Der Programmierer Louis Barclay hat ein Online-Tool entwickelt, um seine Facebook-Sucht zu bekämpfen. Mit der Browser-Erweiterung „Unfollow Everything“ können User ihren News Feed auf der Plattform säubern. Facebook hat den Entwickler daraufhin abgemahnt und lebenslang gesperrt.
Im Juli 2021 bekommt der Entwickler Louis Barclay unerwartet Post. Zu diesem Zeitpunkt ist seine Browser-Erweiterung „Unfollow Everything“ bereits seit über einem Jahr online. Über eine Anwaltskanzlei erteilt ihm Facebook eine Abmahnung. Sein Browser-Tool verstoße gegen die Markenrechte und Nutzungsbedingungen des Unternehmens.
Der Zuckerberg-Konzern hat den Facebook- und Instagram Account von Barclay zudem dauerhaft gesperrt. Aus Angst vor einem Rechtsstreit gegen das milliardenschwere Unternehmen gab der Entwickler klein bei und ging zunächst nicht an die Öffentlichkeit.
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Er entfernte seine Browser-Erweiterung aus dem Google Chrome-Store und legte alle Daten offen. Doch nun, rund drei Monate später, hat Louis Barclay sein Schweigen gebrochen. In einem Artikel, der in dem Online-Magazin Slate erschienen ist, erzählt er seine Geschichte.
Five hours after I tweeted this, I received a cease-and-desist letter from Facebook's lawyers
They told me I'd been banned from Facebook for life because I make Unfollow Everything, an extension to help people use Facebook less
Here's the full story:https://t.co/Xkw3GBVUkX
— Louis Barclay (@louisbarclay) October 7, 2021
Doomscrolling: Das endlose Scrollen durch den News Feed
Früher, so schreibt Louis Barclay, habe er oftmals mehrere Stunden am Tag damit verbracht, um durch den News Feed von Facebook zu scrollen. Das Ganze ging sogar so weit, dass er sich selbst als Facebook-süchtig bezeichnet hat.
Wissenschaftlich gesehen handelt es sich dabei um ein relativ neues Phänomen, das auch unter dem Namen Doomscrolling bekannt ist. Doch irgendwann wurde es dem Briten zu viel. Er entschied, dass er Facebook zwar nutzen möchte, dafür aber keinen auf Algorithmen basierenden News Feed braucht.
Um seiner Sucht zu entkommen, beschloss er kurzerhand allen seinen Kontakten, Gruppen und Seiten zu entfolgen. Das Ergebnis: Ein nahezu leerer News Feed. Mit seinen Freund:innen konnte der Entwickler trotzdem in Verbindung bleiben.
Denn Facebook selbst stellt die Funktion bereit, mit der User Inhalte und Kontakte im News Feed dauerhaft ausblenden können, ohne die Verbindung beziehungsweise digitalen „Freundschaft“ endgültig zu beenden.
„Unfollow Everything“: Browser-Erweiterung gegen die Facebook-Sucht
Louis Barclay hat laut eigenen Angaben Stunden damit verbracht, um seinen News Feed auf diese Art zu säubern. Dann habe er realisiert, dass womöglich auch andere User ein Problem mit Doomscrolling haben könnten. Daraufhin hat er „Unfollow Everything“ entwickelt.
Mithilfe der Browser-Erweiterung konnten User bis zuletzt automatisiert ihren News Feed bereinigen. Bis zur Abmahnung durch Facebook stand das Tool rund ein Jahr lang zum kostenlosen Download im Google Chrome-Store zur Verfügung. Ein riesiger Erfolg wurde „Unfollow Everything“ zwar nicht. Allerdings konnte Barclay rund 13.000 Downloads verzeichnen.
„Dank dir bin ich jetzt nicht mehr Facebook-süchtig“. So oder so ähnlich hieß es in etlichen User-Kommentaren. Der Entwickler habe zudem E-Mails erhalten, in denen sich Menschen bei ihm bedanken, da die Browser-Erweiterung ihr Leben verändert habe.
Handelt Facebook verbraucherfeindlich?
Ohne rechtlichen Beistand hätte sich Louis Barclay womöglich nie an die Öffentlichkeit gewandt. Doch aufgrund der Unterstützung einiger britischer Anwälte sowie dem Knight First Amendment Institute der Columbia University brach der Entwickler letztlich sein Schweigen.
Das Verhalten von Facebook sei laut Barclay schlichtweg verbraucherfeindlich. Der Plattform sei alles daran gelegen, Nutzer:innen an sich zu binden, diese aber gleichzeitig größtmöglich einzuschränken. Facebook-User könnten demnach kaum noch entscheiden, wie sie das Netzwerk nutzen möchten.
Paradox ist letztlich auch, dass Facebook gegen ein Tool vorgeht, das eine Funktion automatisiert, die das Unternehmen selbst anbietet. Facebook hingegen ließ derweil verlauten, dass nicht das Entfolgen an sich ein Problem darstelle. „Unfollow Everything“ habe automatisiert auf die Konten anderer User zugegriffen und diese verändert. Ob und wie belastbar diese Aussagen sind, ist jedoch bislang unklar.
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