Der Stuhl von Julian Reichelt im Axel Springer Verlag hat kurz gewackelt. Das Compliance-Verfahren gegen ihn ist nun beendet. Der Bild-Chefredakteur darf bleiben. Doch was ändert sich? Wie sollen die Kritikpunkte künftig aus der Welt geschaffen werden?
Julian Reichelt darf bleiben. Der Bild-Chefredakteur hat sein Compliance-Verfahren unbeschadet überstanden und darf seine Arbeit wieder aufnehmen.
Einzige Neuerung: Der Axel Springer Verlag stellt Reichelt mit Alexandra Würzbach, Chefredakteurin der Bild am Sonntag, eine gleichberechtigte Vorsitzende in der Bild-Chefredaktion an die Seite.
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Würzbach hatte während Reichelts Freistellung die interimistische Leitung der Bild übernommen. Nun soll sie sich laut einer Verlagsmitteilung neben der BamS auch um „das übergreifende Personal- und Redaktionsmanagement“ kümmern. Damit verantwortet sie künftig genau den Bereich, in dem Julian Reichelt sich Ärger eingehandelt hat.
Kokain, Mobbing und mehr: Die Vorwürfe im Detail
Die Medienjournalistin Ulrike Simon beschreibt bei Horizont die Vorwürfe, die Grundlage für das Compliance-Verfahren gegen Reichelt waren, kurz und knapp: „Kokainkonsum am Arbeitsplatz und sexuelle Affären mit Mitarbeiterinnen, je nach Beziehungsstatus verbunden mit Machtmissbrauch.“
Zuerst berichtete der Spiegel von der Untersuchung gegen Reichelt. Hier war von rund einem halben Dutzend Mitarbeiterinnen die Rede, die dem Verlag Vorfälle aus den vergangenen Jahren angezeigt haben.
Dabei sei es unter anderem um Machtmissbrauch und die Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen gegangen, aber auch Nötigung und Mobbing standen im Fokus.
Reichelt bittet um Freistellung
Der Spiegel-Bericht stammt vom 8. März. Fünf Tage später entbindet Axel Springer den Chefredakteur bis auf Weiteres von seinen Aufgaben. Reichelt selbst hatte um die Freistellung gebeten, „um eine ungestörte Aufklärung sicherzustellen und die Arbeit der Redaktion nicht weiter zu belasten.“
Zuvor hatte der Spiegel weiter berichtet, dass sich viele Mitarbeiterinnen aus Angst vor Konsequenzen nur anonym äußern wollen.
Der Freispruch für Julian Reichelt
Nun ist die Entscheidung um den Stuhl von Julian Reichelt gefallen. Der Vorstand des Axel Springer Verlags trennt sich nicht von seinem Chefredakteur. Die Entscheidung basiert auf dem Untersuchungsbericht des Compliance-Verfahrens.
Springer-Boss Mathias Döpfner sagt, es wäre „unangemessen“ gewesen, sich von Reichelt zu trennen. Er habe zwar Fehler gemacht, jedoch gebe es keinen rechtlichen Handlungsbedarf.
Reichelt selbst hat die Vermischung von Beruflichem und Privatem zugegeben. Macht- und Drogenmissbrauch am Arbeitsplatz dementiert er mit einer eidesstattlichen Versicherung.
Er lässt sich mit folgenden Worten zitieren: „Ich weiß, ich habe im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen Fehler gemacht und kann und will das nicht schönreden. Was ich mir vor allem vorwerfe ist, dass ich Menschen, für die ich verantwortlich bin, verletzt habe. Das tut mir sehr leid.“
Eine neue Führungskultur für Bild
Er wolle nun mit der Bild-Belegschaft „eine neue Unternehmenskultur“ schaffen. Dafür müsse – so Ulrike Simon – Reichelt „vor allem sein ruppiges Verhalten und den Hang zum Niederargumentieren anderer zügeln.“
Simon geht aber nicht davon aus, dass Springer intime Beziehungen nun in seinen Code of Conduct mit aufnimmt. Dies sei arbeitsrechtlich schwierig und „außerdem ziemlich lebensfern.“
Dennoch stellt Simon fest: „Umgekehrt sollte – eigentlich – von jeder Führungskraft so viel Reflexion, Wissen und Verantwortung abzuverlangen sein, dass intime Beziehungen mit Untergebenen den Arbeitsfrieden stören und sich schlicht nicht gehören.“
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