Social Media Wirtschaft

Instant Articles und Apple News: Warum müssen Tech-Konzerne Komfort im Journalismus schaffen?

geschrieben von Tobias Gillen

In einem Beitrag über Journalismus von Facebook, Apple, Snapchat und Co., den guten Freunden aus dem Silicon Valley,  wurde in der darauffolgendenden Diskusion in den Kommentaren immer wieder die Bequemlichkeit genannt, die der Grund sei, warum wir Nachrichten lieber per Facebook Instant Articles und Apple News konsumieren würden. Die Frage ist aber: Warum müssen die Tech-Konzerne diese Bequemlichkeit schaffen?

In dem angesprochenen Beitrag habe ich den Deal angezweifelt, der zwischen Verlagen und Tech-Konzernen entsteht, wenn Nachrichten künftig über Facebook oder Apple-Geräte ausgespielt werden. Hauptgrund für meine Zweifel sind die Manipulierbarkeit des Konsums durch die Gefahr der Algorithmen und die Tatsache, dass sich die Verlage durch den Aufbau des Journalismus bei Tech-Konzernen ihr eigenes Grab schaufeln (Stichwort: Vermarktung, Stichwort: Nutzerdaten, …).

In gleich mehreren Kommentaren hieß es darauf hin, dass eben die Tech-Konzerne es seien, die „Convenience“ schaffen würden. Der Nutzer fühlt sich dort wohl, es ist einfach, Artikel dort zu lesen und selbst mit Werbung zwischendrin sehen sie noch grandios aus. Machen wir uns nichts vor: Facebooks Instant Articles, die Snapchat-Storys und Apple News sind optisch schon ziemlich cool.


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Der lange Weg zum Probeabo

Doch das ändert nichts an der Ausgangsfrage: Warum müssen diese Unternehmen diese Bequemlichkeit und Nutzerfreundlichkeit schaffen? Warum schaffen es große Verlagshäuser wie Gruner+Jahr, der SPIEGEL-Verlag oder DuMont nicht, ihre Inhalte so aufzubereiten, dass man sie gerne konsumiert und dafür auch noch ein paar Euro liegen lässt? Klar: Die Kernkompetenzen der Verlage liegen traditionell woanders, zum Beispiel darin, eine Zeitung zu machen. Und deswegen kaufen auch alle Verlage aktuell wie wild Social-Media-Experten, Suchmaschinenoptimierer oder Digital-Strategen ein.

Aber ist es nicht an der Zeit, endlich wirklich etwas zu ändern? Ein aktuelles Beispiel: Ich persönlich lese gerne den Tagesspiegel. Um herauszubekommen, ob sich für mich ein Abo lohnt, habe ich mich zu einem Test-Abo der E-Paper-Variante entschieden. Dafür muss ich zunächst ein langes Formular ausfüllen. Habe ich das getan, bekomme ich ein Wochenende später (!) eine Bestätigungs-E-Mail, dass das Abo dann ab dem nächsten Tag (!) für mich zugänglich ist und ich dann erst ans E-Paper komme.

Wer soll das Problem lösen?

Sieht so Komfort aus? Leserfreundlichkeit? Bei dem Aufwand, überwiegend einfach zeitlicher Natur, braucht sich niemand wundern, dass die Leser schon wieder weg sind, bevor sie das Formular bis zum Ende ausgefüllt haben. Ansätze wie LaterPay sind da schon vielversprechender, haben aber das Flattr-Problem: Die Idee ist toll, aber eben nicht etabliert.

Und so steckt die Branche eben in einer Klemme zwischen unkomfortablen Abonnements, die zwar Sicherheit bieten aber dafür eine recht hohe Einstiegshürde für den Leser bedeuten und Micro-Later-Payment-Ansätzen, die zwar komfortabel sind, aber wenig etabliert und entsprechend ein hohes Risiko mitbringen. Die Frage – und gleichzeitig die Antwort – ist: Wer außer den Verlagen soll dieses Problem lösen?

Zuerst an den Leser denken

Wenn jemand (noch) die Möglichkeiten hat, finanziell und personell neue Ansätze zu entwickeln, die funktionieren und dieser Klemme entfliehen, dann sind das eben die Springers, Spiegels und Gruners. Es gibt da durchaus schon ganz angenehme Ausnahmen. Zum Beispiel die SPIEGEL-App, dort lässt sich das Heft gut lesen und herunterladen. Aber – korrigiert mich gerne – so richtig der Kracher ist noch nicht dabei gewesen.

Im Umkehrschluss bedeutet das dann: Einfaches Spiel für Apple und Co. Was die nämlich machen, ist von Grund auf anders. Hier wird geschaut, wie man dem Nutzer das Erlebnis Nachrichten (oder: Soziales Netzwerk, Smartphone, mobiles Surfen, …) am einfachsten und intuitivsten beibringen kann. Das funktioniert nicht, wenn man zuerst an die Buchhaltung denkt. Das funktioniert nur, wenn man zuerst an die Nutzer denkt.

Facebook und Co. dürfen nicht die Überhand gewinnen

Das bedeutet nicht, dass ich viel von Apple News oder Facebook Instant Articles halten würde. Im Gegenteil. Aber die Tech-Konzerne aus dem Silicon Valley machen hier etwas vor, was die Verlage längst vergessen haben: Es geht um den Kunden. Und die Lösung kann nicht sein, jetzt anderen Unternehmen hinterher zu rennen – wenn man es eigentlich hinbekomen sollte, dann aber doch nicht schafft.

Auch hier nochmal der klare Hinweis: Ich finde es gut, das auszuprobieren. Werde ich mit BASIC thinking auch tun, genauso wie wir bei News Republic zu finden sind oder bei Flipboard. Nachrichten dort zugänglich machen, wo die Leser sind – völlig ok. Aber Facebook und Co. dürfen niemals die Überhand über dieses Geschäft bekommen und sollten schon gar nicht als Vorreiter gelten. Das sollten die Medienhäuser dann doch selbst übernehmen und einen gesunden Mix finden.

Und vor allem: Wieder an die Leser denken und selbst die viel angesprochene „Convenience“ schaffen.

Mehr zu dem Thema:  und  und Raus aus dem Hamsterrad: Warum wir nicht mehr über Apple-Events berichten

Über den Autor

Tobias Gillen

Tobias Gillen ist Geschäftsführer der BASIC thinking GmbH und damit verantwortlich für BASIC thinking und BASIC thinking International. Seit 2017 leitet er zudem die Medienmarke FINANZENTDECKER.de. Erreichen kann man ihn immer per Social Media.

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