Opel will wieder nach oben, Gesprächsthema sein. Und ein bisschen an alte Zeiten anknüpfen. Nun habe ich mir selbst nie wirklich viel aus Opel gemacht. Bekannte, die eine Generation älter sind als ich, erzählen, dass der Hersteller einst für viele etwas Besonderes war, Teil der Luxusklasse, mit Fahrzeugnamen wie „Kapitän“ und „Admiral“. Doch diese Zeiten scheinen mehr als vorbei. Ein Opel ist kaum mehr ein Statussymbol, sondern ein Biedermannfahrzeug, oftmals eine Art Volkswagen für den kleinen Geldbeutel.
Wahrscheinlich ist auch genau das der größte Ansporn für das Unternehmen. sich nun so etwas wie neu aufzustellen. Wer als Konzern mit vielen Konkurrenten so etwas vorhat, muss natürlich die Masse der Autofahrer überzeugen.
Erster Eindruck: geht so
Fakt ist: Am vergangenen Freitag hat das Unternehmen seinen ganzen Stolz vorgestellt: das Onboard System OnStar, den Service, der nach Angaben des Autoherstellers „alles verändert“, zumindest in Europa, wo er nun eingeführt wird. Mit ihm möchte man zumindest technisch ein wenig an die obere Mittelklasse und Oberklasse aufschließen. Auf Einladung und Kosten des Unternehmens bin ich also nach London gereist. Mein erster Eindruck von OnStar: geht so.
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Der „persönliche Online- und Service-Assistent“ ist nichts, das einen als Autofahrer wirklich überraschen kann, vielleicht auch deshalb, weil es in ähnlicher Form seit nahezu zwanzig Jahren auf dem nordamerikanischen Markt von der Konzernmutter GM angeboten wird. Und weil es aus Komponenten besteht, die man in dieser Form schon von vielen anderen Anwendungsbereichen her kennt.
Wer Journalisten einlädt, meint offensichtlich ziemlich oft, sie hofieren zu müssen. So ist das auch heute in London. Neben reichlich Essen gibt es ein üppiges Rahmenprogramm und sogar den noch nach Fabrik riechenden Insignia dürfen wir Journalisten über die Autobahn lenken. Natürlich nicht ohne vorher die Navigation von OnStar bemüht zu haben.
Ein Druck auf den blauen Knopf über dem Kopf startet die Telefonverbindung in das sogenannte Command Center, das in der englischen Stadt Luton in der Nachbarschaft von London angesiedelt ist und sich in den kommenden Monaten in acht verschiedenen Sprachen der Probleme der europäischen Opelfahrer annehmen soll.
Wer jetzt einen Neuwagen bei Opel bestellt, hat OnStar serienmäßig an Bord oder kann es zumindest gegen einen Aufpreis einbauen lassen. Die neue Technik in ein altes Auto des Herstellers nachrüsten lassen, das geht allerdings nicht.
Ganz praktisch, nicht revolutionär
Was nun also kann OnStar? Da wäre zum einen der rote SOS-Knopf. Wer ihn im Notfall drückt, wird auf dem schnellsten Weg mit dem Command Center verbunden, wo man das Auto lokalisiert und Hilfe anfordert, etwa einen Rettungswagen oder die Polizei.
Der blaue Service-Knopf hingegen ist für andere Arten von Dienstleistungen gedacht. Praktisch für ältere Menschen, die mit dem Smartphone nicht gerne hantieren, ist vor allem die Möglichkeit, einen Call-Center-Mitarbeiter per Sprachanruf mit dem Heraussuchen eines Fahrtziels zu beauftragen, das dann im Idealfall wenige Sekunden nach dem Telefonat aufs Navigationssystem von OnStar im eigenen Auto verschickt wird. Im Test hat das gut funktioniert.
Ob das nun revolutionär ist, muss jeder selbst entscheiden. Zumindest entfällt die für viele ältere Menschen wohl eher lästige Tipperei auf dem Display. Ich selbst werde wohl zunächst weiterhin meine Ziele auf dem Smartphone suchen und mich vom gleichen Gerät navigieren lassen. Ein Kaufgrund für einen Opel liefern mir die Funktionen also bislang nicht.
