Springer-Chef Mathias Döpfner hat angekündigt, die Online-Ausgabe der „Welt“ bis Ende des Jahres kostenpflichtig machen zu wollen und eine Paywall nach dem Vorbild der „New York Times“ (NYT) einzuführen. Weitere Titel sollen im nächsten Jahr folgen. Die Grundidee: Eine begrenzte Anzahl von Artikeln pro Monat kann kostenlos gelesen werden, danach wird der Leser zur Kasse gebeten. Die NYT-Paywall hat jedoch mehrere, wohl bewusst offen gelassene Schlupflöcher. Beispielsweise können Artikel weiterhin kostenfrei gelesen werden, wenn man über einen Link auf sie stößt, was unter anderem den Twitter-Account „Free New York Times“ auf den Plan gerufen hat, jeden Artikel des Blattes zu verlinken.
Hintergrund der Springer-Initiative ist, dass der Verlag im digitalen Bereich weiter wachsen will und Vorstandsvorsitzender Döpfner eher an einen Erfolg einer Paywall glaubt als noch vor ein, zwei Jahren.
Es wird ein interessantes Experiment, wobei der Springer-Verlag Ende 2009 mit der Einführung einer Paywall bei den Online-Ausgaben des „Hamburger Abendblattes“ und der „Berliner Morgenpost“ bereits erste Erfahrungen gemacht hat. Dass nun das Tageszeitungs-Flagschiff nachziehen soll ist zumindest ein mutiger Schritt. Denn obwohl bei den beiden lokalen Nachrichten-Webseiten der befürchtete Rückgang an Visits ausblieb, wurde insbesondere in Berlin die Konkurrenz gestärkt, deren Webseiten-Traffic zum Teil deutlich stieg. Gerüchten zufolge sind zudem die Einnahmen aus den Paywalls nur minimal.
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Eine für die „Welt“ gefährliche Erkenntnis könnte sein, dass die Reichweite nur dann nicht einbricht, wenn man keine starke Konkurrenz hat, wie das im Regionalmarkt Hamburg der Fall ist oder wenn man einen klaren Mehrwert bietet, wie zum Beispiel die beiden Wirtschaftstitel „Financial Times“ und „Wall Street Journal“, die als unverzichtbar für Top-Manager gelten und Erfolgsmeldungen vorweisen können. Beides ist bei der „Welt“ nicht unbedingt der Fall.
Denn schon bei der „New York Times“ wird es schwieriger, den Erfolg der Paywall zu bewerten. Zwar konnte die Zeitung inzwischen mehr als 530.000 digitale Abonnenten für sich gewinnen, doch der digitale Werbeumsatz ist rückläufig, ebenso wie der operative Gewinn. Hinzu kommt, dass sich NYT-Herausgeber Artur Sulzberger immerhin auf zahlreiche Exklusiv-Stories und das internationale Renommee seiner Zeitung berufen kann, wenn er sagt „There is no good journalism for free“. Bei der „Welt“ wird dies – von ein paar Exklusiv-Stories abgesehen – schon etwas schwieriger. Ich kann jedenfalls kaum einen Mehrwert gegenüber anderen überregionalen Tageszeitungen erkennen.
Wie sich die Paywall auf die Umsätze und den Gewinn auswirkt, steht dann noch mal auf einem anderen Blatt. Zwar dürfte den Investoren gefallen, dass zahlende Leser die Abhängigkeit vom volatilen Werbemarkt reduzieren, allerdings müssen diese auch den Reichweitenrückgang von Print und Online auffangen. Springer-Chef Döpfner scheint diese Rechnung schon gemacht zu haben und ist der Auffassung, dass ein zahlender User mehr wert ist als zehn nicht-zahlende User. Nicht nur bei der „Welt“ wird man mit Interesse verfolgen, ob die Rechnung aufgeht.
Bild: Axel Springer