Die bald kommende Version 12.10 der Linux-Distribution Ubuntu wird in der Suche eine „Shopping Lens“ erhalten, in der als erster Suchpartner Amazon integriert sein wird. Diese kurze Nachricht sorgt bei vielen Ubuntu-Nutzern für Verstimmung, während andere die Aufregung nicht verstehen. Gibt man in der Suche einen Begriff ein, zeigt Ubuntu 12.10 auch Produkte von Amazon an. Das betrifft etwa Musikstücke oder Filme. Ubuntu-Anbieter Canonical weist darauf hin, dass man damit Geld verdienen möchte. Kauft jemand etwas bei Amazon, was die Suche ihm anzeigt, generiert Canonical damit Geld über Affiliate.
Das Problem, das viele dabei sähen, sei an die Wand gemalt, schreibt Canonical-Chef Mark Shuttleworth in einem sonderbaren Blogpost. Die Anonymität bleibe gewahrt. Was er genau schreibt, klingt allerdings etwas ünglücklich formuliert:
Deine Anonymität ist gewahrt, denn wir behandeln die Suchanfrage in unserem eigenem Interesse. Ihr vertraut uns nicht? Ähm, wir haben die root-Rechte. Ihr vertraut uns längst eure Daten an. Ihr vertraut bei jedem Update darauf, dass wir eure Kiste nicht kaputt machen. Ihr vertraut Debian, und ihr vertraut weiten Teilen der Open-Source-Gemeinde. Und das wichtigste von allem: Ihr vertraut darauf, dass wir euch darüber informieren, wenn wir Fehler machen – wir sind ja auch nur Menschen.
„Ihr könnt uns vertrauen“, wollte Shuttleworth damit wohl sagen. Er könnte aber auch genau das Gegenteil erreicht haben: Weiß Canonical vielleicht schon viel zu viel über jeden Nutzer? Und soll Ubuntu damit jetzt im großen Stil vermarktet werden? Bislang war die Linux-Distribution kostenlos, die sich bewusst an Einsteiger richtet. Shuttleworth, selbst Internet-Milliardär, steckte Teile seines Privatvermögen in das Projekt und hielt es von Werbung frei. Rund herum baute er mit Cloud-Diensten wie Ubuntu One, den Canonical im Mai 2009 vorstellte, kommerzielle Dienste. Ubuntu selbst allerdings blieb kosten- und werbefrei. Das würde sich mit Shopping Lens ändern.
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Erst der Anfang
Es ist eine Kommerzialisierung auf niedrigster Stufe, aber es ist eine. Sucht etwa ein Nutzer Dokumente aus der Software LibreOffice, werden ihm künftig auch LibreOffice-Bücher vorgeschlagen. Das Feature ist nur in der Ubuntu-Oberfläche Unity enthalten und lässt sich mit einem einfachen Befehl in der Konsole wieder ausschalten. Werbe-Anzeigen soll es auf Ubuntu nicht geben. Künftig sollen aber auch weitere Werbepartner in den Shopping Lenses auftreten. Amazon ist erst der Anfang.
Problematisch ist dabei vor allem die Kommunikation des Ganzen: Shuttleworth ließ Shopping Lens offenbar erst in letzter Minute in die neue Ubuntu-Version integrieren, die im kommenden Monat erscheinen soll. Das geschah zu einem Zeitpunkt, als die Features der neuen Version eigentlich schon final feststanden. Die Open-Soruce-Gemeinde wurde darüber im Vorfeld nicht informiert. Das klingt natürlich nun so, als wollte Shuttleworth sich damit lästige Diskussionen ersparen, die er wohl befürchtet hatte. Ganz klar scheint immer noch nicht, was denn nun mit den Suchdaten passiert. Erhält Amazon damit nun Zugriff auf die Daten der Ubuntu-Nutzer oder nicht? Und was macht Canonical selbst mit diesen Daten?
Durch die Hintertür
Aus produktpolitischer Sicht ist diese Suche dafür eigentlich gar nicht schlecht, da sie vielen Nutzern einen Zusatz bieten kann. Einige fragen sich bereits, warum Apple diese Möglichkeit nicht in die Mac-Suche einbaue oder Microsoft in die Windows-Suche. Marcel Weiss sieht darin die Möglichkeit für Canonical, die eigenen Kompetenzen als Suchanbieter zu verbessern und vielleicht irgendwann einmal als Anbieter einer Websuche aufzutreten.
Trotzdem stößt einigen das negativ auf: Warum dieses Feature durch die Hintertür? Warum überhaupt das System auf diese Art und Weise kommerzialisieren? Warum dann nicht lieber ein paar Euro oder Dollar pro Lizenz verlangen, um Ubuntu zu finanzieren? Das ganze jedenfalls ist ein Lehrstück und jedem sollte es klar sein, wenn er kostenlose Software oder Webservices verwendet oder wenn sein bisheriges Betriebssystem immer billiger wird: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Anbieter damit Geld verdienen wollen. Und wenn es kostenlos bleiben soll, geschieht das seltenst mit Methoden, die langjährigen Nutzern gefallen. Twitter und Facebook sind die besten Beispiele dafür: Umsonst ist gar nichts. Auf irgendeine Art und Weise zahlt man früher oder später immer.
(Screenshot: Jono Bacon)