Marketing

Bezahlsysteme in der Bundesliga: Enttäuschung pur

Bezahlsysteme in der Bundesliga: Enttäuschung pur
Pexels
geschrieben von Philipp Ostsieker

Der Bezahldienstleister Payment Solution hat Insolvenz angemeldet. Sowohl Vereine als auch Fans sind betroffen und verärgert.

Bargeldloses Bezahlen in Fußballstadien – das galt einmal als große Innovation. 2001 startete Schalke 04 das Bezahlkarten-System mit der „Knappenkarte“. Viele Vereine folgten diesem Beispiel. Die Ziele: Schnellere Bezahlung an den Ständen und ein hygienischerer Umgang mit Lebensmitteln. Über die Hälfte aller Bundesligisten hielten dies für eine gute Idee.

Payment Solution: Probleme am 33. Spieltag

Seit einigen Jahren kritisieren Fans und Verbraucherschützer die Systeme. Nun ist das Thema wieder heiß. Der Grund: die Insolvenz von Payment Solution. Der Bezahldienstanbieter zählt Hertha BSC, Eintracht Frankfurt, den 1. FC Kaiserslautern sowie Dynamo Dresden zu seinen Kunden.

Alle Kunden hatten am Wochenende ein Heimspiel. An diesem 32. Bundesliga-Spieltag wurden die Fans noch regulär mit Essen und Trinken versorgt. Nun droht Ärger zwischen Fans und Vereinen. Fans, die eine sogenannte „Justpay“-Karte besitzen, können bis zum Saisonende nicht damit bezahlen. Auch können sie sich kein Guthaben auszahlen lassen. Verschiedene Vereine bestätigten dies gegenüber dem kicker.

Die „Hessenschau“ berichtet, dass alleine bei den Fans der Frankfurter Eintracht noch 60.000 bis 70.000 Bezahlkarten im Umlauf seien. Geschätzter Wert: zusammengerechnet eine halbe Million Euro.

Die Vereine bemühen sich um Lösungen. Am Wochenende stellen Hertha BSC, Eintracht Frankfurt und der 1. FC Kaiserslautern dennoch am 33. Spieltag auf Barzahlung um. Über den Umgang mit den Rest-Guthaben entscheiden die Verantwortlichen im Juli.

Bezahlsysteme in Fußballstadien: Generalkritik

Die Kritik an Bezahlkarten und -systemen ist nicht neu. Schon Stiftung Warentest (2015) und die ARD (2016) übten heftige Kritik in ihren Recherchen. Ein wichtiger Punkt: Es existiert in Deutschland kein einheitliches System. Die Plastikkarten gelten nur bei Heimspielen des jeweiligen Vereins. Wer „auswärts fährt“, muss ein Dutzend Plastikkarten kaufen und diese mit Guthaben befallen.

Für Dauer­karten­inhaber ist das Bezahlsystem praktisch. Auffällig: Die Aufladebeträge stimmen selten mit den Preisen für Essen und Trinken über­ein. Fans haben häufig ein Restguthaben auf ihrer Karte. Für den einzelnen Fan nicht immer viel, für die Zehntausende schon.

Bezeichnung in Fachkreisen: „Schlummergroschen“. Denn: Während das Aufladen der Karten simpel ist, ist das Abheben oft sehr umständlich. Rück­gabestationen suchen Fans vergeblich. Der Service einer Rücküberweisung des Guthabens hat sich nicht durchgesetzt.

Die Fans sind von den Vereinen enttäuscht. Hauptkritikpunkt: Das ist Kalkül. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber einige Beispiele bestätigen die Kritik. Auf Schalke dürfen laut AGB (Stand 16. November 2016) eineinhalb Jahre bis zur Rückerstattung von Restguthaben vergehen. 2010 erzielte der FC Bayern München rund 2,4 Millionen Euro Gewinn durch nichtabgeholte Guthaben.

Haben Bezahlsysteme in der Bundesliga eine Zukunft?

Bargeldloses Zahlen hat definitiv eine Zukunft. Der Fall „Payment Solution“ wirft ein sehr schlechtes Licht auf die Praktik. Dennoch ist das Problem hier die Zahlungsunfähigkeit des Anbieters. Ein sinnvoller Weckruf ist der Fall trotzdem.

Nicht beteiligte Payment-Anbieter und Vereine sollten jegliche Schadenfreude vermeiden. Denn ein Problem, das zumindest viele Lösungen teilen, ist ihre schlechte Usability. Diverse Zuschauerrekorde bedeuten nicht, dass Fans sich dauerhaft veräppeln lassen möchten.

Das Thema nimmt an Bedeutung zu, keine Frage. Für den deutschen Zahlungsverkehrsmarkt prognostiziert Oliver Wyman eine jährliche Wachstumsrate von bis zu 9 Prozent bis 2020. Die Art und Weise der jeweiligen Angebote wird entscheidend sein. Und hierzulande sollten die Deutsche Fußball Liga (DFL) dringend überlegen, ob vielleicht sogar ein ganzheitliches Bezahlsystem für die 1. und 2. Bundesliga sinnvoll wäre.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

7 Kommentare