2014 ist da. Endlich! War es in den vergangenen Monaten in der Technikwelt meinem Empfinden nach totenstill sehr ruhig geworden, lässt die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas auf spannende, neue Tech-Gadgets hoffen. Den Grundstein dieser Hoffnung legte heute LG. Die Südkoreaner stellten ab 17 Uhr deutscher Zeit zahlreiche Neuerungen in „Sin City“ vor.
Gezeigt wurden neue Highend-Fernsehgeräte, das (gar nicht mehr so nagelneue) gebogene Smartphone G Flex, ein Fitnessband und viele andere Neuerungen. Bei der neuen TV-Produktlinie wurde das „für immer verspätete“ WebOS ins vermarktungstechnische Zentrum gerückt, fand sich als Branding an nahezu jeder Ecke. Geht das zwar stets durchdachte, aber ebenso glücklose, erst von Palm, dann von HP verstoßene mobile Betriebssystem unter der Leitung von LG somit doch nochmal auf Erfolgskurs? Ein Blick auf die Neuerungen von LG.
Koreanisches Wettrüsten. Verschieden interpretiert.
Während in Nordkorea hauptsächlich militärisch aufgerüstet wird, gehen es die südkoreanischen Nachbarn eher friedfertig an und heben ihre Elektronik-Expertise unaufhaltsam in neue Sphären. In Südkorea gibt es genau zwei weltweit aktive und breitflächig anerkannte Technologie-Großkonzerne: Da ist Samsung, der omnipräsente Gigant, der in nahezu jeder Techniksparte eigene Produkte in verschiedensten Preisklassen an den Start bringt – und da ist LG, der zwar kleinere, aber nicht zu unterschätzende Zweite.
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Wie auch bei Samsung ist das Portfolio von LG sehr breit aufgestellt. Ob Monitore, Smartphones, Fernseher oder White Goods wie Waschmaschinen oder Kühlschränke: LG hat alles. Auf der CES in Las Vegas stellten die Südkoreaner die Neuen im eigenen Portfolio vor und wussten an einigen Ecken zu überraschen.
LG HomeChat – in Verbindung mit der Heim-Elektronik
Den Anfang machte das Konzept von LG HomeChat. Darunter versteht LG die nahtlose Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Möglich wird dies durch eine Kooperation mit dem japanischen Line-Messenger, der hierzulande (noch?) ein Nischendasein fristet, in anderen Teilen der Welt aber sehr viel populärer ist, als beispielsweise WhatsApp.
So soll eine einfache Verspätungs-Nachricht an die LG-Waschmaschine dafür sorgen, dass der programmierte Waschvorgang verschoben wird und weitere vernetzte Geräte ihre Arbeiten ebenso intelligent daran anpassen. Interessanter Ansatz, wie ich finde, der aus vermarktungstechnischer Sicht zu einem gewollten Synergieeffekt für weitere LG-Produkte führen könnte. Wenn HomeChat denn auch tatsächlich so einfach und zuverlässig funktioniert, wie LG angibt. Die Zukunft könnte sich dann folgendermaßen abspielen:
Mensch: „Hey Waschmaschine, wie lange brauchst du noch?“
Maschine 1: „Der aktuelle Waschvorgang dauert noch 1 Stunde 45 Minuten.“
Maschine 2: „Beachte, dass der Geschirrspülvorgang in 15 Minuten startet.“
Abgefahren. Nerdig. Ein klein wenig beängstigend. Aber verdammt cool.
WebOS-TVs bringen Netflix 4K-Streaming, YouTube & Facebook mit
Weiter ging es mit WebOS. LG stellte die dadurch erlangte Simplizität in den Vordergrund: simple Verbindung, simples Hin- und Herschalten, simples Entdecken. Netflix-CEO Reed Hastings beglückwünschte LG zu seinen Bemühungen und gab an, gemeinsam mit LG an einer Netflix-App für SmartTVs zu arbeiten. Hastings klang dabei sehr überzeugt und machte kein Geheimnis daraus, wie eng er mit LG verbunden zu sein scheint. Mit den ersten LG WebOS-TVs werden zahlreiche native Apps verfügbar sein, darunter Netflix (inklusive 4K-Streaming), Hulu, Amazon, YouTube und Facebook. Hulu und Netflix bekanntermaßen nicht in Deutschland, das verkneife ich mir aber zu erwähnen.
