Wirtschaft

Warum wir eine neue Gründerkultur in Deutschland brauchen

High Five, Check, Abklatschen, Gründerkultur
Gründer müssen auch in Deutschland zu ihrem Erfolg stehen können. (Foto Pixabay.com / rawpixel)
geschrieben von Carsten Lexa

Warum wird in den USA oder in Australien so gerne über Erfolge gesprochen und bei uns stets geschwiegen? Ich bin davon überzeugt, dass die Ursache in unserer Mentalität und Gründerkultur verankert ist. Deshalb brauchen wir einen Wandel in Deutschland. 

Ok, die Idee für ein neues Unternehmen ist da. Da man ja so begeistert davon ist, erzählt man praktisch jedem davon, dass man ein Unternehmen gründen wird. Und natürlich hofft man, dass diejenigen, die davon erfahren, nicht nur ebenfalls begeistert sind, sondern einen auch unterstützen und motivieren.

Das kennt man von Blogs und aus Magazinen in den USA. Meistens jedoch machen Gründer in Deutschland andere Erfahrungen. Was ist hier los? Fehlt es womöglich an einer Gründerkultur in Deutschland?


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Zu wenige Unternehmensgründungen

Schaut man sich einmal Statistiken an, dann sieht man, dass es in Deutschland zu wenig Unternehmensgründungen gibt.

Nicht nur die jüngsten IHK-Statistiken zeigen insbesondere einen Rückgang in den Gründungsvorhaben. Bei Befragungen von jungen Menschen gaben diese überwiegend an, lieber eine Festanstellung anzustreben, als es mal mit einer unternehmerischen Tätigkeit zu versuchen.

Einzelne Gründe wie hohe steuerliche Hürden, wenig unbürokratische Förderprogramme oder die Tatsache, dass wenig Frauen und Migranten Unternehmen gründen, tragen zu diesem Befund bei.

Doch hinter diesen einzelnen Schwierigkeiten steckt noch ein viel grundlegenderes Problem: Die fehlende Gründerkultur in Deutschland.

Was ist mit Gründerkultur gemeint?

„Kultur“ bedeutet im Allgemeinen ein System von gemeinsamen Werten, Überzeugungen und Normen einer Gesellschaft. Damit verbunden ist die Erwartung, dass sich die Mitglieder der Gesellschaft entsprechend diesen gemeinsamen Werten und Überzeugungen verhalten.

Eine Gründerkultur schließt insbesondere die Wertschätzung gegenüber Kreativität, die Tolerierung von kreativen Menschen und deren Leistungen sowie die Unterstützung nach Misserfolgen ein.

Weiter gehört dazu der Glaube, dass Innovation und das Nutzen von Marktchancen geeignete Verhaltensweisen sind, mit Problemen wie Wirtschaftswachstum, ökologischen Unsicherheiten oder globalem Wettbewerb umzugehen.

Wirft man unter diesen Maßgaben einen Blick auf Deutschland, ergibt sich meiner Ansicht nach kein gutes Bild. Die Angst vor dem Scheitern ist besonders stark ausgeprägt.

Viele Bevölkerungsgruppen werden als interessante Zielgruppen für Gründerförderungen gar nicht oder nur verhalten angesprochen. Hinzu kommt, dass Erfolg nicht als etwas Erstrebenswertes angesehen wird, sondern als etwas, dass man besser aus Angst vor Neidern nicht öffentlich macht.

Ich bin der Ansicht, dies muss anders werden!

Eine lebendige Gründerkultur ist ein wichtiger Bestandteil des unternehmerischen Umfelds in einem Land und einer Gesellschaft. Dies gilt auch und besonders für Deutschland. Es sollte doch vielmehr unterstützenswert sein, wenn sich (junge) Menschen zu dem Schritt entschließen, eine Idee auszuprobieren und aus der Idee ein Unternehmen machen wollen.

Dass dies auch einschließt, mit der Idee Geld zu verdienen und vielleicht sogar reich und mächtig zu werden – was ist daran verwerflich?

Gründer brauchen Unterstützung!

Wer gründet, sollte Unterstützung bekommen, und zwar so viel wie möglich. Denn Gründer und junge Unternehmer sind nicht nur die Mark Zuckerbergs dieser Welt.

