Auf Udo Lindenbergs aktuellem Unplugged-Album schmettert Jan Delay zusammen mit dem alten Hasen einen bunten Mix aus „Reeperbahn“ und Everlasts „What it’s like“ aufs Parkett. Auf die Musikindustrie ist der Hamburger derweil weniger gut zu sprechen. Das liest sich so in einem Text, den der Musiker gestern veröffentlichte und der sich wie ein Lauffeuer über Facebook und Google Plus verbreitete.
Jan Delay kritisiert darin in ungewohnt scharfer Form den Abmahnwahn gegen Raubkopierer und das Geschäft, das sich daraus für die Musikindustrie und zwielichtige Anwälte ergebe. Mehr noch, er fordert die Leute auf, weiterhin illegal Songs zu saugen, aber kein Peer 2 Peer dabei zu verwenden, damit man sie nicht erwischen könne. Die Künstler, die sie selbst schätzen, sollten die Hörer hingegen unterstützen.
[Update, 25.11.] Delay hat sich in epischer Breite noch einmal auf Google Plus zu Wort gemeldet und dort – mit Verlaub – ziemlich viel Mumpitz erzählt. Er habe die Leute nicht dazu aufrufen wollen, sich Musik illegal zu saugen, er habe nur gemeint, sie sollten sich dabei nicht erwischen lassen. Dass sein eigenes Label auch für ihn Kopierer abgemahnt habe, habe er nicht gewusst. Das Geld wolle er aber spenden. Ferner schlägt er alternative Einnahmemöglichkeiten für Künstler vor, wie eine Art „Musiksteuer“ für jedes Gerät, das Musik abspielen kann. (Gibt’s schon!) Ich fürchte langsam, auch wenn er mit einigen Dingen Recht hat, hat der Mann wenig Ahnung von dem, was er da erzählt. [/Update]
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„Das sind alles miese Schweine“
Vernachlässigt mal für einen Moment alles, was ihr über Groß- und Kleinschreibung gelernt habt und lest, was Delay im Wortlaut zu sagen hat:
mal n paar harte zahlen und fakten: im letzten jahr hat es 800.000 (!) abmahnungsverfahren wg. illegalen downloads gegeben. heißt: windige anwälte beschäftigen billiglöhner, die den ganzen tag nix anderes tun als ip-adressen von illegalen saugern aufzuschreiben um diese mit einem bußgeldbescheid von durchschnittlich 1500 euro abzumahnen und mit Gerichtsverfahren zu drohen falls nicht gezahlt wird. heraus kommt das stolze sümmchen von 1,2 Milliarden (!!), welches unter den anwälten und den plattenfirmen gesplittet wird. die künstler sehen davon nix! das sind alles miese schweine!! saugt bitte alle ruhig weiter, und lasst euch nicht erwischen! kein peer 2 peer!! und wenn es Künstler gibt, die ihr schätzt und die sich den arsch aufreißen um gute platten zu machen: bitte supported sie!!
Unklar ist, woher Delay diese Zahlen hat. Wenn sie stimmen, muss es Insider-Wissen sein, ich konnte sie nirgendwo verifizieren. Bekannt ist auch noch nicht, was Delays Label Vertigo dazu sagt, das zu Universal gehört. Zur Stunde geht dort niemand ans Telefon. Gleich der erste Kommentator unter Delays Google-Plus-Eintrag, Martin Weber, weist darauf hin, dass auch Delays eigene Musik im Auftrag von Universal von einer Kanzlei abgemahnt werde. Dass die Kanzlei Rasch Nutzer abmahnt, die Delays Album „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ illegal geladen haben, ist seit 2009 bekannt. In seinem Song „Oh Johnny“ rappt Delay noch ironisch: „Ey geh ins Netz, saug dieses Lied. Von mir aus saug alle Songs, die es gibt.“ Diesmal scheint er es ernster zu meinen.
Abmahnungen sind in der Tat eine Schande, Raubkopien aber auch. Irgendwie hatte man gehofft, dass beides durch Musikabos oder einer „Generalamnestie“ wie Apples iTunes Match bald der Vergangenheit angehören würde. Aber bis dahin ist es wohl noch ein weiter Weg.
(Jürgen Vielmeier, Bilder: sushi“™¥ina (CC), Vertigo)