Ist das eigene Auto gestohlen worden und liegt eine diesbezügliche Anzeige bei der Polizei vor, kann der Halter des Opel OnStar außerdem damit beauftragen, eine Zündungsblockierung zu veranlassen. Sobald der Motor des Fahrzeugs dann einmal ausgeschaltet wird, ist ein Wiederstarten nicht mehr möglich.
Lass dein Auto hupen
Demonstriert wurde den versammelten Journalisten auch die Möglichkeit, dem Auto per „OnStar“-App einen Hup- und einen Blink-Befehl zu erteilen. Praktisch sei das etwa, wenn man sein Auto auf einem großen Parkplatz nicht mehr finde, sagt Opel über dieses Feature. Ich frage mich: Warum kann die App nicht die Parkposition speichern und mich als Fußgänger zurück zum Fahrzeug navigieren? Das wäre auch dann sinnvoll, wenn das Auto am anderen Ende der Stadt steht und ich den Blinker weder sehen noch die Hupe hören kann.
Zwar auch nicht der letzte Schrei, aber dennoch ganz nett ist der WLAN-Hotspot, der seine mobilen Daten von einer im Dach integrierten Antenne erhält. Dadurch sei auch gewährleistet, dass selbst in Gegenden mit mangelhaftem Mobilfunkempfang noch eine telefonische Verbindung zum Command Center gelingt, sagt Opel.
In den Hotspot können sich bis zu sieben WLAN-Geräte einbuchen, bei einem Familienausflug ins Ausland kann das also praktisch sein. Auch deshalb, weil Opel nach eigenen Angaben derzeit daran arbeitet, Roamingabkommen mit diversen europäischen Mobilfunkunternehmen zu schließen. Im Ausland mit dem Auto online sein klappt im Moment schon in immerhin neun EU-Ländern.
Das kostet OnStar
Kosten soll OnStar im ersten Jahr nichts, man möchte den Kunden das System zunächst testen lassen, wie es heißt. Ab dem 13. Monat werden 99 Euro pro Jahr fällig. Was genau die mobilen Daten kosten werden, ist derzeit noch nicht ganz klar.
Da Opel natürlich weiß, dass in Deutschland viele Menschen über Datenschutz reden, legt man Wert auf eine Reihe von diesbezüglichen Feststellungen. So könne der Fahrer mit der (übrigens nur in Europa verbauten) „Privat“-Taste „jederzeit unterbinden, dass der Standort Ihres Fahrzeugs von OnStar ermittelt wird“. Einzige Ausnahme sei „ein echter Notfall“, also wenn etwa Rettungskräfte die Position des Autos kennen müssen.
Tracking-Profile würden niemals erstellt, wird mehrfach betont. Das bedeutet, dass angeblich niemand bei Opel feststellen kann, welche Routen ein Fahrzeug gefahren ist.
Weiterhin heißt es:
Wir werden Ihre persönlichen Daten niemals entgeltlich weitergeben oder ohne vorherige Information bzw. ohne Ihre Zustimmung mit anderen Unternehmen zu deren selbständiger Nutzung teilen.
Natürlich sind das fromme Worte. Ich sehe allerdings schon wieder die Schlagzeilen in den Zeitungen, dass irgendein nicht näher bezeichneter Geheimdienst an die Daten gelangt ist. Die Hersteller werden dann dementieren. Und doch wird etwas
hängenbleiben. Und sei es nur das ungute Gefühl des Fahrers, überwacht zu werden. Ob im Opel, VW oder Mercedes.
Fazit:
Ob Opel mit OnStar den großen Wurf landet, bleibt fraglich. Sicher ist: Werbung für das System wird es in den kommenden Monaten wohl genug geben. Und fairerweise muss man zugeben, dass das Ansinnen, eine solche Technik auch in Kleinwagen einzubauen, ein gutes ist. In Notfällen, wenn es um Minuten geht, kann OnStar Leben retten, die restlichen Funktionen sind einfach nur ganz nett.