Flyeralarm und der DFB gehen getrennte Wege, heißt es. Der Grund ist kurios: Firmenchef Thorsten Fischer sah wohl zu viele Fehlentscheidungen gegen seinen Lieblingsverein Würzburger Kickers und reagierte auf seine Art. Kann man machen, wirkt dann aber wie ein Eigentor. Eine Einordnung.
Die Meldung erscheint kabarettistisch. Am 11. April 2021 spielten die Würzburger Kickers in der zweiten Bundesliga gegen den 1. FC Nürnberg. Das Endergebnis lautet 1:1. Anschließend verkündet der Flyeralarm-Chef Thorsten Fischer das Ende der Sponsoring-Kooperation mit dem DFB.
Zur thematischen Einordnung: Die Kickers liegen mit mageren 20 Punkten abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz.
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Eine Fehlentscheidung zu viel
In einer offiziellen Mitteilung ließ Fischer verlauten, dass er „vorab in mündlicher Form – mit aller Gelassenheit und ohne Emotionen – sämtliche Verträge mit dem DFB“ kündige. Und zwar „nach heute elf spielentscheidenden Fehlentscheidungen.“
Es ist grundsätzlich schwer vorstellbar, dass die sehr affektiv wirkende Aktion des Würzburger-Kickers-Finanziers völlig emotionslos stattfand. Zugleich ist ein rein überzogener Fan-Frust in diesen Business-Sphären ebenso undenkbar.
🆕 Es tut sich was am Dalle! 🛠
Im Zuge der weiter zunehmenden Professionalisierung in allen Bereichen haben wir pünktlich zum Start der Zweitliga-Spielzeit auf eine hochwertige LED-Videobande umgestellt! 🥳 pic.twitter.com/I17O4IQJ7O
— FC Würzburger Kickers (@fwk_1907) September 18, 2020
Flyeralarm und DFB: Wer ist der Sieger?
Der Firmenchef der Online-Druckerei Flyeralarm vermisst ein „seriöses Geschäftsgebaren“. Zwar verwendet er nicht den Begriff „Spielmanipulation“, doch die Fehlentscheidungen seien „mutwillig“ gewesen.
Der DFB reagierte zunächst gelassen und zeigte ein allgemeines Verständnis für durch Schiedsrichterentscheidungen hervorgerufene Emotionen.
Tatsächlich erkannte der Deutsche Fußball-Bund mindestens eine der elf von Fischer genannten Fehler als einen solchen an. Im Anschluss an die Partie gegen Holstein Kiel, die Würzburg mit 0:1 verlor, räumte der Dachverband einen Referee-Fauxpas ein, nachdem der Videobeweis einen unberechtigterweise gepfiffenen Elfmeter durchwinkte.
Wer hier als Verlierer vom Platz geht, hängt von der wahren Intention seitens Flyeralarm ab. War die ausgesprochene Kündigung ein Affekt, hat sich Fischer ein Eigentor in einem Sechs-Punkte-Spiele geschossen. Doch eine Inszenierung ist deutlich wahrscheinlicher.
Fakt ist: Für den DFB sollte es ein Leichtes sein, einen neuen sportlichen Sponsoring-Partner zu akquirieren.
Der „Gutmensch“ Thorsten Fischer
Not. Zumindest, wenn es nach dem Verdi-Gewerkschaftssekretär Bernd Bauer geht. Der bezeichnete die mündliche Vertragskündigung im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung als „kindisch“. Hintergrund: Seit Jahren beäugt Bauer das digitale Druckunternehmen und insbesondere die Führung kritisch:
Das Geschäftsmodell von Flyeralarm beruht auf Niedriglöhnen und der Ausbeutung der Mitarbeiter.
Harte Worte. Angeblich seien die Löhne bei Flyeralarm um bis zu 50 Prozent geringer als marktüblich. Davon abgesehen soll auch das Klima nicht allzu angenehm sein. Kontextuell interessant sind die Aussagen, weil sie mindestens in der Theorie entgegen der von Fischer geforderten Fairness sprechen.
Aus dem Hause Flyeralarm erklingen laut der SZ Gegenbehauptungen. Man pflege einen „verantwortungsbewussten, fürsorglichen und fairen Umgang“ mit den Angestellten.
Flyeralarm versus DFB: Zweite Halbzeit
Zurück zum Spiel. Der auf bis zu 4,5 Millionen Euro dotierte Sponsoring-Vertrag läuft noch bis zum Jahresende 2023 und ein vorzeitiges Aus ziehe Flyeralarm ganz pflichtbewusst nicht in Betracht.
Das ist eine erhebliche Summe, die das Unternehmen in Zukunft einsparen kann. Immerhin ist der Zweck der Kooperation mit dem DFB längst erfüllt: Flyeralarm ist bekannt.
Wäre es dann nicht clever, sich als vermeintlicher Gutmensch zu platzieren, dem Prestige weniger wichtig ist als Fair Play?
Im Sinne der Image-Politur betonte Fischer in dem Zuge auch die weitere Zusammenarbeit mit der Frauen-Bundesliga:
Weil die Frauen in dieser männerlastigen Domäne DFB überhaupt nichts dafür können. Flyeralarm hat weiterhin ein großes Herz für den Frauen-Fußball.
Ohne Frage ein äußerst löbliches Engagement, doch die konkrete Erwähnung des DFB schürt wiederum Spekulationen.
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