„That Vegan Teacher“ ist wahrscheinlich eine der kontroversesten Persönlichkeiten auf Tik Tok. Jetzt hat die Plattform das Konto der veganen Aktivistin gesperrt. Zu Recht?
Wer auf Tik Tok unterwegs ist, hat bestimmt schon von „That Vegan Teacher“ gehört. Für alle anderen: Die Tik Tokerin, die sich auch Miss Kadie nennt und mit bürgerlichem Namen Kadie Karen Diekmeyer heißt, verzeichnete zuletzt 1,6 Millionen Follower auf Tik Tok und 32 Millionen Likes.
In ihren Posts geht es um eine vegane Lebensweise. Doch viele Kritiker nennen sie auch die „verrückte Veganerin.“ Tatsächlich sind die Posts von That Vegan Teacher bedenklich. Das hat aber weniger etwas mit der veganen Ernährung zu tun, sondern vielmehr mit Miss Kadies problematischer Interpretation von Veganismus.
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Aufgrund ihrer grenzwertigen Aussagen war eine Petition auf Tik Tok im Umlauf, um That Vegan Teacher zu sperren. Tik Tok gab schließlich den Kritikern recht und sperrte den Account. Auslöser waren wohl „mehrfache Verstöße gegen die Community-Richtlinien.“
Was zunächst nach einer Kampagne gegen Veganer anklingen mag, ist tatsächlich vielschichtiger. Denn die meisten Veganer würden sich sehr dagegen wehren, mit Miss Kadie in einen Topf geschmissen zu werden.
That Vegan Teacher und ihre seltsame Interpretation von vegan
Das beginnt bereits damit, dass Miss Kadie sehr radikal ist, wenn es um Ernährung geht. Das wäre in Ordnung, wenn sie das auf ihren Lifestyle beschränken würde. Doch sie verurteilt jeden, der nicht vegan lebt, aufs Äußerste.
Wer nicht vegan ist, kommt in die Hölle
In einem Video spricht sie beispielsweise davon, dass Gott und Jesus vegan seien und daher jeder Veganer in den Himmel komme. Die logische Schlussfolgerung: Alle, die nicht vegan sind, sind böse Menschen und kommen in die Hölle.
Diese Einstellung kommt in mehreren ihrer Tik Toks durch.
Doch es wird noch extremer.
Vegetarier zahlen für Mord
In einem Tik Tok antwortet sie einem ihrer Follower, der ihr schreibt: „Meine Freundin ist Vegetarierin. Aber das ist immerhin besser als Tiere zu essen.“
Ihre Antwort: „Das ist einfach nicht gut genug. Nicht mal annähernd. Jemand, der Milch trinkt, Joghurt isst und Käse isst, zahlt für Mord. Mach Schluss mit ihr.“ Im Hintergrund dieser Aussage sieht man einen Schriftzug eingeblendet, der Vegetarier als missbrauchende Menschen bezeichnet.
Wenn es That Vegan Teacher wirklich darum geht, anderen Menschen ihre vegane Lebensweise nahezubringen, kann man sich zumindest vorstellen, dass sie mit solchen Aussagen, den ein oder anderen (Vegetarier) vor den Kopf stößt.
Die LGBTQ-Community ist egoistisch, Veganer sind selbstlos
Gleichzeitig vergleicht Miss Kadie häufig die Vorurteile gegen Veganer – die es ja durchaus gibt – mit Rassismus, Sexismus und Homophobie. Spätestens hier wird es grenzwertig. Denn natürlich erleben Veganer im Alltag, dass Menschen gegen ihren Lifestyle voreingenommen sind.
Doch Veganismus ist eine bewusste Entscheidung für eine Form der Ernährung. Dies mit der Diskriminierung gegen die eigene Hautfarbe, Sexualität oder das Geschlecht gleichzusetzen, ist nicht verhältnismäßig.
