In Arizona attackieren verärgerte Bewohner die selbstfahrenden Autos von Waymo – mit Steinen, Messern und sogar Pistolen. Wir erklären, was es mit den Waymo-Attacken auf sich hat.
Es klingt wie aus einer Episode der Twilight Zone. Am helllichten Tag schleicht sich ein Mann aus dem Dickicht des Parks. Im Visier hat er das weiße Roboter-Auto, das an der Kreuzung stoppt. Er schleicht sich an und innerhalb von Sekunden schlitzt er mit einem scharfen Objekt den Autoreifen auf. Bevor man ihn erkennen oder fassen kann, rennt er davon.
Das Szenario beschreibt nur einen von über 20 Angriffen aus den vergangenen zwei Jahren auf die fahrerlose Flotte von Waymo in Chandler, Arizona. Warum sind die Bewohner so aggressiv?
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Bewohner zweifeln an Technologie – und werfen mit Steinen
Das Tochterunternehmen von Google testet in Chandler seit 2017 seine autonomen Fahrzeuge. Erst vor wenigen Monaten startete Waymo erste kommerzielle Robotertaxis in Phoenix. Für das Unternehmen ist dies die nächste logische Stufe der Entwicklung. Schließlich will Google auch irgendwann Geld mit der Technologie verdienen.
Doch offenbar sind nicht alle Bewohner in Arizona so begeistert davon. Zum einen spielt sicherlich die Angst vor Jobverlusten eine Rolle. Schließlich könnten fahrerlose Autos viele Arbeitsstellen – vom Busfahrer über den Taxifahrer bis hin zum Pizzalieferanten – ersetzen.
Zum anderen stehen die Bewohner in Chandler der Technologie selbst skeptisch gegenüber. Chandler ist so etwas wie der Ground Zero für die autonome Flotte von Waymo. Dementsprechend haben die Einwohner hier besonders intensiv auch die Schwachstellen der Technologie erlebt.
Ihrem Ärger machen sich einige Kritiker nun aber auch immer häufiger mit Gewalt Luft. Die meisten Angriffe sind direkte Attacken auf die Fahrzeuge von Waymo. Die weißen Autos mit Waymo-Aufschrift und den Kameras auf dem Dach sind schließlich schwer zu übersehen.
Nach örtlichen Polizeiberichten werfen die Angreifer bevorzugt Steine gegen die Autoscheiben oder schlitzen mit Messern die Reifen der Fahrzeuge auf.
Andere Bewohner wiederum bremsen die Fahrzeuge bewusst aus oder versuchen sie mit dem eigenen Auto von der Straße zu drängen. Hin und wieder werden diese Attacken von Wutanfällen und Geschrei begleitet.
Ein Mann sagte gegenüber der Polizei sogar, er „hasse“ selbstfahrende Autos. Dabei bezog er sich auf den tragischen Unfall vom März 2018 mit einem selbstfahrenden Uber-Auto in Tempe, Arizona. Bei dem Unfall kam eine Frau ums Leben.
„Es gibt andere Orte, an denen sie testen können“
Keine Frage, die Technologie ist bei Weitem nicht unfehlbar und die Bewohner von Chandler machen sich Sorgen um ihre Sicherheit. Ein Ehepaar berichtete zum Beispiel der New York Times, wie ein Waymo-Auto beinahe ihren zehnjährigen Sohn umgefahren hätte. „Sie sagten, sie bräuchten Beispiele aus dem echten Leben, aber ich will nicht ihr Fehler aus der echten Welt sein“, sagt der Vater des Jungen, Erik O’Polka.
Auch er und seine Frau haben schon mit ihren eigenen Fahrzeugen die Waymo-Autos in Bedrängnis gebracht, geben sie zu. Sie – und die anderen verärgerten Bewohner von Chandler – wollen damit vor allem eins erreichen: Waymo soll aus dem Ort verschwinden. „Es gibt andere Orte, an denen sie testen können“, sagt Erik O’Polka.
Will Waymo Angriffe unter den Teppich kehren?
Doch das würde die Proteste wohl nur verlagern. Experten glauben, dass Chandler sinnbildlich für die Debatte steht, die die Technologie aktuell in der Gesellschaft auslöst. Menschen fühlen sich bedroht und verunsichert. Je mehr Unternehmen fahrerlose Unternehmen auf der Straße testen werden, desto mehr Proteste werde es künftig wahrscheinlich geben.
Waymo selbst wiederum hat sich in der Angelegenheit bislang zurückgehalten. Auch wenn in den attackierten Autos ihre eigenen Mitarbeiter sitzen, nämlich die Sicherheitsfahrer, die das Auto zwar nicht selbst fahren, im Notfall aber eingreifen können.
Für die Tests von Waymo sind die Angriffe ein Rückschlag. Denn jedes Mal, wenn die Autos attackiert werden, müssen die Sicherheitsfahrer vom autonomen in den manuellen Modus umschalten, um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das stört natürlich die Tests von Waymo.
Waymo wollte aber bislang keine Anzeige erstatten. Auch hat sich das Unternehmen in einigen Fällen geweigert, der Polizei das von den Fahrzeugen während der Angriffe aufgenommene Videomaterial zur Verfügung zu stellen. In anderen Fällen durften die Beamten die Videos sehen, sie aber nicht behalten oder überspielen.
Will Waymo damit bloß das Problem unter den Teppich kehren und so negative Berichte über seine Technologie verhindern? Das Unternehmen streitet dies ab.
Doch auch wenn der US-Bundesstaat Arizona sowie die Kommunen weiterhin hinter Waymo und den Testfahrten stehen, zeigt der aggressive Protest der Bewohner zumindest vereinzelt Wirkung.
Wenn die Angriffe in einem Stadtteil in Chandler besonders intensiv werden, zieht Waymo die Fahrzeuge von dort ab.
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