Wirtschaft

Start-up-Check! Mitte und seine Wasser-Revolution

Mitte, Wasser, Kartusche, sauberes Wasser
Mit dem Gerät von Mitte lässt sich völlig, sauberes Wasser herstellen. (Foto: Mitte)
geschrieben von Christoph Hausel

In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Mitte.

Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.

Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Mitte aus Berlin.


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Wer steckt hinter Mitte?

Mitte ist ein Berliner Start-up, das von Moritz Waldstein (CEO) und Faebian Bastiman (CTO) 2015 gegründet wurde. Ihre Mission: Menschenleben mit sauberem Wasser verbessern. Das Projekt wird von Investoren, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und über Crowdfunding auf verschiedenen Plattformen finanziert.

Die ersten Wasserreinigungs-Geräte will Mitte Anfang 2019 ausliefern. Der Name wurde übrigens so gewählt, weil das Start-up in Berlin Mitte sitzt. Passenderweise übrigens in der Brunnenstraße.

Was macht Mitte?

Mitte entwickelt ein neuartiges Wasserreinigungssystem, das verspricht Leitungswasser absolut sauber zu machen. Genauer: 60 Mal sauberer als mit herkömmlichen Wasserfiltern. Das sehr ansprechend designte Gerät ist ungefähr so groß wie ein Kaffeevollautomat.

Mitte reinigt Wasser über Destillation. Das Wasser wird also erhitzt, bis es verdampft und dabei alle Schadstoffe hinterlässt. Danach wird es wieder abgekühlt, bis es kondensiert.

Da das Wasser bei der Destillation auch alle Mineralien verliert, ist es in dem Zustand untrinkbar. Nach der Reinigung wird es deswegen durch eine Kartusche geleitet, wo es, ähnlich wie natürliches Mineralwasser, über Gesteinsschichten Mineralien aufnimmt.

Es gibt derzeit drei verschiedene Geschmacksrichtungen für das Wasser: Eine mit wenigen Mineralien, die neutral schmecken soll. Eine mit vielen Mineralien mit entsprechend viel Eigengeschmack. Und eine mit erhöhtem PH-Wert, was gegen Übersäuerung und beim Detoxen hilft.

Der Nutzer steuert das Gerät über eine App. Dabei kann zum Beispiel die Temperatur geregelt werden und die User sehen, wie lange ihre Mineralien-Kartusche noch hält. Zudem können sie auch gleich über die App nachbestellen.

Was macht Mitte so besonders?

Mitte schreibt sich die Lösung einiger drängender Probleme auf die Fahne. Der Verkauf von Wasser in Plastikflaschen ist ein riesengroßes und weltweites Umweltproblem.

In jeder Minute kaufen Menschen eine Million Plastikflaschen und die Zahlen steigen Jahr für Jahr. Pfandflaschen sind zwar umweltfreundlicher, müssen aber auch transportiert und ausgewaschen werden. Das erzeugt CO2 und verschwendet Wasser.

Mitte bereitet Leitungswasser auf und lässt sich sogar direkt mit den Wasseranschlüssen verbinden. An dieser Stelle könnten man sagen: Das macht doch jeder Sodastream auch und der ist kleiner und viel kostengünstiger als Mitte. Und das stimmt auch, aber da kommt die eigentliche Besonderheit von Mitte ins Spiel.

In Deutschland sind wir zwar stolz auf die Qualität unseres Leitungswassers. Jedoch zeigen Tests, dass auch bei uns noch Schadstoffe enthalten sind.

Laut Mitte hat das Start-up beim Test in seinem Büro, in den drei Prozent Abwasser, das beim Reinigen entsteht, Blei und eine dreimal so hohe Uran-Konzentration gemessen, wie erlaubt sind.

Das liegt an den Wasserleitungen in den Häusern. Das Wasser kann noch so sauber von den Wasserwerken geliefert werden. Wenn es im Haus schon lange keine Leitungserneuerung gegeben hat, wird es eben doch verschmutzt.

Schwermetalle wie eben Blei gelangen so ins Wasser. Außerdem verbreiten sich in Boilern Bakterien wie Legionellen. Auch hierfür können die Wasserwerke nichts.

Und selbst wer neue Wasserleitungen hat, nimmt wahrscheinlich regelmäßig Mikroplastik über das Wasser auf. Mehr als 80 Prozent des Wassers weltweit soll heute bereits damit kontaminiert sein. In Deutschland mit ungefähr 70 Prozent etwas weniger.

Das große Problem ist: Niemand weiß, wie sich das auf unsere Körper auswirkt. Im besten Fall überhaupt nicht. Im schlimmsten werden wir alle nach einiger Zeit schwere gesundheitliche Probleme bekommen. Mitte reinigt das Wasser also auch von Mikroplastik.