Als eine Followerin sie darauf anspricht, antwortet Miss Kadie: „Wer sich als Mitglied der LGBTQ-Community outet, ist egoistisch. Wer sich als Veganer outet, ist selbstlos.“
Auch dieser Aussage mögen Mitglieder der LGBTQ-Community, die aufgrund ihres Outings viel Diskriminierung und Ausgrenzung erlitten haben und erleiden, wahrscheinlich widersprechen. Ebenfalls ist dies definitiv nicht die allgemeine Meinung in der veganen Community.
Es ist also nicht verwunderlich, dass auch viele Veganer mit That Vegan Teacher so ihre Probleme haben.
Doch all das ist, wenn auch grenzwertig, sicherlich noch kein Grund, um den Account von Miss Kadie zu sperren. Tik Tok hat die Sperre nicht mit konkreten Äußerungen begründet und Miss Kadie sagte lediglich Folgendes auf Twitter:
Es verstößt offensichtlich gegen die Richtlinien von Tik Tok, die Wahrheit über Fabrik-Farmen zu sagen und Menschen dazu zu ermutigen, keine Milch mehr von Kuh-Babys zu stehlen.
Tatsächlich sind ihre Aussagen sehr viel problematischer als dieser Tweet es aussehen lässt.
„Dein Auschwitz-LKW hat mich überfahren.“
Denn That Vegan Teacher nimmt definitiv kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, Menschen zu Veganern zu bekehren. Doch manchmal wäre ein Filter wahrscheinlich angebracht.
Zum Beispiel, wenn sie sagt, dass Menschen, die Fleisch essen, Schuld an der Covid-19-Pandemie sind. Oder, wenn sie die Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA für ihre Zwecke nutzt.
Am Todestag von George Floyd veröffentlicht Miss Kadie auf Tik Tok ein Lied mit dem Titel „I can’t breathe“, was die letzten Worte des Afroamerikaners George Floyd waren, bevor ein Polizist ihn durch übermäßige Gewalt erwürgte.
Das tragische Ereignis sorgte für Bestürzung, Trauer, Wut gegen Polizeigewalt und für eine landesweite Protestbewegung gegen Rassismus.
Doch Miss Kadie fand es nun angebracht, dieses Ereignis in Verbindung mit dem Tod des kanadischen Tierschützers Regan Russell zu bringen, der leider von einem Lkw angefahren wurde und dabei ums Leben kam.
In ihrem Lied „I can’t breathe“ nimmt Miss Kadie auf diesen Unfall Bezug und singt: „Ich bin eine kanadische Frau mit einem Protestschild. Dein Auschwitz-Lkw hat mich überfahren.“
Sollte That Vegan Teacher gesperrt werden?
Wir halten also die Philosophie von That Vegan Teacher fest:
- Nicht-Veganer sind böse Menschen, die in die Hölle kommen.
- Die LGBTQ-Community ist egoistisch.
- Kritik an veganer Ernährung ist wie Rassismus.
- Fleischesser sind schuld an Corona.
- Die (ja, durchaus) grausamen Tiertransporte sind gleichzusetzen mit den Transporten, die Menschen in Nazi-Konzentrationslager brachten.
Ist die Sperre von That Vegan Teacher also anti-vegan? Nur, wenn man Miss Kadie als Mainstream-Veganerin sieht, was sie sicherlich nicht ist.
Das heißt nicht, dass Veganer böse Menschen sind und ihre Kritik an Massentierhaltung und exzessivem Fleisch- und Tierproduktkonsum nicht auch eine Berechtigung hat.
Doch die Art und Weise, wie That Vegan Teacher den Lebensstil auf Tik Tok darstellt, hat wenig mit Veganismus und mehr mit einer verzerrten Sichtweise zu tun. Dennoch war es am Ende wahrscheinlich etwas anderes, dass zur Sperre geführt hat – ein Video mit einer sexuellen Äußerung, die einen Minderjährigen betraf.
That Vegan Teacher hat nämlich die Angewohnheit, sich große Influencer herauszusuchen und diese ohne Grund oder Vorgeschichte, in ihren Videos entweder direkt anzugreifen oder auch einfach nur für vegane Botschaften zu missbrauchen.
