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Der Fall Pawel Durow: Das Internet spielt Richter – doch Gerichte entscheiden

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Telegram
geschrieben von Fabian Peters

Telegram-Chef Pawel Durow wurde in Frankreich verhaftet. Der Grund: Er soll zu wenig gegen illegale Inhalte und kriminelle Machenschaften auf der Plattform unternommen haben. Doch der Fall wirft viele Fragen auf. Sowohl eine Instrumentalisierung als auch Vorverurteilung sind deshalb fehl am Platz. Ein Kommentar.  

Telegram-Gründer Pawel Durow wurde am Samstag, den 24. August 2024, am Flughafen Le Bourget in der Nähe von Paris festgenommen. Das hatte zuerst der französische Fernsehsender TF1 unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet.

Demnach wurde Durow in Frankreich per Haftbefehl gesucht. Der Vorwurf: Er habe zu wenig gegen illegale Inhalte und kriminelle Machenschaften auf Telegram unternommen. Damit soll er sich mitschuldig gemacht haben – an Drogenhandel, Betrug, Kindesmissbrauch, Geldwäsche und Gewaltaufrufen.


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Viel Unklarheit im Fall Pawel Durow

Zugegeben: Die Vorwürfe wiegen schwer. Doch ob sie zutreffen, sollte zunächst einmal außer Frage stehen. Denn das müssen und sollen Gerichte entscheiden – zumal der Fall viele Fragen aufwirft. Sowohl eine Vorverurteilung als auch eine Instrumentalisierung sind deshalb absolut fehl am Platz. Dennoch tobt im Netz und in den sozialen Medien bereits der Mob.

Während die einen sich schon die Hände reiben und Pawel Durow bei Brot und Wasser in einer Gefängniszelle schmoren sehen, beschwören die anderen einen Komplott herbei und brüllen laut „Zensur“. So auch Trollkönig Elon Musk, der natürlich auch seinen Senf dazugeben musste.

Auf X (ehemals Twitter) veröffentlichte er kurzerhand ein regelrechtes Feuerwerk an Beiträgen. Dort bezeichnet er die Festnahme von Pawel Durow etwa als „ungerecht“ und als „großen Schlag gegen die Meinungsfreiheit“. Außerdem teilte er ein Video, in dem Durow Musk lobt – mit dem Hashtag #FreePavel. Fakten und Beweise? Fehlanzeige!

Pawel Durow hat sein Heimatland Russland zwar bereits vor geraumer Zeit verlassen, da er im Konflikt mit den russischen Behörden stand. Doch ausgerechnet Moskau will dem Telegram-Chef nun beistehen – offenbar nicht ganz uneigennützig. Denn auch der russische Propagandaapparat ist dafür bekannt, Stimmungsmache zu betreiben – in dem Fall gegen „den Westen“.

Was viele nicht wissen, dabei jedoch nicht vergessen sollten: Pawel Durow besitzt neben der russischen Staatsangehörigkeit auch einen französischen Pass. Die Justiziabilität ist also grundsätzlich gewährleistet – auch wenn Telegram sämtliche Vorwürfe abstreitet.

Pawel Durow: Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen

Der rechte Mob tobt dennoch und betreibt plumpe Stimmungsmache, die einer unsäglichen Instrumentalisierung des Falls gleichkommt. Fakt hingegen ist, dass Drogenhandel, Betrug, Kindesmissbrauch, Geldwäsche und Gewaltaufrufe auf Telegram leider fast schon an der Tagesordnung sind.

Ob sich Pawel Durow daran mitschuldig gemacht hat, werden nun Gerichte entscheiden – und zwar anhand von Fakten und Beweisen. Statt selbst Richter zu spielen, täten viel Nutzer in den Social Media deshalb gut daran, unvoreingenommener sein sein.

Dabei gilt zunächst einmal die Unschuldsvermutung – auch für Pawel Durow, der sich selbst gerne inszeniert – vor allem als Verfechter einer absoluten Meinungsfreiheit. Doch was viele offenbar ebenso schnell zu vergessen scheinen: Auch die Meinungsfreiheit kennt Grenzen. Beispielsweise wenn andere Rechte und Gesetze betroffen sind. Meinungsfreiheit bedeutet außerdem Verantwortung. Das gilt für Pawel Durow wie Elon Musk, die vor dem Gesetz keine Narrenfreiheit genießen sollten.

Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt. 

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Über den Autor

Fabian Peters

Fabian Peters ist seit Januar 2022 Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Redakteur und freier Autor tätig. Er studierte Germanistik & Politikwissenschaft an der Universität Kassel (Bachelor) und Medienwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (Master).

2 Kommentare

  • Ich finde es schon erstaunlich, wenn europäische Gerichte sich anmaßen, dass Internetdienstleister in aller Welt sich an die Gesetze Europas halten müssen. Ist das nicht auch eine Form des Neoimperialismus? Egal ob ich gerade die betreffenden Gesetze für berechtigt halte oder nicht.

    Das nur „Rechte“ telegram (aus)nutzen würden, ist auch wieder so ein Mythos, der hinterfragenswert ist ebenso wie die strikte Einteilung der Welt in Freunde und Feinde. Das war doch die grundlegende Denkfigur des …?

    Wie schnell mensch im abeblich „freien Menchen“ zum (Staats)Feind erklärt, deutet das vielliecht doch nicht auf eine Demokratie- und Menschenrechtsdefizit hin?

    In Zukunft werden immer mehr Menschen und Firmen Europa meiden müssen ebenso wie die USA. Der globale Süden, BRICS+ usw. wird es letzten Endes freuen, wenn der imperiale Norden sich in seine Festung zurück zieht.

    • Lieber Martin Mair,

      vielen Dank für diesen Kommentar. Mir erscheint es allerdings wenig erstaunlich, dass sich Unternehmen für Dienstleistungen und Angebote in Ländern verantworten müssen, in denen sie diese auch anbieten – unabhängig vom Unternehmenssitz. Finden Sie nicht auch?

      Herzliche Grüße

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