Wie viel Raum brauchen wir zum Leben? In unserer losen Reihe zu Tiny Houses gehen wir dieser Frage nach und stellen dabei verschiedene Tiny-House-Konzepte vor. Diesmal: die autarke Ecocapsule.
Stellt euch vor, ihr seit tausende Kilometer von jeglicher Zivilisation entfernt. Es gibt kein fließend Wasser, keinen Strom, keinen Supermarkt – nur euch und die Natur. Und trotzdem habt ihr alles was ihr zum Leben braucht, auf 10 Quadratmetern. Die Ecocapsule macht´s möglich – ein futuristisch anmaßendes Tiny House der slowakischen Architektenfirma nice architects.
Das autarke Minihaus
Die Ecocapsule ist ein Beispiel dafür, wie die Tiny-House-Bewegung von der Amateurszene in die professionelle Architektur übergegangen ist. Die Ökokapsel ist von der Küche bis zum Klos bis ins kleinste Detail durchdacht und durchdesignt. Sie soll ihren Bewohnern (Platz gibt es maximal für zwei Personen) die Möglichkeit bieten, völlig autark, unabhängig und auch ressourcenschonend leben zu können.
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Dabei war das anfangs gar nicht so geplant, erklärt Tomas Zacek, Geschäftsführer und Architekt von nice architects, im Interview mit Mobility Mag. „Wir haben die Ecocapsule ursprünglich als separate Einheit zum eigenen Haus geplant, also als ein Atelier für Künstler oder als Wohnung für die Kinder.“
Ihr Design reichten sie 2008 beim Ideenwettbewerb der Andes Sprout Society ein. Zwar gingen sie dabei nicht als Sieger hervor, aber die Ecocapsule war der klare Publikumsliebling. Von diesem Feedback angesteckt, feilten Tomas und sein siebenköpfiges Team seitdem an dem Design der Ecocapsule. Die Kapsel wurde kleiner, dynamischer, effizienter. Die erste limitierte Auflage von 50 Minihäusern soll dieses Jahr in die Produktion und dann auch endlich in den Verkauf gehen.
Leben in Extrembedingungen? Kein Problem!
Wie wird es sich also in dieser autarken Ökokapsel leben? Der Schlüssel zum Leben in einem Tiny House ist eigentlich immer das Design.
Wer Schlafzimmer, Bad, Küche und Wohnzimmer auf minimalen Raum verteilen will, muss jede Ecke, jede Höhe, jeden Winkel perfekt nutzen.
Energie von Sonne und Wind
Das gilt auch für die Energie- und Wasserversorgung. Die Kapsel ist zunächst völlig unabhängig von äußerer Infrastruktur. Strom wird bei der Ecocapsule über Sonnen- und Windenergie erzeugt. Die Kapsel ist mit Solarzellen und einer Windturbine ausgestattet. Diese Energie kann darüber hinaus per Batterie gespeichert werden. So könnten Bewohner der Ecocapsule sogar bis zu fünf Tagen ohne äußere Energie auskommen. Das ist mehr als genug, erklärt Zacek, denn nach Recherchen seines Teams gibt es eigentlich auf der Erde fast gar keine Tage, an denen die Sonne überhaupt nicht scheint und absolut kein Wind weht. Hinzu kommt noch das eiförmige Aussehen der Kapsel – ein Design, das nicht nur an ein Raumschiff erinnert, sondern vor allem die Energieverluste so gering wie möglich hält.
Die Ecocapsule kann sowohl im Winter als auch im Sommer genutzt werden. Sie hält Temperaturen von -15 Grad Celsius bis zu +40 Grad Celsius und Windstärken bis zu 150 Kilometer pro Stunde aus.
Die nette Toilette
Die Wasserversorgung wiederum wird über Regenwasser gesichert. Es gibt aber auch die Möglichkeit stehendes Wasser, wie etwa Wasser aus einem See, zu pumpen. Das Wasser wird gesammelt und gefiltert und kann dann sogar als Trinkwasser verwendet werden. Insgesamt gibt es vier Wasserbehälter: einen für Regenwasser, einen für gefiltertes Regenwasser, einen für Grauwasser (benutztes gefiltertes Wasser, das noch zum Duschen verwendet werden kann) und einen für schwarzes Wasser, das Abfall ist.
Apropos Abfall. Auch die Toilette ist für Extrembedingungen designt. Es handelt sich dabei um eine wasserlose Toilette, worin der Urin von festen Stoffen getrennt wird. der Urin wird dann gefiltert und wieder in die Natur „entlassen“. Alle festen Abfälle sammeln sich in einen speziellen duftneutralen Container. Alle paar Monate kann dieser Container dann in den großen Abfallcontainer der Ecocapsule entleert werden. All das ohne unangenehme Gerüche, behauptet zumindest Tomas Zacek.
Auch digitale Nomaden können hier leben und arbeiten
Neben diesen Grundbedürfnissen gibt es in der Ecocapsule sogar WLAN. Solange noch ein Handysignal die Kapsel erreicht, kann man im Ökoei auch im Netz surfen. Die nächste Generation der Ecocapsule soll darüber hinaus mit einem internetbetriebenden Smart-Home-System ausgestattet werden, erklärt Zacek: „Darin soll man dann zum Beispiel erkennen können, wie hoch der Energieverbrauch ist, wie viel Wasser man im purifizierten Behälter hat, wann der Abfall geleert werden muss – all die Dinge, die es den Bewohnern ermöglichen noch effizienter und sparsamer mit den Ressourcen umzugehen.“
Eine weitere Verbesserung, an der Tomas Zacek und sein Team arbeiten: Eine mobile Ecocapsule. Dazu haben sie eine Ecocapsule mit Rädern und Anhänger geplant, mit der man das Tiny House auch von einem Ort zum anderen transportieren kann.
Damit eignet sich die Ecocapsule nicht nur ideal für Reisen, sondern auch für sehr extreme Lebensbedingungen, also für Forscher, die jahrelang abseits der Zivilisation Recherchen betreiben oder auch einfach für Menschen, die das Leben in freier Wildbahn sehr wörtlich nehmen wolen.
Doch wie lange hält eigentlich so eine Ecocapsule? „Die Lebensdauer der Ecocapsule, hängt von den einzelnen Bestandteilen wie zum Beispiel der Batterie oder den Solarzellen ab“, erklärt Tomas Zacek. Aktuell schätzt er die Lebensdauer der Kapsel daher auf 80 Jahre. Mit verbesserter Technologie könnte das in Zukunft aber auch länger werden.
Kostenfaktor – unbezahlbar?
Doch so viel Unabhängigkeit hat auch ihren Preis. Aktuell kostet die Ecocapsule 79.000 Euro! Bestellen kann man sie auf der Webseite der Ecocapsule. Dennoch liegen Zacek bereits fast 150 Bestellungen vor, vornehmlich aus Nordeuropa, Frankreich und Deutschland für den Prototypen. „Das sind aktuell vor allem Sammler, die die Ecocapsule bestellt haben – Menschen bei denen der Preis keine große Rolle spielt“, gibt Zacek zu. Doch das ist eigentlich nicht der Markt, für den er und sein Team die Ecocapsule bauen wollen. „Sobald wir nach den ersten verkauften Modellen in die Massenproduktion gehen können, wird der Preis auch beträchtlich sinken.“
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