und respektiert ihre Arbeit. Doch ihre Berechnungen weisen in einem zweiten Jahr ernsthafte Mängel auf. Sie haben unseren Plastikverbrauch um mehr als 300 Prozent überschätzt.

Die Berechnungsmethode von Oceana sei fehlerhaft, kritisiert Amazon. Oceana wiederum behauptet, man habe seine Methoden mit Verpackungsspezialist:innen diskutiert, die die Berechnung für realistisch hielten.

Veraltete Daten?

Gleichzeitig arbeite Oceana mit veralteten Zahlen, wenn es darum gehe, aus welchen Quellen Plastikmüll in Gewässern lande, kritisiert Amazon. Tatsächlich bezieht die Umweltorganisation sich mit ihren Schätzungen auf eine Studie aus dem Jahr 2020.

In dieser Studie gingen Wissenschaftler:innen davon aus, dass im Jahr 2016 zwischen 19 und 23 Millionen Tonnen Plastikmüll in Gewässern weltweit landete. Oceana zog die Zahlen aus dieser Studie heran, um dann wiederum mithilfe von Schätzungen zu Plastikmüll aus E-Commerce hochzurechnen, wie hoch der Anteil von Amazon-Plastikmüll in Gewässern sei.

Laut Amazon ist auch diese Berechnung fehlerhaft. Zudem gebe es aktuellere Erhebungen, die ein anderes Bild von Plastikmüll in Gewässern zeichneten. Der Konzern verweist dabei auf eine Studie vom Juni 2021, die sich mit den Wegen von Plastikmüll in Gewässern befasst. Dabei ermittelten die Wissenschaftler:innen auch die Art von Makro-Plastikmüll im Wasser.

So fanden sie vor allem (bis zu 88 Prozent) Essensverpackungen wie etwa To-Go-Verpackungen, Plastiktüten oder Plastikbesteck in Küstennähe. Im offenen Meer dominierte vor allem Plastikmüll aus dem Fischereibetrieb (66 Prozent). Die Studie erwähnt keinerlei E-Commerce-Verpackungen. Es sei also nicht korrekt anzunehmen, dass ausgerechnet Amazon-Verpackungen einen derart hohen Plastikmüllanteil in Gewässern ausmachten, kritisiert der Konzern.

Amazon und Plastik: Es fehlen offizielle Zahlen

Gleichzeitig ist unklar, welchen Anteil Amazon-Verpackungen an nicht mehr identifizierbarem Mikroplastik ausmachen. Dennoch hat Amazon insofern Recht, als dass Oceanas Zahlen lediglich auf Schätzungen und nicht auf eigentlichen Erhebungen basieren.

Das liegt unter anderem daran, dass Amazon bislang keine öffentlichen Zahlen zum Thema veröffentlicht hat. Oceanas Bitten um genauere Daten hat der Konzern bislang ignoriert. Auch BASIC thinking hat den Konzern um offizielle Zahlen rund um den Plastikverbrauch des Unternehmens gebeten, doch keine genaueren Angaben erhalten.

Es bleibt abzuwarten, ob Anteilseigner:innen von Amazon mehr Erfolg haben. Eine Gruppe von Aktionär:innen hatte im Sommer 2021 von Amazon gefordert, Zahlen zum Anfall von Plastikmüll öffentlich darzulegen. Bislang ist Amazon dieser Forderung allerdings noch nicht nachgekommen.

Amazon, Plastikfolie und die Recycling-Masche

Doch neben den angefallenen Mengen an Plastikmüll aus Amazon-Verpackungen zeigt Oceanas Report noch ein weiteres Umweltproblem auf: die Art von Plastik, die Amazon verwendet.

Amazon-Plastik landet in Deponien

Die Plastikverpackungen des Konzerns bestehen nämlich aus einer Kunststofffolie – im Englischen Plastic Film genannt. Diese Folie besteht aus verschiedenen Kunststoffen und hat aus Umweltsicht einen entscheidenden Makel: Sie ist sehr schwer zu recyceln.

In den USA beispielsweise akzeptiert die große Mehrheit der Abfallbetriebe diese Kunststofffolie nicht in ihren Recycling-Programmen. Theoretisch ließe sich das Material recyceln.

Doch der Prozess ist umständlich und erfordert einen individuellen Kreislauf, der getrennt von anderen Recycling-Prozessen ablaufen muss und auch nicht flächendeckend angeboten wird. Nur: Das alles wissen Kund:innen häufig nicht.

Nach Umfragen von Oceana unter 1.400 Amazon-Prime-Usern glauben 39 Prozent der Befragten, dass die Amazon-Verpackungen wiederverwertbar seien und werfen sie entsprechend in den Recycling-Müll. Da Abfallbetriebe diese aber nicht wiederverwerten können, landen sie letztendlich in Mülldeponien, wo sie vor sich hin rotten.

Amazon hat zwar den Anteil an recycelten Materialien in seinen Kunstfolien-Verpackungen von 25 Prozent auf 50 Prozent gesteigert. Doch nach dem Versand landen auch diese Verpackungen in den Deponien und nicht im Recycling, eine Tatsache, die der Konzern teilweise verschleiert.

Amazon Second Chance: Nur Greenwashing?

Denn Amazon wirbt auf seiner Website mit dem Recycling-Programm „Amazon Second Chance“. An ausgewählten Standorten könnten Kund:innen demnach ihre Amazon-Verpackungen zum Recycling bringen.

Das wäre insbesondere angesichts der Recycling-Schwierigkeiten mit der Kunststofffolie sehr hilfreich. Doch auch hier zeigten Tests von Oceana, dass das so nicht stimmt.

Oceana schickte verdeckte Shopper mit Folien-Verpackungen in die entsprechenden Recycling-Läden. Doch in 41 Prozent der besuchten Läden wussten die Betriebe gar nichts vom Recycling-Programm. In anderen Fällen konnten lediglich Plastiktüten fürs Recycling akzeptiert werden, nicht aber Folien-Verpackungen.

So stellt Amazon sich über sein Second-Chance-Programm als nachhaltiges Unternehmen dar, das Recycling vorantreibt. Die Realität scheint aber anders auszusehen.

Amazon bemüht sich

Dennoch hat Amazon in den vergangenen Jahren mehrere Anstrengungen unternommen, um nachhaltiger zu werden. „Amazon hat sich dem Schutz des Planeten verschrieben und will bis 2040 eine Netto-Null-Bilanz bei CO2 erreichen“, sagte das Unternehmen gegenüber BASIC thinking.

In Nordamerika arbeite der Konzern derzeit daran, die Anzahl der voll wiederverwertbaren gepolsterten Verpackungen zu verdoppeln und die Anzahl an recycelten Materialien in den Verpackungen zu erhöhen. Dies würde über 25.000 Tonnen neues Plastik pro Jahr eliminieren, sagt das Unternehmen.

In Australien und Japan wurden Einweg-Verpackungsmaterialien wie etwa die Luftpolster, mit wiederverwertbaren Materialien ersetzt. Auch habe man die Größe der Pakete reduziert, um so weniger Verpackungsmüll zu produzieren.

In Deutschland wiederum hat Amazon bis zum Ende des Jahres das Ende von (fast allen) Einwegplastik-Verpackungen angekündigt.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.