Mitte schafft also, was wir selbst in den Industrienationen nicht mehr haben: Wirklich sauberes und sicheres Trinkwasser. Doch das Wasserproblem ist weltweit gesehen natürlich weit drängender als bei uns.

Während wir Angst vor Spätfolgen haben, werden in Entwicklungsländern die Menschen ernsthaft krank. Viele sterben sogar durch verunreinigtes Wasser. Ein Gerät, das absolut sauberes Wasser liefern kann, wäre da eine wünschenswerte Lösung.

Die Gründer geben Entwicklungsländer auch als zukünftige Märkte an. Nicht mit Mitte in seiner jetzigen Form aber als Perspektive.

Schon jetzt arbeitet Mitte mit Water.org zusammen. Für jeden Liter, den Menschen über Mitte trinken, werden zehn Liter in Entwicklungsländern bereitgestellt. Water.org baut zum Beispiel Brunnen und Abwasserinfrastruktur. Damit ist Mitte schon heute ein Teil der Lösung der Wasserproblematik.

Gibt es Kritikpunkte?

Ja, durchaus. In der Anwendung ist Mitte nicht ganz so praktisch, wie es das Steuern per App vermuten lässt. Um einen Liter Wasser zu reinigen, braucht Mitte zwei Stunden. Wer nur destilliertes Wasser benutzt, kommt irgendwann an die Grenzen der Geräts: Der Tank fasst nur 4,5 Liter.

Der wird laufend nachgefüllt – das System arbeitet also ständig. Doch wer einen großen Sechs-Liter-Nudeltopf aufsetzt, hat schon ein Problem und muss doch wieder herkömmliches Wasser nutzen – oder beim Pasta-Essen vorausplanen.

Außerdem ist der Preis natürlich happig. Bei Indiegogo ist ein Retail-Preis von 429 Euro angegeben, inklusive einer Kartusche. Die Kartuschen schlagen nochmal mit 40 bis 50 Euro zu Buche.

Wer also wirklich die drei Geschmacksrichtungen haben möchte, investiert gleich ordentlich. Das gibt Mitte auch einen etwas elitären Anstrich. Schon in Deutschland werden sich das nur Gutverdiener leisten und in ärmeren Ländern, wohl nur die allerwenigsten.

Der Preis relativiert sich allerdings immerhin, weil die Kartuschen entsprechend lange halten: Eine Kartusche mineralisiert rund 400 Liter Wasser. Mitte gibt einen Liter-Preis von ungefähr 10 bis 13 Cent an.

Ein weiteres Problem: Der Energieverbrauch. Wenn man eigentlich schon gesäubertes Wasser nochmal erhitzt, um es dann durch ein Gerät laufen zu lassen, in dem auch noch eine extra dafür produzierte Kartusche steckt, klingt das nicht sehr umweltfreundlich.

Immerhin nutzt Mitte aber die Energie effizient, indem die Energie, die es beim Abkühlen abgibt, auch zum Erwärmen wiederverwendet.

Trotzdem: Die Gründer geben für zwei Stunden einen Energieverbrauch von 0,24 Kilowattstunden pro Liter an. Das ist ungefähr so viel, wie ein Backofen in einer halben Stunde verbraucht.

Das mag noch in Ordnung sein, wenn man nur Wasser zum Trinken benutzt. Aber wer noch damit kochen will, sollte darüber nachdenken.

Fazit

Die Wasserversorgung in der Welt ist wie die Ernährung ein dringendes Problem. Millionen von Menschen haben heute schon keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Eine Technologie, die Wasser an jedem Ort der Erde säubern kann, könnte die Lösung bringen. Das macht Mitte auch so innovativ.

Bis jetzt ist zwar nur die teure Premium-Version in der Entwicklung. Diese wird wohl kaum irgendwann armen indischen Dorfbewohnern sauberes Wasser bringen.

Allerdings ist es auch verständlich, dass Mitte erst einen lukrativen Markt angeht. Wenn dann noch eine einfachere, kostengünstigere Version, vielleicht zum Säubern sehr großer Mengen Wasser entwickelt wird, könnte Mitte vielen Menschen helfen.

Die Kritikpunkte zum Preis und Energieverbrauch lassen sich zwar nicht ganz entkräften, jedoch: Wenn die Alternative eine schwere Krankheit im Alter ist, zumindest zum Teil.

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Über den Autor

Christoph Hausel

Christoph Hausel, studierter Jurist und erfahrener Kommunikationsprofi, ist Co-Owner & Managing Director von ELEMENT C. Zudem steht er zahlreichen Acceleratoren als Mentor und Experte zur Seite: next media accelerator, MediaLab Bayern und Wayra. 2002 gründete er die Kommunikationsagentur ELEMENT C. Damals als reine PR-Agentur konzipiert, fokussiert sich ELEMENT C seit 2005 auf die interdisziplinäre Verknüpfung von PR und Design, um ein langfristiges Markenbewusstsein zu schaffen.