Die Foldables des vergangenen Jahres waren mehr oder weniger Prototypen – sowohl Huawei als auch Samsung haben faltbare Smartphones auf den Markt gebracht, bevor die Technologie wirklich serienreif war. Jetzt geht der Foldable-Wettlauf in die zweite Runde und wir stellen uns die Frage, wie sinnvoll das Huawei Mate Xs wirklich ist.
Das Huawei Mate Xs unterscheidet sich kaum vom Mate X. Es ist im Grunde ein Huawei P30 Pro mit stärkerem Prozessor, mehr Speicherplatz und faltbarem Display. Unter der Haube kommt wie beim Mate 30 Pro nun der Kirin 990 zum Einsatz, beim Arbeitsspeicher bleibt es bei 8 GB RAM und der Flash-Speicher fällt nun mit 512 GB größer aus. Beim Akku sind wir jetzt bei einer Kapazität von 4.500 mAh angekommen, die man angesichts des 8 Zoll großen Displays (2480 x 2200 Pixel) aber eben auch braucht.
Das Mate Xs hat ebenfalls eine Leica Quad Camera — 40 MP (Weitwinkelkamera, f/1.8) + 16 MP (Ultra Weitwinkelkamera, f/2.2) + 8 MP (Telefoto-Kamera, f/2.4, OIS), HUAWEI Time-of-Flight (TOF) — an Bord und ist im Gegensatz zum P30 Pro 5G-tauglich. Letzteres mag aktuell noch nicht spannend sein, macht es dadurch aber zukunftssicher(er).
Bezüglich des Akkus und der 5G-Technologie konnte sich Huawei bei seinem Event übrigens ein paar Seitenhiebe auf die Konkurrenz nicht verkneifen. So ließ man uns wissen, dass der Akku des Mate Xs nicht nur größer ist als der beim Samsung Galaxy Fold 5G, sondern auch deutlich schneller geladen werden kann: Während beim Huawei-Gerät innerhalb von 30 Minuten wieder 80 Prozent auf der Anzeige steht, ist das Samsung-Produkt im selben Zeitraum nicht einmal halb voll geladen.
Das Design ist identisch zu dem des Mate X – nur was die Lücken und das Finish angeht hat Huawei nachgebessert, um das Gerät robuster zu machen. Im Vergleich zum Vorgängermodell ist das Mate Xs ein deutlich marktreiferes Foldable.
Auf dem Gerät läuft reines Android, zudem natürlich Huaweis eigene EMUI 10-Oberfläche. Google-Dienste inklusive Play Store fehlen auch hier, die müsstet ihr euch selbst installieren, Handelsembargo sei Dank. Huawei setzt daher auf seine Huawei Mobile Services (HMS), um die Google-Dienste zu ersetzen, Apps findet ihr in Huaweis App Gallery.
Um es kurz zu machen, ja, die Veröffentlichung von Huaweis zweitem Foldable ist sinnvoll. Mit dem Mate Xs hat der Hersteller schließlich einige schwerwiegende Hardware- und Designfehler des Vorgängermodells beseitigt.
Trotzdem stellt sich einem die Frage:
Wer braucht bzw. möchte überhaupt ein faltbares Smartphone?
Der größte Vorteil eines Foldable ist, dass es leichter in die Hosentasche passt. Das größere Display ermöglicht besseres Multitasking und soll die Verwendung des Geräts grundlegend verändern. Dem will ich nicht widersprechen, doch der Nachteil ist, dass Foldables im Moment einfach riesig sind. Ein weiteres Problem sind die beweglichen Teile, die dazu führen, dass Foldables zerbrechlicher sind als herkömmliche Smartphones – auch die flexiblen Displays sind noch nicht robust genug. An der Software mag es zwar auch noch etwas mangeln, doch die wird sich schnell weiterentwickeln – ich mache mir nur Sorgen, was die Hardware angeht.
Smartphones sind bereits seit einigen Jahren ausgesprochen gut, viele Käufer steigen deshalb nur noch alle paar Jahre auf ein neueres Modell um. Mit den faltbaren Smartphones haben die Hersteller einen neuen Weg gefunden, um Käufer zur Kasse zu bitten. Und es scheint als würden die Hersteller nun damit beginnen, den Markt mit Foldables zu fluten – so wurden kürzlich das Samsung Galaxy Z Flip (1380 USD) und das Lenovo Motorola Razr (1500 USD) vorgestellt.
Ich war von Anfang an nur wenig begeistert von den faltbaren Smartphones. Irgendetwas stimmt einfach nicht. Ich kann verstehen, dass die Hersteller neuartige Designs testen möchten und dass die Geräte zum Teil ein Ergebnis von Kundenumfragen sind, die in der Vergangenheit zu größeren Displays und Akkus sowie besseren Kameras geführt haben. Aber das waren wenigstens Dinge, die die meisten Käufer wirklich wollten.
Faltbare Smartphones sind jedoch etwas, das sich die meisten von uns nicht gewünscht haben.
Foldables sind groß und zerbrechlich. Trotz des robusteren Designs lässt sich das Huawei Mate Xs relativ leicht beschädigen. Das Design ist zwar großartig – das Display befindet sich im zugeklappten Zustand auf der Außenseite des Geräts – aber genau das macht es anfällig für Beschädigungen.
Das Galaxy Z Flip ist zumindest in der Theorie robuster, denn das Display ist im zugeklappten Zustand immerhin geschützt. Doch wer beim SMS-Schreiben plötzlich stolpert, hat möglicherweise schnell ein Problem. Außerdem habe ich Bedenken, was die Haltbarkeit angeht. Als das Motorola Razr von CNET im Stresstest einen Defekt erlitt, behauptete der Hersteller, CNET hätte das Scharnier zu stark belastet.
Da hat sich Motorola wohl eine Scheibe von Apple abgeschnitten – doch anstatt darauf zu achten, das Gerät richtig zu halten, sollen die Tester das Gerät wohl richtig falten.
Im Vergleich zu randlosen Displays ist außerdem die Falte im Display kein schöner Anblick. Viele Leute behaupten zwar, man würde sie nicht bemerken, doch mir ist sie unschön aufgefallen. Klar, ich könnte wohl darüber hinwegsehen, würde ich andere Leute mit meinem coolen Foldable beeindrucken wollen – doch in diese Kategorie gehöre ich offensichtlich nicht.
Was können wir im Jahr 2020 in Sachen Foldables erwarten?
Ob Foldables schon 2020 zum Erfolg werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Doch zumindest in ein paar Jahren dürfen die Geräte günstiger und vor allem robuster sein und damit dann auch spannender für Smartphone-Nutzer werden. Aktuell dürfte vor allem der hohe Preis die Interessenten meistens noch von einem Erwerb abhalten — apropos Preis: Den hat Huawei für sein neues Foldable natürlich auch heute verkündet. Für das Huawei Mate Xs werden schlappe 2 499 Euro aufgerufen!
Aber würdet ihr noch warten wollen, bis die Geräte robuster und preiswerter sind? Hättet ihr dann noch Interesse am Kauf eines Foldables?