Sonstiges Technologie

Leistungsschutzrecht: Google startet Kampagne gegen geplante Gesetzesänderung

geschrieben von Adrian Bolz

Google hat sich am Dienstagmorgen in die Diskussion um eine geplante Gesetzesänderung zum Leistungsschutzrecht eingeschaltet und versucht seitdem Nutzer über die eigene Homepage gegen das Gesetz zu mobilisieren. Auf der Startseite der Suchmaschine wird mit den Worten „Willst Du auch in Zukunft finden, was Du suchst? Mach‘ mit: Verteidige Dein Netz“ auf eine eigens angelegte Kampagnenseite verlinkt.

Hier soll unter anderem ein pathetischer Film dafür sorgen, dass die User eine Petition gegen die Gesetzesänderung unterzeichnen, oder besser noch, ihren Bundestagsabgeordneten kontaktieren und sich bei ihm gegen die Änderung aussprechen. Eine Suchmaske erleichtert dann praktischerweise auch gleich die Suche nach dem zuständigen Volksvertreter.

 

Die Änderung im Urheberrechtsgesetz, die am Donnerstag im Bundestag diskutiert werden soll, sieht vor, Presseverlage künftig an den Gewinnen zu beteiligen, die kommerzielle Anbieter mittels Verlinkung auf einen journalistischen Beitrag eines Pressehauses erzielen. Dabei soll die bloße Verlinkung eines Beitrags, wie schon im „Paperboy-Urteil“ von 2003 entschieden, keine Urheberrechtsverletzung darstellen. Das Urteil zielt demnach primär auf die kleinen Textauszüge ab, die bei einer Google-Suche erscheinen und, entscheidender, auf die Google-Adwords-Werbung, über die das Unternehmen Werbeeinnahmen erzielt. An ebendiesen Einnahmen wollen die Verlage ab sofort beteiligt werden.


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Dass es zu einem Gesetzentwurf gekommen ist, darf wiederum als hervorragende Lobbyarbeit verstanden werden. Dabei will das Gesetz „kein Korrektiv für Strukturveränderungen des Marktes sein, auf die Presseverleger vor allem mit neuen Angeboten reagieren müssen”. Was das Gesetz denn anderes ist, als ein Korrektiv, bleibt fraglich.

Es geht ums Prinzip, nicht um das große Geld

Ich gehe davon aus, dass der Gesetzesentwurf den Bundestag problemlos passieren wird. Nutzen wird es den Verlegern indes kaum. Ein Link auf ein redaktionelles Angebot bleibt, bei meiner Lesart, erlaubt. Die Dachzeile und Überschrift eines Artikels sind für gewöhnlich ausreichend prägnant formuliert, um den Inhalt eines Beitrages ergründen zu können. Würde nach Inkrafttreten des Gesetzes also nur der kurze Textanschnitt eines Artikels bei der Google-Suche („Snippet“) wegfallen müssen, es würde mich und die Mehrheit der User vermutlich nicht weiter stören. Und auch gesetzt den Fall, Google beteiligt die Verlage an den Einnahmen, dürfte der Betrag doch relativ gering ausfallen.

Die Verleger klammern sich derweil an jeden noch so kleinen Strohhalm. Es geht bei dem Urteil mehr ums Prinzip, weniger um das große Geld. Das wird auch nach der Gesetzesänderung nicht auf die Konten der Pressehäuser fließen. Das Problem bleibt das alte: Die Zeitungs-Abonnenten sterben langsam aber sicher aus. Der “Nachwuchs” informiert sich kostenlos im Netz. Die Herstellungskosten für Tablet-Apps überwiegen den Erlös noch bei weitem. Zudem sind die Endgeräte nicht ausreichend verbreitet, als dass diese moderne Rezeptionsform die traditionelle in naher Zukunft ersetzen könnte. Wertige Presseerzeugnisse sollten auch im Web ihren Preis haben. Keine Frage. Und ich bin davon überzeugt, dass Leser einen gut recherchierten Beitrag zu schätzen wissen und bereit sind für selbigen auch zu zahlen.

Gewinne im Web? Nicht ohne Paywall!

Ohne eine zumindest selektive Paywall, wird die Zeitungsbranche im Web aber keine Gewinne erzielen können. Dabei sollten eben jene Beiträge kostenpflichtig sein, die in ihrer Art einzig dem Medium vorbehalten, ausreichend exklusiv und einzigartig sind. Bei einer regionalen Tageszeitung handelt es sich dabei womöglich um den Artikel aus dem Stadtteil und nicht um den überregionalen Einheitsbrei aus der Nachrichtenagentur. Bei Spiegel und Co. um den investigativen Leckerbissen. Wichtig auch: Der Leser darf nicht durch einen unverhältnismäßigen Preis und durch eine lästige Zahlungsabwicklung vergrätzt werden.

Die Verleger werden das neue Gesetz als Sieg zu feiern wissen. Ein ernstzunehmendes neues Geschäftsfeld hat sich damit aber nicht aufgetan. Und Google? Bleibt das Tor zum Web und damit die Online-Weltmacht schlechthin. Dass der Internetkonzern Zeitungsverlage in Belgien nach einem Streit mit den Verlegern kurzerhand nicht mehr in seiner Suche auflistet sowie in Frankreich ein ähnliches Vorgehen angekündigt hat, nehme ich dem Konzern dann aber doch übel. Denn wie heißt es doch bei Google immer so schön: ”Don’t be evil!”