Es sind die vielen Menschen, die sich tagtäglich mit den Problemen herumschlagen, die ihnen um die Ohren gehauen werden. Wir sollten also mehr Menschen ermutigen, ein Unternehmen zu gründen!

Wie kann die Einstellung gegenüber Gründern in Deutschland verbessert werden?

Ich möchte dazu zuerst – sozusagen als Basis – in den Raum werfen, dass die öffentliche Meinung über Unternehmensgründer (und über Unternehmer im Allgemeinen) verbessert werden muss, damit die Unternehmensgründung zu einer erstrebenswerten Möglichkeit für Menschen wird.

Sodann ist die Frage zu stellen, was konkret zu tun ist. Ich hatte das Glück, über die Teilnahme an der SME Assembly der Europäischen Kommission, der G20 Young Entrepreneurs Alliance (G20 YEA) und der B20 mit vielen Leuten aus unterschiedlichen Ländern sprechen zu können und mich mit ihnen auszutauschen.

Meiner Ansicht nach sollten wir uns in Deutschland auf diese drei Bereiche konzentrieren:

1. Den Makel des Scheiterns entfernen!

Ein Unternehmen zu gründen, ist grundsätzlich eine riskante Sache. Wir sollten in Deutschland Unternehmensgründer nicht über Gebühr bestrafen, wenn diese scheitern. Vielmehr sollten die Gründer Unterstützung erfahren – insbesondere in der Öffentlichkeit –, damit sie es mit einer neuen Idee versuchen, wenn sie einmal gescheitert sind.

Mit jedem neuen Versuch lernt man dazu. Und Unternehmer, die wiederholt Unternehmen gründen, haben erwiesenermaßen eine höhere Quote, ein Unternehmen zum Erfolg zu führen, als solche, die zum ersten Mal ein Unternehmen gründen.

2. Die Tür öffnen für derzeit unsichtbare Talente!

Frauen, junge Menschen und Migranten können durch neue, frische Ideen einen gewaltigen Beitrag zur Gründerkultur leisten. Dennoch sind sie in Deutschland in der Unternehmergemeinschaft stark unterrepräsentiert.

Wenn diese Gruppen stärker unterstützt werden, wird die Basis der vorhandenen Unternehmer breiter. Es gibt mehr Menschen, die über ihre Erfahrungen und die Vorteile als Unternehmer sprechen können.

3. Den Erfolg herausstellen!

Erfolg wird in Deutschland nicht gerne herausgestellt – im Gegensatz zu Ländern wie beispielsweise den USA oder Australien. Während man in den USA auf Erfolg stolz ist, führt Erfolg in Deutschland rasch zu Neid.

Hier ist ein Bewusstseinswandel dringend erforderlich. Wenn es gelingt, lokale Vorbilder dazu zu bringen, an Veranstaltungen und Kampagnen als erfolgreiche Unternehmer teilzunehmen und über ihren Erfolg zu sprechen, kann so eine neue Generation von unternehmerischen Talenten inspiriert werden.

Unternehmer sollten dabei die sozialen Vorteile von Unternehmen wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen sowie das insgesamt gestärkte Wirtschaftswachstum herausstellen.

Wenn es dann noch gelingt, dass lokale und überregional agierende Politiker echtes Interesse an Unternehmern zeigen und deren Rolle in der lokalen Gemeinschaft als nachahmenswert herausstellen, kann ein Umdenken in der Bevölkerung erreicht werden.

Wenn ich so darüber nachdenke …

Wäre es nicht erstrebenswert, wenn Gründer mit ihren Ideen auf offene Ohren anstatt auf Unverständnis und Skepsis stoßen würden? Es ist doch schon toll, wenn jemand den Stress auf sich nimmt und seine Idee in die Form eines Unternehmens bringt.

Er oder sie braucht dann nicht noch den emotionalen Stress, den ständige Diskussionen um das „Warum“ und das „Weshalb“ einer Gründung mit sich bringen.

Gründern sage ich deshalb: Wir brauchen mehr von euch! Lasst euch nicht entmutigen!

In den nächsten Folgen werde ich euch dazu ein paar praktische Tipps an die Hand geben, wie eine Gründung abläuft und was getan werden kann, damit sie vielleicht etwas leichter von der Hand geht.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.