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„E-Bikes sind geil!“ – Interview mit Pedelec-Wortschöpferin Susanne Brüsch

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Bild: Pedelec Adventures
geschrieben von Marinela Potor

„Am Anfang hat man sich noch für sein E-Bike geschämt“, sagt Susanne Brüsch, Journalistin, Pedelec-Wortschöpferin und E-Bike-Botschafterin. Im Interview mit Mobility Mag erklärt sie, warum sich das Image der E-Bikes in Deutschland verändert hat.

Aus einer jungen Frau, die nur wenig mit Fahrrädern am Hut hatte, ist heute eine der größten Botschafterinnen der E-Bike-Bewegung geworden. Susanne Brüsch hat nicht nur das Wort „Pedelec“ erfunden, sie engagiert sich weltweit für das Fahren auf zwei Rädern (mit Extra-Watt). Wir haben mit ihr über den Imagewandel von E-Bikes, ihre Pedelec-Reisen und ein schicksalhaftes Klassentreffen gesprochen.

E-Bikes: Früher nur für Freaks

Mobility Mag: Heute kennt dich jeder als Susanne Brüsch, Erfinderin des Wortes „Pedelecs“. Doch Fahrräder waren nicht immer deine große Leidenschaft…

Susanne Brüsch: Ich bin natürlich schon immer Fahrrad gefahren, auch von A nach B in der Stadt. Die Leidenschaft kam aber erst später, mit dem Mountainbiken, damals noch ohne E. Das habe ich einem alten Schulfreund zu verdanken, der mir auf einem Klassentreffen einen Job anbot. Ich war da 20, studierte zu der Zeit Sprachen, und er suchte jemanden, der ihm beim Übersetzen von Texten für sein Unternehmen helfen konnte. Dieser Freund war Hannes Neupert, Gründer von Extra Energy. Die Firma hatte damals als erstes Unternehmen damit angefangen, elektrische Fahrräder für Verbraucher zu testen. Daraus wurde dann mein erster Auftrag auf der Eurobike, vor genau 20 Jahren.

Und das hat dich dann direkt begeistert?

Ja! Ich saß damals zum ersten Mal auf einem Fahrrad mit Elektroantrieb. Das fühlte sich an wie wenn ich ein zweites Paar Beine hätte.

Ich bin so von den Übersetzungen recht schnell immer tiefer in das Thema „Elektrofahrräder“ eingestiegen und habe irgendwann selbst Produkttests, Promotion, Recherchen und dann auch Fotoshootings gemacht und schließlich das Redaktionsteam von Extra Energy aufgebaut und geleitet.

Es kursierten damals viele Bezeichnungen für das neue Phänomen Fahrrad, aber es war schwierig ohne Monstersätze genau auszudrücken was man meinte. Zum Glück konnte ich meine Professorin überzeugen, eine Terminologiearbeit über E-Mobilität zu schreiben. Das Ergebnis war das Wort „Pedelec“.

Mich hat vor allem das Potential der Räder begeistert. Wenn du zum ersten Mal auf eine Fahrrad mit Antrieb steigst, und die Kraft des Motors spürst, fühlst du dich wie Superwoman. E-Bikes sind einfach geil!

Das sehen heutzutage viele sehr ähnlich. Doch damals standet ihr mit eurer Begeisterung für die E-Bikes und Pedelecs noch recht alleine da…

E-Bikes, Pedelecs, motorbetriebene Fahrräder – all das steckte damals noch in den Kinderschuhen und war eher etwas für „Freaks“. Die gängige Meinung war damals, dass das keine „richtigen“ Fahrräder seien. Wer ein solches Rad fuhr, galt als faul oder unsportlich. Am Anfang hat man sich deshalb noch für sein E-Bike geschämt.

Der erste Trend, der von der Generation 50+ ausgeht

Warum ist das jetzt anders?

Die Pedelecs kamen Mitte der 90er Jahre nach Deutschland. Beliebt wurden sie nach und nach aber durch zwei große Trends und einer cleveren Entwicklung aus Japan. Es hat aber viele Jahre gebraucht, bis eine kritische Masse überhaupt von dieser Entwicklung wusste und selbst einmal dieses schöne Gefühl des „eingebauten Rückenwinds“ erfahren hat.

Damals wollte noch keiner zeigen, dass er Hilfe beim Treten brauchte. So war es dann bei den Trends war es so, dass ein Hersteller aus Holland irgendwann auf die Idee kam, die Batterien im Fahrrad so zu verstecken, dass man nicht auf den ersten Blick sehen konnte, dass es ein elektrisches Fahrrad war. Das war der Durchbruch der E-Bikes in Eurpa.

Auch wenn der Trend weiterhin dahin geht, Antrieb und Batterie vollständig ins Fahrraddesign zu integrieren, gibt es inzwischen auch die gegenläufige Bewegung, also den zweiten Trend. Und das ist: die Technik bewusst zur Schau zu stellen. Auf eine schicke Batterie kann man heute stolz sein!

Und was war die clevere Entwicklung aus Japan?

Von Yamaha kam die Idee, den Elektroantrieb der Räder an die Muskelkraft zu binden. Also das, was wir heute als Pedelecs kennen, wurde in Serie zum ersten mal von Yamaha gebaut. Damit konnte das Gefährt dann als Fahrrad zugelassen werden und Yamaha hat große Lobbyarbeit in Europa für die Pedelecs geleistet. Das Ergebnis kann man jetzt zum Beispiel in Deutschland sehen: 98 Prozent der verkauften Elektroräder sind Pedelecs.

In Deutschland wachsen die Verkaufszahlen von E-Bikes und Pedelecs ja mittlerweile von Jahr zu Jahr. Wie siehst du das im internationalen Vergleich?