Über den Autor

Adrian Bolz

Adrian Bolz lebt und arbeitet als Online-Redakteur in Köln. Liebt neben den Weiten des Webs auch die Kultur – im weitesten Sinne. Adrian hat von 2012 bis 2013 für BASIC thinking geschrieben.

10 Kommentare

  • Ich stelle mal diese Aussage in Frage:

    „Wertige Presseerzeugnisse sollten auch im Web ihren Preis haben. Keine Frage. Und ich bin davon überzeugt, dass Leser einen gut recherchierten Beitrag zu schätzen wissen und bereit sind für selbigen auch zu zahlen.“

    So lange es jemanden gibt, der mir Infos kostenfrei oder werbefinanziert zur Verfügung stellt, wird es jedes Bezahlangebot schwer haben. Und bislang habe ich noch kein Gebiet gefunden, bei dem ich hätte bezahlen müssen, um an Informationen zu kommen.

  • Ich finde es schon etwas Unverschämt das Verlage und Journalisten hier ein Sonder Leistungs“Schutzgeld“ durch den Staat Erpressen lassen.
    Was ist mit den anderen Berufen welche auch durch das Internet Wegfallen, wie Mitarbeiter im Druckereigewerbe, Zeitungsausträger oder Kioskbesitzer?
    Diese sind qualitativ für die Regierung nicht Relevant, machen aber sicher den größeren Prozentsatz aus, wie bekommen sie nun ihren Lohn von Google, Bing oder Facebook?

  • Ich kann Henric nur zustimmen. Es gibt viele Medien von denen ich meine Infos umsonst bekommt. Dafür wird mit Werbung angezeigt. Die Verlage müssen sich eben was einfallen lassen um Umsätze zu generieren. So wie es jeder von uns machen muss, wenn er Selbstständig ist…

  • n-tv.de wäre eine Alternative.

    Google sollte die deutschen Medien einfach aus dem Suchindex werfen und nach zwei Wochen wär das Gesetz vom Tisch – auf Drängen der Medien.

    Ich bin auch bereit, für journalistische Leistung zu bezahlen. Aber ich kaufe mir keine Zeitung, weil ich 95% davon uninteressant finde.
    Solange die Verlage auf überteuerten Komplettpaketen bestehen – teilweise bekommt man das Internetangebot nur zusammen mit dem Druckwerk – nehme ich es nicht.

  • Es wird eine regelrechte „Schmutzkampange“ gegen Google gefahren von Seiten der Medien.
    Natürlich ist Google kein Unschulslamm nur sind die Anderen in dieser Brange, wie MS sein Bing, Facebook, Apple ect. denn „Anders“ oder gar Besser?
    Google muss wegen der angeblichen Monopolstellung als „Prügelknabe“ herhalten vom Datenschutz bis zu Street View, der Rest zieht dann nach und wird in Ruhe gelassen.
    An fehlenden Datenschutzgesetzen gegenüber Google ect. ist die Regierung selber Schuld wenn sie keine Verabschieden und solche Sondergesetze wie ein LSR verschlimmern die Lage nur, denn Zahlen wird Google kaum etwas aber vermutlich die Blogger in der nächsten Abmahnwelle.
    Das Google nun einmal die beliebteste SM ist, ist ihnen kaum Anzulasten denn eine andere Suchmaschiene oder Internet Dienst zu Nutzen ist im Web kaum schwerer als ein anderes Produkt aus dem Supermarktregal zu nehmen.
    Es käme wohl auch niemand auf die Idee den Marktführer deshalb aus einem Supermarkt Regal zu Verbannen?

  • Sollte das durchgesetzt werden, dann kann es doch sein, dass die Blogs wieder viel interessanter werden könnten. Schließlich stellen wir dann ja weiterhin kostenlosen Content.

  • Das ist ein verdrehter Kampf. Ich moechte icht absprechen, dass Google auch nur Profit machen moechte: allerdings finde ich dass Springer und Co. viel mehr Publicity durch Teaser bekommen. Wenn Google das einschraenkt (wie in Belgien) verlieren die Verlage eine Menge zahlender Kunden, die ohne Google gar nicht auf bestimmte Artikel gekommen waeren.
    Also sehe ich nicht dass das den Verlagen auf Dauer helfen wird.
    Zudem ist es sehr einseitig fuer Verlage, wenn wenigsten noch andere Berufsgruppen oder Branchen davon “profitieren” wuerden, waere die Aenderung ein Stueckweit glaubhafter. So wirkt es wie Lobbyarbeit einzelner Verlaege.
    Tut mir leid, aber dafuer habe ich echt kein Verstaendnis mehr, nachdem die Verlage eine lange Zeit viel Geld gescheffelt haben und nun anscheinend den Startschuss in eine neue Aera verpasst haben oder sich nicht mehr aendern wollen und dies gesetzlich durchdruecken moechten.