Wirtschaft

Endlich kommt ein neues Gesetz gegen den Missbrauch von Abmahnungen

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Wer mit Abmahnungen Geld verdienen möchte, hat es in Zukunft schwerer. (Foto: Pixabay.com / Benedikt Geyer)
geschrieben von Carsten Lexa

Der Bundestag hat ein Gesetz gegen den Missbrauch von Abmahnungen beschlossen. Dieses Gesetz erschwert einigen Abmahnanwälten und Wirtschaftsverbänden ihre Arbeit enorm. Klein-Unternehmer und Mittelständler erhalten mehr Schutz. Das ändert sich gesetzlich.

Durch Abmahnungen soll auf ein fehlerhaftes Verhalten hingewiesen und ein Anreiz zur Korrektur gegeben werden. Dieser grundsätzlich positive Ansatz wurde in der Vergangenheit immer wieder ausgenutzt, um durch Abmahnungen Einnahmen zu generieren.

Durch das „Gesetz gegen den Missbrauch von Abmahnungen“ soll sich dies nun ändern. Der Bundestag hat das Gesetz beschlossen. Wenn nicht noch im weiteren Verfahren Änderungen eingearbeitet werden, wird das Gesetz demnächst ausgefertigt.


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Werfen wir deshalb einen Blick auf die kommenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und deren Folgen.

Neues Gesetz gegen Missbrauch von Abmahnungen

Am 10. September 2020 hat der Bundestag ein Gesetz gegen den Missbrauch von Abmahnungen beschlossen. Dieses hat zum Ziel, den fairen Wettbewerb zu stärken. Dabei soll es nicht darum gehen, die grundsätzliche Möglichkeit einer Abmahnung zu eliminieren.

Hintergrund zur neuen gesetzlichen Lage

Der zu Grunde liegende Gedanke für das Erstellen von Abmahnungen ist es, den fairen und rechtstreuen Wettbewerb zu schützen. Insbesondere mit Blick auf Veröffentlichungen von Unternehmen stellte sich jedoch die Frage, ob es nicht einer Einschränkung der Möglichkeiten einer Abmahnung bedarf.

Denn mit Blick auf die Kosten einer Abmahnung, die kleine und mittelständische Unternehmen zu tragen haben, wurde diskutiert, ob nicht ein Missverhältnis zwischen der „Schwere der Verfehlung durch die fehlerhafte Veröffentlichung“ und den Kosten besteht.

Dabei ist natürlich klar, dass Veröffentlichungen von Unternehmen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen müssen. Die Kunden sollen sich schnell und unkompliziert unter den jeweils gleichen Bedingungen informieren können.

In den vergangenen Jahren hat sich jedoch eine „Industrie“ etabliert, die nach Fehlern im Zusammenhang mit den Kennzeichnungs- und Informationspflichten sucht und diese aufspürt, um dann die Verantwortlichen kostenpflichtig abzumahnen.

Im Fokus des „Geschäftsmodell Abmahnung“ stehen speziell kleinere Unternehmen. Für sie entstehen finanzielle Engpässe oder sogar der Ruin. Denn gerade kleinere Firmen, Einzelunternehmen oder Selbständige kämpfen sich oftmals allein durch den Dschungel der gesetzlichen Veröffentlichungspflichten.

Aus Gründen der Kostenersparnis nehmen sie hierbei keine Hilfe in Anspruch, um sich gegen Abmahnungen zu wehren.

Bei großen, auch im Hinblick auf die rechtliche Beratung gut aufgestellten Unternehmen ergeben sich regelmäßig weniger Probleme.

Zum einen sind ihre Informations- und Kennzeichnungspflichten oftmals aufgrund von entsprechender rechtlicher Beratung korrekt erfüllt. Zum anderen sind ihre Möglichkeiten, sich zu wehren, regelmäßig besser.

Stößt der Abmahnende, der die Abmahnung aus Gründen der Einnahmenerzielung auf begründeten Widerstand, wird die ursprüngliche Forderung regelmäßig nicht weiterbetrieben, weil es dafür lohnendere Ziele gibt.

Unbeabsichtigte Wettbewerbsverzerrung

Als Folge wurde das geschädigt, was eigentlich durch die rechtlich vorgesehene Möglichkeit der Abmahnung geschützt werden sollte – nämlich der faire Wettbewerb. Es kam vielmehr zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung.

Dadurch sind kleinere Unternehmen vom Markt verschwunden. Der Markt verdünnte sich und der Wettbewerb war nachhaltig geschädigt. Die Bundesjustizministerin erklärte nun, dass durch das beschlossene Gesetz dem „Geschäftsmodell Abmahnung“ die Grundlage entzogen werden soll.