Einer dieser Influencer ist der 16-jährige YouTuber Tommy Innit, der wirklich rein gar nichts mit Veganern zu tun hat. Doch Miss Kadie schnappt sich dennoch eines seiner Videos, in dem er darüber spricht, dass es dunkel ist und keine Frauen um ihn herum seien, um daraus ein eigenes Tik Tok zu bauen.
Seine Aussage nimmt sie zum Anlass, um eine sexuelle Andeutung über ihn zu machen und am Ende auch noch symbolisch eine Gurke hochzuhalten. Es kann gut sein, dass es dieses Video war, das am Ende das Vegan-Teacher-Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Zum Weiterlesen:
Zitat: „Doch Veganismus ist eine bewusste Entscheidung für eine Form der Ernährung. Dies mit der Diskriminierung gegen die eigene Hautfarbe, Sexualität oder das Geschlecht gleichzusetzen, ist nicht verhältnismäßig.“
Frau Potor, Sie schreiben einen Artikel über ein Thema, dessen grundsätzliche Definition noch nicht mal verstanden haben. Veganismus ist keine „Form der Ernährung“. Wer sich rein pflanzlich ernährt, aber mit Lederjacke herumläuft, in den Zoo geht und Kosmetikartikel kauf, die an Tieren getestet wurden, ist alles andere als vegan. Ernährung ist nur ein Teil des Veganismus. Veganismus ist keine Ernährungsform, sondern eine ethische Lebenseinstellung. Dadurch beantwortet sich. von selbst, ob die Vergleichen zu Rassismus oder Sexismus „grenzwertig“ wären. Wenn jemand seinen Fleischkonsum mit „ich esse ja nur 1x pro Woche Fleisch“ rechtfertigen will, ist es völlig angebracht zu fragen, ob dieser Mensch auch nur 1x pro Woche rassistisch ist. Oder, ob dieser nur 1x pro Woche eine Frau beleidigt. Es handelt sich bei allen drei Bewegungen um Gerechtigkeitsbewegungen. Warum soll nur DIESE EINE Gerechtigkeitsbewegung nicht mit all den anderen vergleichbar sein? Weil vergleichsweise weniger Menschen Teil dieser Bewegung sind und Tiere zu quälen bzw. zu töten in Ordnung finden? Das macht es nicht ethischer. Genauso wie Sklaverei früher genauso normal, aber deswegen nicht ethischer war. Dieses Unwissen über Veganismus macht eigentlich den kompletten Artikel zunichte, weil auch alle anderen Themen auf diesem Unwissen aufbauen.
Vegetarier haben nichts, aber auch wirklich gar nichts mit Veganismus zu tun. Die Aussage von The Vegan Teacher, dass Vegetarier für Mord zahlen ist einfach nur die REALITÄT. In jeder Haltungsform werden in Deutschland ca. 50 Millionen männliche Küken geschreddert oder vergast. Die Legehennen werden getötet, sobald sie keine ausreichende Leistung mehr erbringen. Dazu werden männliche Kälber in der Milchindustrie entweder zu Kalbfleisch verarbeitet oder wenige Monate später für ihr Fleisch getötet. Vegetarier lassen einfach nur das offensichtlichste Produkt von Tierleid weg, um ein gutes Gewissen zu haben. Wenn man Fleisch mit Ei- und Milchprodukten austauscht, macht es das aber nur schlimmer. Ein Tier in der Fleischindustrie wird einfach nur schnell gemästet, um möglichst viel Fleisch anzusetzen und wird dann getötet. Einem Tier in der Milch- und Eierindustrie passiert dasselbe und es wird zusätzlich auch noch körperlich und seelisch ausgebeutet. Also JA, Vegetarier zahlen für Mord. Und es gäbe nichts schlimmeres für den Veganismus als eine Veganerin, die Vegetarier in dem Glauben lässt, dass dies nicht der Fall wäre.
Sie mag eine deutlichere Ansprache haben, aber das macht die Dinge, die sie sagt nicht weniger richtig.
