In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Spoontainable.
Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Spoontainable aus Stuttgart.
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Wer steckt hinter Spoontainable?
Geballte Frauenpower: Das beschreibt das sechsköpfige Team von Spoontainable am treffendsten. Die Entrepreneure – alles junge Damen und alle noch mit Studentenstatus – lernten sich bei der internationalen Studierendenorganisation Enactus kennen. Genauer gesagt im Enactus-Team der Universität Hohenheim.
Dort, in der Nähe von Stuttgart, absolvieren die drei Gründerinnen ihre Masterstudien. Die Geschäftsführerinnen Amelie Vermeer und Julia Piechotta studierten im Bereich Management, Produktentwicklerin Anja Wildermuth im Fach Ernährungswissenschaft und Diäthetik.
Auch die restlichen Team-Mitglieder wurden aus diesen Studienfächern akquiriert, sodass es an fachlichem Know-how nicht mangelt.
Spoontainable ist eines von sieben aktiven Projekten der im Lehrstuhl für Entrepreneurship angesiedelten Studierendengruppe Enactus Hohenheim. Besonders aussichtsreich darunter: Das kleine Start-up der sechs Frauen, bei dem sich der Erfolg bereits nach wenigen Monaten abzeichnet.
Ihr erstes Finanzierungsziel von 10.000 Euro erreichten die Gründerinnen mit Hilfe eines über nur vier Wochen (August 2018) laufenden Crowdfunding-Projekts auf der Plattform Startnext. Okay, zwei Business Angel waren auch mit im Spiel. Die wollen aber weiterhin ungenannt im Hintergrund agieren.
Mit dieser ersten Finanzspritze konnte die Gründung einer UG sowie die Patent-Einreichung finanziert werden. Aktuell durchläuft Spoontainable die Testphase der industriellen Produktion.
Soll heißen: Die Tests am Prototypen sind abgeschlossen und die erste Marge kommt schon im April 2019 auf den Markt. Dann wird es auch höchste Eisenbahn. Schließlich produziert Spoontainable einen auf den ersten Blick klassischen Sommerartikel!
Was macht Spoontainable?
Kurz und knapp: Einen essbaren Eislöffel. Spätestens im Sommer, so die Erwartungen der Gründerinnen, löffeln Dessert-Liebhaber an allen Eisdielen in Deutschlands Straßen ihre süße Leckerei mit dem nachhaltigen Löffel.
Erstauntes Raunen macht sich bemerkbar: „Essbare Löffel – gibt es doch schon! Was ist daran neu?“ Ja: Es gibt schon Löffel aus Keks- oder Waffelteig. Aber eben nicht solche. Und auch keine Eislöffel.
Jeder kennt sie, die kleinen bunten Plastik-Eislöffel, die uns schon unsere ganze Kindheit begleitet haben. Und es gibt sie immer noch! Egal wie hip der neueste Hipster-Eissalon mit seinen Bio-Eissorten samt veganen Varianten auch sein mag: Zum Löffeln gibt es auch dort meist nur die Einwegschäufelchen in Neonfarbe.
Im Grunde ein Artikel, der in weniger als zehn Minuten im Plastikmüll landet.
Mit ihrem innovativen Produkt wollen die Gründerinnen von Spoontainable – einem cleveren Wortspiel aus Sustainable und Spoon – ihren Beitrag im Kampf gegen unnötigen Plastikmüll durch Einweggeschirr leisten.
Denn alleine in Deutschland werden jährlich bis zu 360 Millionen Plastiklöffel produziert, die allesamt nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden.
„Es gibt nachhaltige Alternativen für Plastikbecher und Strohhalme – nicht aber für den gewöhnlichen Eislöffel an der Lieblingseisdiele“, weiß das Spoontainable-Team nach seinen Recherchen.
Den Slogan „Don’t waste it, taste it“, der auch schon unter #dontwasteittasteit im Social Web zu finden ist, haben sie mit ihrem Produkt bereits realisiert. Der leckere Löffel aus Keksteig mit Spezialrezeptur ist vegan, ohne Zugabe von Zucker natürlich süß und in der Geschmacksvariante Schoko demnächst erhältlich.
Als zweite Alternative ist Vanillegeschmack im Gespräch. Einen Zeitplan dazu gibt es erst, wenn der Absatz des Schokolöffels angelaufen ist.
Da das junge Unternehmen sich auf den B2B-Vertrieb konzentrieren will, wurde die Mindestabnahmemenge von 10.000 Stück festgesetzt. Die Kosten liegen je nach Bestellmenge zwischen fünf Cent und acht Cent.
Dass auch Branchengrößen das Projekt für Erfolg versprechen halten, zeigt die Kooperation mit Copenrath Feingebäck, die als Partner für die Produktion der Eislöffel zuständig sind. Logistik und Vertrieb bleiben in den Händen von Spoontainable.