Das ist ganz unterschiedlich, je nach Land. In China hat die Regierung ja beispielsweise benzinbetriebene Zweiräder in Innenstädten verboten, beziehungsweise steurlich limitert. Das war natürlich ein Riesen-Boom für die Elektromobilität. Dort wurden schon E-Bikes in Millionenhöhe pro Jahr verkauft, als man in Deutschland noch bei Verkaufszahlen um die Hunderttausend war.

Doch Europa holt so langsam auf. In den USA wiederum geht der Trend gerade erst los. Interessant ist hier, dass die Entwicklung in vieler Hinsicht andersherum läuft als bei uns in Deutschland.

Was meinst du damit?

In Deutschland war es vor allem die Generation 50 +, die die E-Bikes vorangetrieben hat. Der einzige Trend, den ich kenne, der von Alt nach Jung geht. Aber wie gesagt, die sportliche Fahrradszene war anfangs eher skeptisch gegenüber den elektrischen Rädern, die älteren Menschen hatten einen direkten Nutzen davon.

In den USA ist das ganz anders. Da entdecken gerade die Mountainbiker die Möglichkeiten der Elektroräder, und damit kommt auch nach und nach die E-Bike-Bewegung in die Städte.  In Deutschland war es genau umgekehrt, da bewegte sich der Trend vom urbanen Raum zur Mountainbiker-Szene.

Ich war zum Beispiel gerade in San Francisco mit meinem E-Bike. Die hügelige Stadt wäre eigentlich ideal für solche Räder, doch bisher fährt dort kaum jemand mit Pedelecs oder E-Bikes. So wurde ich dann bei den steilen Anstiegen von vielen Radfahrern mit meinem E-Bike schon beneidet…

Mit dem Pedelec auf Reisen: Schummeln oder Spaß?

Deine USA-Reise in diesem Jahr ist Teil deines eigenen Unternehmens, Pedelec Adventures. Du warst damit mit dem Pedelec zum Beispiel schon in der Mongolei oder jetzt eben auch sowohl in den Bergen als auch in der Wüste der USA. Warum muss es unbedingt ein Pedelec sein beim Reisen?

Also ich fahre durchaus gerne und oft Fahrrad ohne Antrieb. Für größere Reisen finde ich das Pedelec aber einfach ideal. Es ist schnell genug, um größere Strecken zu fahren. Es ist langsam genug, um der Natur ganz nah zu sein. Es ist kräftig genug, um steile Pässe fahren zu können. Und es ist flexibel genug, dass man auch mal abseits der asphaltierten Straßen fahren kann.

Ich kann mir vorstellen, dass viele diese Art von Rad-Reisen als Schummeln betrachten …

Oh ja, das bekomme ich hin und wieder auch zu hören. Ich komme aber beim E-Bike-Fahren genauso an meine körperlichen Grenzen wie beim Fahrradfahren. Nur, dass diese viel weiter liegen.

Und du musst bei deinen Reisen natürlich auch noch Akkus aufladen. Macht das das Ganze nicht viel komplizierter?

Das kommt darauf an, wo du fährst. Ich habe auch schon alles mitgemacht, von Komplettversorgung durch Off-Road-Fahrzeuge bis hin zu völlig autark. Jede Form hat irgendwo ihren Reiz und ihre Besonderheiten.

In Europa wirst du aber zum Beispiel kaum Probleme haben, Steckdosen zu finden. Auch in den USA gibt es sogar in den Nationalparks sehr viele Campingplätze oder auch mal eine Tankstelle, an abgelegenen Straßen du deine Akkus aufladen kannst.

Wenn man aber ganz abseits der Zivilisation unterwegs ist, wird es natürlich komplizierter. Das braucht mehr Zeit, die Reichweiten sind kürzer und da muss man gut planen. In der Mongolei oder in Marokko bin ich zum Beispiel mit einem Solaranhänger gereist. In Island, wo die Sonne einfach nicht zuverlässig genug war, hatten wir mehrere Ersatzbaterien und Ladegeräte dabei.

Jetzt in den USA, weil wir eine weite Strecke in kurzer Zeit fahren mussten, hatten wir ein Begleitfahrzeug.

Langweilig wird es nie

Hast du eigentlich ein Lieblingsfahrrad?

Soll ich das jetzt wirklich alles aufzählen? Das sind nämlich so einige und es kommt auch sehr darauf an, was man vorhat. Für mich hat jedes E-Bike und jeder Antrieb seine Besonderheiten. Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass die E-Mountainbikes meine ganz große Leidenschaft sind. Ich liebe das sportliche Fahren und finde Speed in jeder Form klasse!

Seit 1997 dreht sich deine Welt um elektrische Fahrräder. Du hast ein Unternehmen darum aufgebaut, du schreibst als Journalistin darüber und du hältst auch noch Vorträge darüber, wie jetzt wieder auf der Eurobike. Hast du nicht mal irgendwann genug von dem Thema?

Nein, überhaupt nicht. Mein Job ist sehr vielseitig. Manchmal arbeite ich eng mit der Industrie und der Produktion von E-Bikes zusammen, dann mit den Nutzern selbst, dann mache ich Fotos oder bin mit der Filmproduktion beschäftigt, dann plane und organisiere ich meine Reisen – es ist also extrem abwechslungsreich.

Das sind immer neue Herausforderungen und eintönig ist das wirklich nie. Ich nehme mir aber auch hin und wieder mal eine Auszeit. Dann gehe ich in die Berge wandern oder fahre Snowboard und ich liebe es auch, mit meinen Nichten und Neffen zelten zu gehen – auch mal ohne Fahrrad.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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