Am 2. Februar kündigte Jeff Bezos an, dass er als CEO von Amazon zurücktreten werde. Was heißt das für Amazon? Könnte das Unternehmen etwa ein besserer, fairer Arbeitgeber werden?
Die Nachricht kam für viele überraschend. Nach 27 Jahren schrieb Jeff Bezos in einem offenen Brief an die Amazon-Mitarbeiter:
So häufig ich immer noch ins Büro steppe, so sehr freue ich mich auf diesen Übergang.
Jeff Bezos wird damit seine CEO-Aufgaben an seinen Nachfolger und „Schatten“ Andy Jassy übergeben. Er selbst bleibt als Aufsichtsratschef (Executive Chair) und größter Aktionär aber weiterhin an der Spitze von Amazon. Was bedeutet der Rücktritt für die Mitarbeiter? Können sie nun auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen?
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Amazon sollte ursprünglich „gnadenlos“ heißen
Es ist schließlich kein Geheimnis, dass Jeff Bezos in Sachen Arbeitgeber kein Vorbild an Güte, Nachsicht oder Verständnis ist.
Es ist bezeichnend, dass einer der möglichen Namen für Amazon am Anfang „Relentless.com“ war, also „gnadenlos“. Angenehme Arbeitsbedingungen schaffen, ist noch die Bezos Ding gewesen.
In den Anfangsjahren gab es in den heißen Lagerhäusern keine Klimaanlagen. Stattdessen investierte Bezos lieber in Rettungswagen. Das war günstiger.
Auch jetzt bekommen Warenhaus-Angestellte kaum Unterstützung.
Die Amazon-Warenhäuser liegen meist weit außerhalb der Stadtgrenzen und sind mit öffentlichen Verkehrsmittel kaum bis gar nicht zu erreichen. Hilfe, um zum Arbeitsplatz zu kommen, gibt es nicht. Ausreichend Pausen ebenfalls nicht.
Und auch die Verletzungsquote in einigen Amazon-Warenhäusern in den USA liegt teilweise dreimal so hoch wie in anderen Warenhäusern.
Jeff Bezos, der gnadenlose Chef
Auch für Büro-Mitarbeiter sieht es nicht rosiger aus. Sie berichten immer wieder über die angespannte Arbeitsatmosphäre und den hohen Performance-Druck. Die Leistung der Mitarbeiter wird permanent über Datenauswertung gemessen und analysiert.
Wer bekommt die meisten Kundenbeschwerden? Wer beantwortet auch noch nachts E-Mails? Und wer macht früher Feierabend? Das schafft eine Atmosphäre von Druck, Angst und sogar von Verpetzen. Job-Sicherheit oder gar Nachsicht für Fehler gibt es nicht.
Die Überwachung beschränkt sich aber nicht auf das Datensammeln am Arbeitsplatz. Teilweise ging Amazon sogar so weit, Mitarbeiter in Warenhäusern von Privatdetektiven beobachten zu lassen.
Und auch bei seinen Lieferfahrern kennt Amazon keine Güte. In der Corona-Krise mussten verzweifelte Amazon-Flex-Fahrer zum Beispiel ihre Smartphones in Bäume hängen, um irgendwie noch Aufträge abzustauben. So gnadenlos ist der Wettbewerb bei den Amazon-Lieferanten.
Es ist kein Geheimnis, dass Jeff Bezos hinter all diesen extremen Maßnahmen bei Amazon steckt. Können Mitarbeiter nun mit seinem Rücktritt darauf hoffen, dass sich ihre Arbeitsbedingungen verbessern?
Nach Jeff Bezos Rücktritt: Wird jetzt alles besser?
Tatsächlich ist Nachfolger Andy Jassy politisch wesentlich aktiver als Jeff Bezos es jemals war und seinen Äußerungen auf Twitter nach zu urteilen, ist er jemand, der sich für Chancengleichheit stark macht.
So lobte er beispielsweise auf Twitter die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in den USA, sexuelle Minderheiten gleichzustellen. Auch forderte er Konsequenzen nach dem Tod der Afroamerikanerin Beronna Taylor, die durch Polizeigewalt ums Leben kam.
Gleichzeitig wird Jassy auch mit seiner neuen CEO-Rolle nicht das alleinige Sagen im Unternehmen haben. Jeff Bezos hält nach wie vor die Zügel in der Hand. Ob Jassy also viel an den Grundpfeilern der Unternehmensphilosophie von Bezos rütteln kann, ist fraglich.
Dennoch gibt es verstärkten Druck auf die Arbeitgeber-Praktiken bei Amazon, sowohl von innen als auch von außen.
Kritik an Amazon wird immer lauter
In Alabama wollen Mitarbeiter darüber abstimmen, die erste Amazon-Gewerkschaft zu gründen. Etwas, das das Unternehmen bislang mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Auch wenn das bedeutet, dass die Mitarbeiter selbst bis in die Toiletten verfolgt werden.
Mitarbeiter in der Seattle-Zentrale haben mehr soziale Verantwortung von Amazon gefordert. Sie wünschen sich, dass Amazon sich mehr für den Klimaschutz sowie für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Angeblich hat Amazon aber bislang den besonders engagierten Angestellten mit Kündigungen gedroht.
In Europa wiederum wirft die EU-Kommission Amazon vor, gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben. Und selbst in den USA ist Amazon ins Visier der Politiker geraten, die ebenfalls die Marktmacht des Onlinehändlers hinterfragen.
Jeff Bezos überlässt Andy Jassy also kein reibungslos laufendes Unternehmen.
Mit immer lauteren Protesten von Mitarbeitern aber auch mit wahrscheinlich strengeren politischen Auflagen, die in den USA auf Big-Tech-Unternehmen zukommen, könnte der Druck für Jassy durchaus groß genug werden, um die Arbeitsbedingungen bei Amazon verbessern zu müssen.
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