Vor allem das kommende EU-Verbot von Plastik- und Styropor-Gegenständen, das bereits für 2021 diskutiert wird, spielt den aufstrebenden Unternehmerinnen einen Trumpf in die Hände.
Erste Anfragen von Eisdielen-Ketten und Großketten gab es schon. Es ist also durchaus realistisch, dass sich Spoontainable bis dahin auf dem Markt etablieren wird. Zumal es keinen direkten Konkurrenten gibt.
Zwar gibt es Löffel aus Holz, Maisstärke, Bambus oder kompostierbarem Bioplastik sowie essbare Löffel von anderen Herstellern. „Einen Mitbewerber im Eisgeschäft gibt es aber nicht“, erklärt Geschäftsführerin Julia Piechotta.
Was macht Spoontainable so besonders?
Des Pudels Kern: Die Spezialrezeptur macht aus dem Spoontainable-Eislöffel ein zukunftsträchtiges Produkt. Wie schon erwähnt, ist er vegan und wird ohne zusätzlichen Zucker gefertigt.
Darüber hinaus wird er aber durch die Beigabe von essbaren Nahrungsfasern – eigentlich ein Abfallprodukt der Lebensmittelherstellung – verfeinert und erhält so seine einzigartigen Eigenschaften.
Danach wird der Keksteig durch einen Back- und Trocknungsprozess zum Löffel verarbeitet. Durch den hohen Ballaststoffanteil der Fasern, kann ein Teil des Mehls ersetzt werden. Das ist durchaus erwünscht, denn eine reine Mehlmischung würde dem Löffel weniger Stabilität und innere Elastizität geben als die Fasern.
Außerdem machen die Fasern den Löffel „strapazierfähiger“ – er schmilzt nicht in Eis, Frozen Jogurt oder Pudding. Bis zu 60 Minuten soll er den halbflüssigen Desserts standhalten, ohne abzubrechen oder sich aufzulösen.
Auch geschmacklich sind die Nahrungsfasern ein Zugewinn, weil durch sie ein authentisches Mundgefühl entsteht. Für den Schokolöffel wurden vor allem Nahrungsfasern der Kakaoschale verarbeitet. Daher kommt also der Schoko-Geschmack, der übrigens beim Löffeln nicht an das Eis abgegeben wird.
Durch die Verwertung der Pflanzenfasern, die auch von Obst, Gemüse oder Hülsenfrüchten stammen können, ist der Spoontainable-Löffel doppelt nachhaltig, weil er eben dieses natürliche Abfallprodukt recycelt.
Soviel Innovation blieb nicht unbemerkt. Spoontainable hat die Idee vom nachhaltigen, essbaren Eislöffel, der Plastikmüll reduzieren hilft, bereits auf der Messe „Startup Stories“ vorgestellt.
Dabei konnte das Start-up Theresa Bauer, Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg, mit einer Geschmacksprobe überzeugen. Besonderer Stolz ist aber der „Spirit Award“, der den Unternehmerinnen beim National Cup von Enactus verliehen wurde.
Gibt es Kritikpunkte?
Da der Spoontainable-Eislöffel noch nicht auf dem Markt ist, ist ein kritisches Durchleuchten des Produkts etwas schwierig. Dass es vorerst nur eine, eventuell zwei Geschmacksrichtungen geben soll und dass die angedachten Sorten Zitrone, Erdbeere und Zimt wohl zeitnah nicht entwickelt werden, könnte man als vorwurfsvollen Einwand bringen.
Schade – aber auch dem frühen Stadium der Unternehmensgründung geschuldet – ist, dass sich die Rezeptur auf Eislöffel beschränkt. Wünschenswert wäre es, die innovative Formel auch für anderes Essbesteck zu testen, sodass Plastik-Einweggeschirr schneller aus unserem Alltag verschwindet.
Spätestens dann wird es auch lohnenswert, den B2C-Vertrieb aufzubauen. Das Umweltbewusstsein steigt zunehmend. Die Bereitschaft, auf nachhaltige, umweltfreundliche Produkte umzusteigen, ist groß.
Fazit
Die Nachhaltigkeit der Idee überzeugt und die Fokussierung auf eine scheinbar so kleine Nische wie das Eisgeschäft macht Sinn. Schließlich gibt es hier noch keine direkte Konkurrenz und definitiv noch zu viele Neon-Plastik-Eisschäufelchen.
Die anstehenden politischen Entscheidungen bieten Erfolg versprechende Aussichten. Durch die bereits bestehende Kooperation mit Copenrath Feingebäck wird deutlich, dass die Spoontainable-Gründerinnen keinen idealistischen Alleingang als naive Weltverbesserer im Sinn haben, sondern ausgereiftes wirtschaftliches Denken beweisen.
Sie vereinen Unternehmensgeist und technologische Innovation. Das gibt definitiv ein „Daumen hoch!“. Der Sommer kann also kommen und wir können mit gutem Gewissen unsere Lieblingseissorten genießen, um danach genüsslich in den Löffel zu beißen!
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