Jörg Wagner ist sauer. Zumindest scheint es so, wenn man seinen jüngsten Blogeintrag liest. In „Hallo Sony Music Entertainment…“ beschwert sich der Medienjournalist darüber, dass YouTube mal wieder Videos sperrt. Diesmal eines, das nur einen Bruchteil urheberrechtlich geschütztes Material enthält – und zudem noch Promotion für einen Künstler darstellt.
Laut Wagner handelt es sich bei dem Clip um ein „ganz normales abgefilmtes Radiointerview“, Visual Radio eben. Zu Gast ist Ingo Pohlmann, ein deutscher Sänger. Das Interview wird im Rahmen der IFA für das IFA-Radio aufgezeichnet. Wagner beschreibt die gesperrte Stelle so:
Ingo Pohlmann wippt mit dem Kopf zu einem Bruchteil seines eigenen Titels, hat Spaß an der eigenen Musik. Ich hätte es wegschneiden können. Ich hätte jedoch die Persönlichkeit Pohlmann beschnitten, weil dieser Ausschnitt ihn so zeigt, wie er ist: jemand der Spaß an der Musik hat, der umsich herum die Welt vergessen kann, der dabei nicht abgehoben ist. Möglicherweise hätte ich eine Lizenz beantragen müssen. Bei SME und bei YouTube. Oder auch bei der GEMA. Was weiß ich.
Wagners „was weiß ich“ ist hierbei ein guter Punkt. So ganz ist nämlich nicht klar, wer was wo wann und vor allem wie beantragen muss, damit YouTube nicht zickt. Der Sperrtext „Leider ist dieses Video, das Musik von SME beinhaltet, in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA die Verlagsrechte hieran nicht eingeräumt hat“ sei laut Wagner „Blödsinn“.
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„YouTube“, das Reizwort
Das bestätigt auch Michael Matthias Morr, Journalist, in den Kommentaren unter dem Artikel: „Die Sperrung dürfte von Sony Music Entertainment ausgehen. YouTube verwendet ja die sogenannte Content-ID, um Rechteinhaber (in diesem Fall das Musiklabel) zu benachrichtigen, wenn Werke aus ihrem Repertoire verwendet werden“, schreibt er. Und weiter:
SME hat dann die Wahl, ob sie nichts machen möchten, ob sie das Video sperren möchten – oder ob sie es monetarisieren wollen – dann wird Werbung vor deinem Video geschaltet, und SME erhält einen Teil der Einnahmen. Diese Geschichte hat aber mit der GEMA tatsächlich gar nichts zu tun.
Schon seit Monaten versuche ich, von den größeren Musiklabels – darunter Sony Music Entertainment, Warner Music und Universal Music – Stellungnahmen zu diesem Thema zu bekommen. Sie blieben alle unbeantwortet. Offenbar scheint schon „YouTube“ als Reizwort in einer Frage zu genügen, um diese nicht zu beachten. (Übrigens kann man an anderer Stelle ganz hervorragend mit den jeweiligen Pressestellen zusammenarbeiten.)
Der Verlierer ist letztlich das Label
„Ich habe diese Erinnerung an einen tollen Musiker in meinem Kopf gespeichert. Die kann mir YouTube nicht nehmen. Oder wer auch immer hier sperrt. Blöd für Sony Music Entertainment, Pohlmann und die Fans“, schreibt Wagner zum Abschluss. Sein Blogpost ist in gewisser Weise eine Mahnung, bei Sperrungen endlich besser zu unterscheiden – zwischen Urheberrechtsverletzungen und journalistischen Inhalten, die letztlich auch zu viraler Promotion für einen Musiker werden können.
Davon abgesehen ist der Fall ein Paradebeispiel dafür, dass sich die Musikindustrie durch automatisierte Sperren nicht zuletzt vor allem selbst schadet. Vielleicht merkt man das ja auch irgendwann in den Konzernzentralen.
Bild: Screenshot
ich glaub kaum, dass die sich selbst schadet.
Nicht? Werbung, die nicht zu sehen ist, ist also vorteilhaft?
Ich werde es nie verstehen, in welcher Art und Weise sollte das Video denn dem Unternehmen Sony schaden, wenn sie es nicht sperren! Wann kapieren sie es denn endlich – alter!
Eben…
Ich verstehe nicht, wieso die GEMA da rausgehalten wird. Ist sie nicht primär daran Schuld, dass die SME das Video sperren lässt? Auf der anderen Seite sind das auch nur Ausschnitte und nichts Ganzes. Wieso sollte Sony das verbieten. Ich verstehe hier alles grad nicht so. 😀
Meines Wissens ist es aber doch die GEMA, die ja keine Rechte für die Wiedergabe des Materials eingeräumt hat. Da kann sich ein Verlag/Label zwar dagegenstellen, in dem zum Beispiel die Rechteverwertung im Internet von Wahrnehmung durch die GEMA ausgenommen wird, das tun aber höchstens kleine Künstler.
Matthias Morr – nicht Michael, Danke 😉
@tobias:
wenn es so schlimm wäre, wurde sony das nicht machen. Sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen.
Ist es nicht so, dass der Künstler einen Vertrag mit einem Label hat, das sich um die Vermarktung und damit um die Rechteverwertung kümmert? Dieses Plattenlabel wird i.d.R. für den deutschen Markt der GEMA angeschlossen sein, und diese mit der weiteren Verwertung in Bezug auf öffentliche Aufführungen etc. betraut haben.
D.h. aus Sicht eines Content-Produzenten müsste ich bei der GEMA nach Tarif zahlen und bei dem Label (und dem Künstler) die Erlaubnis einholen und dort ggf. auch noch einmal für den Titel bezahlen, um dort die Nutzungsrechte zu erhalten.
Das Konstrukt der GEMA führt übrigens auch bei vielen Künstlern zum Unmut -gerade auch was die Verteilung an die Künstler angeht.
Im besten Fall zahlt man als Band für ein Konzert an die GEMA, weil es sich um eine öffentliche Aufführung handelt, bekommt aber am Ende wesentlich weniger an Tantiemen, da man im Vergleich zu den „Großen“ nicht oft genug gespielt/geklickt wurde.
Noch kurioser wird es, wenn man als Band seine eigenen bei der GEMA angemeldeten Stücke für ein eigenes Promotion-Video nutzen möchte. Auch dann muss man die regulären Sätze der GEMA für die Nutzung der eigenen Werke zahlen.
*Kopfschüttel*
Die GEMA lässt sperren und niemand kann was dafür, aber alle, einschließlich Label und Künstler finden es doof.
Da kann die Konsequenz in konkreten Fall trotzdem nur sein, für diesen Sänger und dessen Label einfach keine (kostenlose) Werbung mehr zu machen. Die sind diejenigen, die auf die GEMA Einfluß nehmen müssen, um deren Verhalten auf ein erträgliches Maß zu bringen.
Solange der Sperrwahn der GEMA für die vertretenen Künstler/Labels aber eigentlich keine Folgen hat, ändert sich auch nichts daran. Den Kunden ignoriert die GEMA einfach, die Mitglieder bzw. Vertragspartner sind die, die (vielleicht) etwas ändern können.
Wenn die Künstler/Labels sehen, dass es halt gar keine Werbung mehr für sie als Folge der Sperrungen durch die GEMA gibt, dann versuchen sie vielleicht irgenwann tatsächlich mal etwas zu verändern.
BTW, jetzt hat sich ja die Cultural Commons Collecting Society als vernünftige Alternative zur Gema gegründet. Zeit für einen Wechsel…