Neue Voraussetzungen für Abmahnende

Um überhaupt berechtigt zu sein, eine Abmahnung aussprechen zu dürfen, muss nun nach dem neuen Gesetz der abmahnende „Mitbewerber“ auch tatsächlich geschäftlich tätig sein. Außerdem muss er in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben.

Ferner muss es dies auch nachweisen.

Dadurch schließt man beispielsweise Mitbewerber aus, die bereits insolvent sind und gar nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen. Auch Wirtschaftsverbände, die sich bisher nur gegründet haben, um Abmahnungen verschicken zu können, fallen unter diese Regelung.

Beseitigung finanzieller Anreize

Darüber hinaus geht es auch um die Möglichkeit der Einnahmenerzielung. Der Kostenerstattungsanspruch des Abmahnenden wird eingeschränkt.

Bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflicht in Telemedien – wie zum Beispiel der Impressumspflicht oder der Widerrufsbelehrung – ist ein Ersatz auf Erstattung der Aufwendungen für den Abmahnenden jetzt ausgeschlossen.

Liegt ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor, gilt der Kostenerstattungsausschluss für Unternehmen und gewerblich tätige Vereine, die in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

Auch die Höhe der Vertragsstrafe ist zukünftig bei einer erstmaligen Abmahnung begrenzt. In einfach gelagerten Fällen liegt die Vertragsstrafe vermutlich bei maximal 1.000 Euro.

Änderungen beim Ort des Gerichtsverfahrens

Bisher konnte sich in der Regel der Abmahner den Ort der Gerichtsverhandlung – also den Gerichtsstand – aussuchen. Grund war, dass die Auswirkungen beispielsweise eines fehlerhaften Impressums, in ganz Deutschland erlebbar waren.

Eine entsprechende Klage konnte deshalb beim für den Abmahnenden zuständigen Gericht erhoben werden. Das hat zur Folge, dass unter Umständen hohe Reisekosten für den Abgemahnten entstanden sind.

Durch das neue Gesetz gilt bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr nun einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Abgemahnten.

Erleichterungen bei den Gegenansprüchen des Abgemahnten

Darüber hinaus erhält der Abgemahnte noch ein Mittel an die Hand, das dann zum Tragen kommt, wenn die Abmahnung unberechtigt war. Denn dann bekommt er einen Gegenanspruch zugesprochen. Hierfür ist es ausreichend, dass kein Rechtsverstoß vorlag oder die Abmahnung nicht den formalen Anforderungen genügte.

Weiter können die betroffenen Abgemahnten missbräuchliche Abmahnungen durch die Schaffung mehrerer Regelbeispiele für missbräuchliche Abmahnungen im Gesetz nun leichter darlegen.

Dies hat zur Folge haben, dass die Abmahner die Berechtigung einer Abmahnung in jedem Einzelfall sorgfältig prüfen müssen, um ihr eigenes finanzielles Risiko zu minimieren.

Kritik am neuen Gesetz

Wie so oft bei neuen Gesetzen gibt es auch bei diesem Kritik.

So wird zum einen angeführt, dass sich Verbände, die extra zum Zweck der Durchführung von Abmahnungen gebildet wurden und gebildet werden, zwar nunmehr beim Bundesamt für Justiz (BfJ) als sogenannter „qualifizierter Wirtschaftsverband“ bewerben müssen.

Die Voraussetzungen für eine solche Qualifizierung sind jedoch so niedrig angesetzt, dass diese Hürde wohl leicht zu nehmen ist. Darüber merken die Kritiker an, dass auch die reduzierte Deckelung bei 1.000 Euro bei Massenabmahnungen immer noch Begehrlichkeiten wecken kann.

Fazit zum Missbrauch von Abmahnungen

Abmahnungen stellen ein wirksames Mittel dar, um für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Das gewerbsmäßige Betreiben von Abmahnungen geht jedoch über den ursprünglichen Sinn hinaus. Die neue gesetzliche Lage versucht Abmahnungen wieder auf das zurückzuführen, für das sie ursprünglich vorgesehen waren.

Ob das gelingt, zeigt die Zukunft. Für kleine und mittelständische Unternehmen hat sich zumindest das Risiko von kostenpflichtigen Abmahnungen reduziert. Das heißt natürlich nicht, dass dadurch gesetzliche Vorgaben nicht einzuhalten sind.

Jedoch sollte beachtet werden, dass deutsche Unternehmen grundsätzlich gesetzestreu sind. Sie verdienen einen Vertrauensvorsprung und nicht gleich die Peitsche der mit hohen Kosten verbundenen Abmahnung.

Co-Autorin: Rechtsanwältin Friederike Ebert

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.