Weitere Neuerungen im Home-Entertainment-Sektor: ein neuer 22 Zoll großer All-in-One-PC mit Chrome OS, zahlreiche Soundbars und eine flach gepresste Soundbar, Soundplate genannt. Außerdem drei neue BluRay-Spieler, fünf neue Plasma-TVs sowie insgesamt zwölf neue, stets mit WebOS befüllte LG UHD-TVs (4K), darunter auch solche mit gebogenem Display. Von allen neuen Fernsehern soll mehr als die Hälfte mit WebOS daherkommen.
LG Lifeband Touch Fitness Tracker
Von den Fernsehern ging LG über zu einer für das Unternehmen völlig neuartigen Produktkategorie und stellte ein Fitness-Armband vor. Das LG Lifeband Touch ist ein digitaler Fitness-Tracker und kommt mit einem OLED-Touchscreen daher. Das Gerät verfügt über Bluetooth-Konnektivität und kann dadurch mit externen Herzfrequenzmessern oder Smartphones gekoppelt werden.
Passend dazu stellte LG ein neues Ohrhörer-Modell vor: die Heart Rate Earphones. Diese sind dazu in der Lage, den Herzschlag des Trägers aufzuzeichnen und auf dem Display des Lifeband oder anderen gepairten Produkten abzubilden. In den Handel kommen die schicken Stückchen Technik im ersten Halbjahr dieses Jahres, zunächst in den USA, im Anschluss „auf anderen Märkten“. Zu Preisen äußerte sich LG bisher nicht.
Zum Schluss: die aufgewärmte Smartphone-Innovation
Das schon im Oktober vorgestellte (und von Tobias schon mit einem Fragezeichen versehene) 6 Zoll große LG G Flex kommt im ersten Quartal mit einem gebogenen Display auf den US-Markt. Der Sinn der unpraktischen Biegung möchte sich mir ehrlich gesagt nicht wirklich erschließen. Allerdings brachte LG einige Argumente FÜR ein gebogenes Display, die ich sehr gerne unkommentiert weitergeben möchte: So muss die Ingenieursleistung in jedem Fall hervorgehoben werden. Ein gebogenes Smartphone benötigt auch einen gebogenen Akku. Wow.
Ein Vorteil der Kurve: die Soundqualität der Lautsprecher steigt, da diese an der Außenseite liegen und folglich frei schweben. Zugegeben, ein wirklich treffliches Verkaufsargument für pubertierende Halbstarke. Auch sei die Haltung am Ohr ergonomischer, ganz zu schweigen von dem Nutzungserlebnis und dem haptischen Gefühlsfeuerwerk. Wieder Wow.
Verdammt. Jetzt konnte ich mir seichte Ironie doch nicht verkneifen. Liegt wohl daran, dass ich kurvige Smartphones unpraktisch und unzweckmäßig finde. Deren Entwicklung ist meiner Ansicht nach lediglich dem Innovationsdruck der Branche geschuldet und Instrument des öffentlichkeitswirksamen F&E-Imponiergehabes. Zum Glück bleibt der Kauf jedem selbst überlassen. Lassen wir den Markt entscheiden.
Alleinstellungsmerkmal WebOS: keinesfalls schlecht
Das eigentlich für mobile Geräte konzipierte WebOS auf Fernseher zu bringen, ist durchaus ein interessanter Ansatz. Ehrlich gesagt erschließt sich mir noch nicht recht, wie LG die Entwicklergemeinde dazu bringen will, Apps für das betagte OS zu programmieren, wenn dieses exklusiv auf LG-Fernsehern läuft. Denn von Lizenzierung an andere TV-Hersteller war in Las Vegas nirgends die Rede, was auf Grund des knallharten Preiskampfes in diesem Segment von Konkurrenten wie Samsung, Sony oder Toshiba sicher ohnehin kaum beansprucht werden würde. Womöglich ist es einfacher, Apps von anderen Plattformen zu WebOS zu portieren – dies wäre der einzige für mich schlüssige Grund für die Investition in WebOS.
Man darf gespannt sein, wie sich WebOS im weniger portablen TV-Sektor durchsetzen wird. Ich jedenfalls nutze auf meinem eigenen SmartTV wenn überhaupt die YouTube-App und vermisse nichts. Jedoch hätte ich auch nie gedacht, einen Kommunikationskanal zu Waschmaschinen und Kühlschränken interessant und cool zu finden. Von daher: abwarten, was LG mit WebOS auf die Beine stellt.