„Nicht-Veganer sind böse Menschen, die in die Hölle kommen.“
Solche Aussagen sind völlig aus dem Kontext gerissen. Mein Gott, wie ich so einen Journalismus nicht leiden kann. Sie hat häufig genug gesagt, dass sie nicht religiös ist und nicht an Gott glaubt. Diese Aussage ist lediglich einer provozierender Denkanstoß für all die Religiösen, die meinen, dass es ethischer wäre ein Schmerz fühlendes Lebewesen zu töten, wenn sie vorher noch ein Gebet abhalten.
„Die LGBTQ-Community ist egoistisch.“
Ist eine Meinungsäußerung. Was soll daran eine Philosophie sein? Mal wieder ist der Kontext dieser Aussage ausgeklammert. Es wäre also interessant in welchem Kontext diese Aussage getroffen wurde, aber ich fürchte dafür hätte man recherchieren müssen.
„Kritik an veganer Ernährung ist wie Rassismus.“
Wieder pauschalisiert und nicht im Kontext betrachtet. Aber in nahezu jedem Kontext würde ich dieser Aussage auch zustimmen. Schließlich treffen Nicht-Veganer eindeutig rassenabhängige Entscheidungen. Hunde und Katzen sind Freunde und müssen beschützt werden. Schweine, Kühe, Hühner? „Schreddert oder vergast Sie! Nehmt ihnen die Kälber weg! Beutet sie körperlich und seelisch aus! Tötet sie, wenn Sie nutzlos sind!“ Was ist an dieser Doppelmoral bitte nicht rassistisch?
„Fleischesser sind schuld an Corona.“
Covid19 und viele andere Seuchen wurden durch die Ausbeutung von Tieren ausgelöst. Es ist also nicht falsch, dass Fleischesser mit ihrem Konsum zum Entstehen von Seuchen beitragen.
„Die (ja, durchaus) grausamen Tiertransporte sind gleichzusetzen mit den Transporten, die Menschen in Nazi-Konzentrationslager brachten.“
Was genau unterscheidet die beiden Transporte voneinander? Außer, dass es sich um unterschiedliche Tiere handelt? (Menschen sind schließlich auch Tiere)
Richtig, es gibt keinen Unterschied, der das eine ethischer macht als das andere.
Frau Potor hat sich leider null Komma null mit den Antworten beschäftigt, sondern nur Meinungsäußerungen rausgehauen, dass die Thesen von TVT „fraglich“, „grenzwertig“ oder „extrem“ wären. Eine inhaltliche Auseinandersetzung oder eine Begründung fehlen leider jedes Mal komplett. So sieht in meinen Augen kein seriöser Journalismus aus.
Sie haben Recht – auch wenn That Vegan Teacher sich mit ihrer Kritik häufig sehr konkret auf die vegane Ernährung bezieht – wäre es korrekter von Veganismus als Lebensweise oder Lifestyle zu sprechen.
Dennoch ist es eine bewusste und freiwillige Entscheidung, die jemand trifft, so zu leben. Eine dunkle Hautfarbe zu haben oder eine bestimmte Sexualität zu haben, sind keine Wahl-Entscheidungen und lassen sich – insbesondere bei der Hautfarbe – nicht verstecken, sodass Menschen Anfeindungen ausgesetzt sind, die systemisch sind und nicht gleichgesetzt werden können mit Vorurteilen gegen Veganer. Noch dazu, wenn solche Aussagen und Gleichsetzungen von weißen, heterosexuellen Personen kommen, die weder Rassismus noch sexuelle Diskriminierung erlebt haben, sind sie problematisch.
Wenn man von der Prämisse ausgeht, dass Menschenleben und Tierleben absolut und zweifellos zu 100% gleichwertig sind, kann man sicherlich Aussagen wie von TVT oder auch Ihren Statements zustimmen. Doch es ist eine Prämisse, die nicht jeder so annehmen möchte.
Wie kann man so ein Verhalten wirklich rechfertigen mit solchen Strohmann-Aussagen, Stephan?