Der Zeitpunkt war eigentlich günstig gewählt: Facebook steht derzeit wegen seiner umstrittenen Datenschutzproblematik in der Kritik wie schon lange nicht mehr. Und zeitgleich wollen die VZ-Netzwerke wieder aufleben, die sich Datenschutz auf die Fahnen geschrieben haben. Am Mittwochabend fiel dann endlich der Startschuss für den Relaunch. Nicht alle Nutzer konnten gleichzeitig rein, für einige dauerte es bis gestern Vormittag. Und jetzt?
Jetzt sind die VZs also wieder gestartet. Das Design wirkt aufgeräumter, moderner, aber es ist noch vieles unvollendet. Und diese unfertige Bude, die erst noch renoviert werden muss, wird in den kommenden Monaten – wie geplant – zum Standard werden. Die Nutzer, so der Plan, sollen mithelfen, die drei Netzwerke Schueler-, Studi- und FreundeVZ nach ihren Wünschen zu gestalten. Dafür haben die VZs über ein Jahr lang die Strukturen geschaffen. Nur: Welche Nutzer? Heute Vormittag hatte ich denn auch endlich Gelegenheit, mir das neue FreundeVZ einmal anzuschauen. Es wirkt wie die Stunde Null der Bundesrepublik: Das Land liegt in Trümmern und viele alte Bekannte sind nicht mehr. Die, die noch da sind, müssen jetzt also die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken, um das VZ wieder aufzubauen. Nun ja, müssen sie?
Es kommt darauf an, ob noch jemand da ist
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Müssen sie nicht. Denn sie haben ja Alternativen. Facebook und Google sind nicht gerade Heilige, was das Geschäft mit Nutzerdaten angeht, aber ihre Netzwerke sind technisch einfach weiter als die der VZs. Und sie wirken lebendiger. Wie viele von denen, die jetzt „Datenschutz“ schreien, kehren Facebook letztendlich wirklich den Rücken? In meinem Beitrag am Dienstag über den VZ-Relaunch schrieb ich, die VZs hätten noch knapp 10 Millionen Nutzer, aber nur noch einige hunderttausend wären aktiv. Die VZs beeilten sich, mir mitzuteilen, dass es laut AGOF insgesamt 16 Millionen angemeldete Nutzer und 9,8 Millionen aktive Nutzer seien.
Eigentlich müßig, darüber zu streiten, denn es geht schlicht und ergreifend darum, was vom alten Freundeskreis noch übrig ist: zur Zeit ein Scherbenhaufen. Von meinen ursprünglich über 250 „Freunden“ dort, sind nur noch 75 geblieben. Einer davon scheint das neue VZ schon einmal ausprobiert zu haben, die restlichen Änderungseinträge sind Wochen oder gar Monate alt. Einige der Fantasie-Namen dort kann ich keiner Person mehr zuordnen. Die neueste Nachricht in meinem Posteingang ist von „Gelöschte Person“ und trägt den Titel „Ich bin dann mal weg“. Ich habe versucht, ein bisschen aufzuräumen, mein Profil zu bearbeiten. Ich habe eine Statusmeldung mit einem Video verschickt, das man kommentieren, aber nicht liken kann, und ich habe einigen alten Freunden eine Nachricht geschickt. Mein Profil ließ sich über das neue System noch nicht bearbeiten und schickte mich dann zu einer englischsprachigen Seite.
Eine Trümmerlandschaft
Das neue Veranstaltungsfeature ist noch nicht fertig, auch die Privatsphäre lässt sich über das neue Design noch nicht einstellen. Ironischerweise lädt auch die neue Bewertungsmatrix sehr langsam oder manchmal gar nicht. Was ich mir dort noch wünschen würde, ist eine Möglichkeit, Vorschläge in Textform einzugeben. Auch das fehlt noch. Keine Panik eigentlich? Genau das haben die VZs ja angekündigt: das Neue kommt nach und nach. Es wird Monate dauern, bis das Netzwerk wieder ganz fertig ist.
Die Frage ist aber, wer denn eigentlich mithelfen soll, sie wieder aufzubauen. Die leichte Mehrheit der Kommentare zu meinem Beitrag vom Dienstag hält den Relaunch ganz einfach für zu spät. Man sei nicht mehr dort und werde jetzt auch ganz sicher keine Lust mehr haben, ein unfertiges Netzwerk zu nutzen, so der Tenor. Wer zu Facebook abgewandert ist, werde nicht wiederkommen, sagte mir VZ-Chef Clemens Riedl am Montag bei unserem Gespräch. Man müsse sich auf diejenigen konzentrieren, die noch da seien. Aber wer bitte ist denn noch da?
Habt ihr nochmal Lust drauf?
Ich finde den Ansatz der Neuprogrammierung und der Nutzerinteraktion gelungen und ich werde tun, was ich kann, um das Netzwerk mit aufzubauen. Nur kommt es mir zumindest im Moment noch so vor, als könnte ich der einzige sein, der das tut. Bisherige Tweets und Blogposts über Nutzer, die das neue VZ ausprobiert haben, sind spätlich gesät. Es ist noch viel zu früh für einen Abgesang, denn jetzt geht es ja eigentlich erst richtig los. Aber zur Stunde scheint es noch kaum jemanden zu interessieren. Die Tragik daran? Ich fragte am Dienstag bei den VZs noch einmal nach, wie es um den Datenschutz der Netze bestellt sei. Die Antwort von einer Sprecherin:
„Auch im neuen VZ halten wir alle datenschutzrechtlichen Anforderungen ein. Alle Features entsprechen den gesetzlichen und selbst auferlegten datenschutzrechtlichen Verpflichtungen. Wir werden alle zukünftigen Features datenschutzkonform ausgestalten, denn die Daten gehören unseren Usern.“
Die User sind trotzdem auf Facebook…
(Jürgen Vielmeier)