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Wer haftet eigentlich bei einer GbR?

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geschrieben von Carsten Lexa

Stell dir vor, du gründest mit einem Partner eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – kurz: „GbR“. Dann macht dein Partner einen Fehler und plötzlich sollst du für den Schaden aufkommen. Klingt gruselig? Ist aber leider kein fiktives Horrorszenario, sondern Realität. Wir verraten dir, worauf du im Hinblick auf die Haftung bei einer GbR achten solltest. 

Die Frage nach der Haftung in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) birgt viele Fallstricke, die oft übersehen werden. Hintergrund ist, dass die GbR eine Art Grundform der Personengesellschaften ist. Und diese Personengesellschaften, zu denen gehören auch die offene Handelsgesellschaft (OHG) oder die Kommanditgesellschaft (KG), zeichnen sich durch das Element der persönlichen Haftung der Gesellschafter aus.

Wer haftet bei einer GbR?

Wie sieht nun die Haftungssituation bei einer GbR aus? In einer GbR haften alle Gesellschafter grundsätzlich gemeinsam und unbeschränkt neben der GbR. Das heißt, dass jeder Gesellschafter nicht nur mit seinem Anteil an der GbR für das haftet, was in der GbR passiert, sondern auch mit seinem gesamten privaten Vermögen.

Im Unterschied zur GmbH, bei der die Haftung für alles, was in der GmbH passiert, auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt ist und die Gesellschafter grundsätzlich keiner Haftung für Verbindlichkeiten der GmbH unterworfen sind, gibt es bei der GbR keine solche Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter.

Der Grundsatz lautet also: jeder Gesellschafter haftet persönlich und solidarisch für die Verbindlichkeiten der GbR. Das bedeutet in der Folge, dass Gläubiger sich an jeden einzelnen Gesellschafter wenden können, um die gesamte Schuld einzufordern.

Es bedeutet im Gegenzug nicht, dass die Gesellschafter nur anteilig haften – bei drei Gesellschaftern also jeder Gesellschafter auf ein Drittel. Wer also in eine GbR eintritt, sollte sich bewusst sein, dass die persönliche Haftung weit über den investierten Anteil hinausgeht und das eigene Privatvermögen betrifft.

GBR: Haftung im Innen- und Außenverhältnis

Verkompliziert wird die Haftungssituation dann noch durch die Unterscheidung zwischen Haftung im Innen- und Außenverhältnis. Bei der Haftung im Innenverhältnis geht es um die Haftung zwischen den Gesellschaftern. Bei der Haftung im Außenverhältnis geht es um die Haftung gegenüber Dritten.

Im Außenverhältnis, also bei Forderungen von Dritten, gilt der Grundsatz der sogenannten gesamtschuldnerischen Haftung, also die persönliche und solidarische Haftung eines jeden Gesellschafters für die gesamte Schuld. Gläubiger können sich an jeden einzelnen Gesellschafter für die gesamte Verbindlichkeit wenden, ohne Rücksicht auf interne Abmachungen der Gesellschafter.

Dies ist die Situation, die am Beginn dieses Artikels von mir geschildert wurde. Dies macht die GbR so risikoträchtig.
Im Innenverhältnis, also im Verhältnis der Gesellschafter untereinander, kann immerhin geregelt werden, wie die Gesellschafter untereinander mit Haftungssituationen umgehen wollen.

So könnten beispielsweise in einer 3-Personen-GbR die Gesellschafter vereinbaren, dass sie intern jeweils nur zu einem Drittel haften. Wenn dann ein Gesellschafter auf die gesamte Summe in Haftung genommen wurde, dann müssen die anderen beiden Gesellschafter diesem den vereinbarten Anteil erstatten.

Diese interne Haftungsverteilungsregelungen können im Gesellschaftsvertrag festgehalten werden. Wie du aber an diesem Beispiel schon merkst, hilft diese interne Regelung nicht für die Haftung gegenüber Dritten.

Beispiel: Wer haftet bei einer GBR?

Ein typisches Beispiel im Rahmen der Haftung ist der Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen der GbR und einer Bank (nach der Personengesellschaftsreform kann nun die GbR selbst einen solchen Vertrag abschließen). Kommt es zu Zahlungsschwierigkeiten bei der Rückzahlung des Darlehens, kann die Bank die volle noch offene Darlehenssumme von jedem einzelnen Gesellschafter fordern.

Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Gesellschafter nur einen kleinen Anteil an der Gesellschaft im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern hat oder es eine interne Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern hinsichtlich der Haftung von Darlehensschulden besteht. Für die Bank zählt nur die gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter.

Ein anderes Beispiel ist die Haftung bei Schäden aufgrund von Nachlässigkeit. Wenn einer der Gesellschafter eine Pflichtverletzung begeht und dadurch Dritte einen Schaden erleiden, haftet die gesamte GbR und damit im Zweifel auch das Privatvermögen aller Gesellschafter diesen Dritten.

Diese Situation kann dazu führen, dass auch unbeteiligte Gesellschafter, also die, die gar nichts gemacht haben, in die Haftung einbezogen werden.

Haftungsänderungen durch das neue Personengesellschaftsrecht?

Im Hinblick auf die Reform des Personengesellschaftsrechts zum 1. Januar 2024 haben sich hinsichtlich der Haftung keine gravierenden Neuerungen ergeben. Die neue Möglichkeit der Eintragung einer GbR im Handelsregister, die vor der Reform nicht möglich war, ändert nichts an der Haftungssituation. Vielmehr wird durch die Eintragung klar, welche Gesellschafter bei einer GbR bestehen.

Darüber hinaus wurden die für die OHG geltenden Regelungen, insbesondere die soggenannte akzessorische Haftung (die oben beschriebene Haftung der Gesellschafter neben der Haftung der OHG) im Handelsgesetzbuch gerade den Regelungen für die GbR im Bürgerlichen Gesetzbuch hinzugefügt, um endlich bei der GbR eine Klarstellung hinsichtlich der Haftung zu erreichen.

Vorverbindlichkeiten und Haftung nach Ausscheiden eines Gesellschafters

Wer in eine GbR als Gesellschafter eintritt, muss aufpassen: er haftet auch für die vor seinem Beitritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich gemeinsam mit den Altgesellschaftern als Gesamtschuldner nach dem oben vorgestellten Grundsatz.

Und auch nach dem Ausscheiden ist ein ehemaliger Gesellschafter nicht vor einer Inanspruchnahme sicher. Denn ausgeschiedene Gesellschafter haften für bis zum Ausscheiden begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn diese Verbindlichkeiten vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

Und noch etwas ist zu beachten: diese fünfjährige Frist beginnt erst, sobald der betroffene Gläubiger von dem Ausscheiden des Gesellschafters Kenntnis erlangt hat oder das Ausscheiden des Gesellschafters im Gesellschaftsregister eingetragen worden ist.

Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter

Damit stellt sich jetzt nur noch die Frage, ob die persönliche Haftung der Gesellschafter in irgendeiner Weise beschränkt werden kann. Als Grundsatz gilt, wie schon oben angesprochen, dass im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, eine solche Beschränkung der Haftung aufgrund von Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern oder aufgrund nur einer Regelung im Gesellschaftsvertrag nicht möglich ist.

Möglich ist jedoch, auch wenn dies keine Wirkung im Außenverhältnis erzeugt, eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, wie untereinander die Haftung verteilt werden soll. So kann zumindest zwischen ihnen eine Beschränkung der Haftung erreicht werden.

Schließlich ist auch noch möglich, mittels Vereinbarung mit einem Dritten eine individuelle Haftungsbeschränkung für einzelne oder alle Gesellschafter zu vereinbaren; dies ist auch möglich im Hinblick auf die Haftung für schon vor dem Eintritt eines neuen Gesellschafters in die GbR entstandene Verbindlichkeiten. Eine solche Haftungsbeschränkung oder ein solcher -ausschluss muss aber ausdrücklich vereinbart werden und hängt somit davon ab, ob der Vertragspartner dem zustimmt.

Fazit

Eine GbR ist im Hinblick auf die Gründung unkompliziert, im Hinblick auf die Haftung birgt sie jedoch erhebliche Risiken. Wen du dich auf eine GbR einlassen und Gesellschafter einer solchen Gesellschaft werden willst – und übrigens: die Ausführungen in diesem Artikel gelten vergleichbar für die OHG -, solltest du die potenziellen Haftungsfolgen kennen. Insbesondere solltest du dich fragen, ob du bereit bist, mit deinem Privatvermögen auch für Handlungen deiner Mitgesellschafter einzustehen.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.

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