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Schnapsidee oder nicht? Paytipper plant eine Bezahlschranke für Blogs


Ich sprach gestern mit Kai-Christian von Bockelberg, „Leiter Customer Service“ bei Paytipper. Demnach plant der Anbieter für Paid-Content-Systeme eine Bezahlschranke für Content-Anbieter, auch für Blogger. Starten wird das Projekt voraussichtlich im Oktober, zu sehen gibt es bislang noch nichts. Spannender fand ich deswegen die Idee, die sich dahinter verbirgt. Normal telefoniere ich mit Unternehmern und Gründern, um sie nach ihren Ideen zu fragen. Aber mein Gespräch mit Bockelberg gestern mündete nach einiger Zeit in eine Grundsatzdiskussion.

Eine Bezahlschranke für Blogs ist etwas, wovor ich grundsätzlich warnen muss. Das bedeutet nicht, dass Blogger und Journalisten mit ihren Angeboten kein Geld verdienen dürfen. Allerdings kenne ich bis heute kein einziges Blog, dessen Inhalte so unersetzlich wären, dass ich dafür bezahlen würde. Wenn ich Mashables Abhandlung über das neueste Dual-Core-Smartphone mit 0,1 Millimeter dünnerem Gehäuse nicht kostenlos bekäme, dann würde ich mir eben die auf The Next Web durchlesen oder einem der 100 anderen Techblogs, die auch darüber schreiben. Und selbst wenn ein Blog eine Bezahlschranke verdient hätte, wäre der Besuch dort immer mit einem Umweg verbunden, den ich nicht bereit wäre zu gehen. Es gibt allerdings Ausnahmen, für die eine Bezahlschranke nicht per se sinnlos wäre.

Es müsste schon etwas Besonderes sein

Etwa, wenn es um Zusatzinfos ginge. Das Blog GigaOM etwa experimentiert schon eine Zeitlang mit einem kostenpflichtigen Premium-Bereich, den es zu den schon sehr guten kostenlosen Inhalten noch obendrauf gibt. Experten aus der Wirtschaft geben hier Analysen und Einschätzungen wieder und stehen für Diskussionen mit den Lesern zur Verfügung. Bockelberg brachte mir gegenüber gestern auch Tutorien ins Spiel. Vielleicht ein Beitrag darüber, wie ich es schaffe, meine Seite für SEO zu optimieren oder wie ich MacOS auf meinem PC installiere. Auch für noch umfangreichere Dossiers würde ich Bezahlschranken nicht gänzlich ablehnen. Ebenso für Webinare, Schulungsmaterial, Romane oder einfach alles, was viel Arbeit kostet und wofür Leser bereit wären, Geld auszugeben.

Es müsste nur etwas sein, was wirklich nachgefragt wird. Und ich würde unbedingt davon abraten, eine ganze Seite kostenpflichtig zu machen, weil dann die Besucher in Scharen wegliefen. Aber einen Premium-Bereich seines Blogs als Extra hinter eine Bezahlschranke stellen? Würde ich heute nicht mehr generell ablehnen. Es müsste nur einfach sein und sich wirklich, wirklich, wirklich lohnen. Und 99,9 Prozent der Blogger würde ich nach wie vor davon abraten.

(Jürgen Vielmeier, Grafik: Paytipper)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

17 Kommentare

  • „unersätzlich“

    > unersättlich | unersetzlich (von [er]setzen)

    Ich persönlich finde das Kokolores. Was man davon hält, weiß man spätestens, wenn man einige male über Google auf ein geschossenes Forum gestoßen ist. Google teasert an, das Forum weist ab („erst nach Anmeldung“). Da bin ich dann ganz schnell wieder weg. Also entweder müsste das System global sein (Gott behüte) oder der User wird sich eine kostenfreie Alternative suchen. Die originären Inhalte, die eine geschlossene Plattform bieten kann, müssen erstmal erfunden werden.
    Noch was ist problematisch: Wer kauft schon gerne die Katze im Sack? Ich habe auch schon jede Menge schlechte Tutorials gesehen.

  • PS: Mindestens genauso groß ist die Hürde für einfaches Micropyment im Netz. Solange sich da nichts durchsetzt, kann mans sowieso vergessen.

  • Könnte mir das nur bei zusätzlichen Infos zu einem Artikel vor stellen, grundsätzlich wird sich solch ein System nicht durchsetzen. Wer einem Blogger für seinen Beitrag danken möchte kann das auch mit einem kleinen Geschenk erkenntlich zeigen.

  • prima wortschöpfung nicht unsinnvoll. wie wäre es mit den altbewährten Worten sinnlos/nutzlos unbrauchbar??? Neue Wörter braucht das deutsche Land ??? wohl eher nicht 😉

  • Wenn dann nur für Zusatzinfos, und da wird es schwer genug Interessenten zu finden, dass es sich lohnt. Nehmen wir mal einen Reise-Blog. Die list man um sich Infos zu Reisezielen zu holen, oder Ideen oder einfach nur um in der Ferne zu schwelgen. Zusatzinfos könnte es da viel geben, aber wer wird dafür bezahlen? Wohl nur die paar, die dann wirklich dort hin wollen.

    Wenn man dann noch überhaupt nennenswerte Einnahmen generieren will, dann müsste man den Preis so hoch festsetzen, dass man die paar Interessenten auch noch verschreckt.

  • @fancyPT @Diotima

    Ja doch, ja doch. 🙂 Wenn man sich den ganzen Tag den Wolf schreibt, leidet schon mal die Sprache. Hab „unersätzlich“ von Ersatz hergeleitet. Knapp daneben… Bei „unsinvoll“ ist der Name in der Tat Programm. Hab’s mal gegen „sinnlos“ getauscht. Merci euch! 🙂

  • Letztlich sind alle Internetnutzer gewohnt, dass fast das ganze Netz gratis ist; wenigstens das geschriebene Wort. Die Netzgemeinde wird sich vermutlich mit Grausen abwenden, und irgendwo anders hinwandern. Einzige mögliche Ausnahme sehe ich im hochgradig exklusiven Bereich – also auf besonders solvente Kunden hin optimierte Webseiten. Aber für Otto Normalverbraucher? Nie und nimmer!

  • Hallo zusammen!

    Vielen Dank für alle Kommentare, Meinungen und den Blog-Beitrag ansich.
    Die Nutzung eines Paywall-Dienstes wie PayTipper ist sicher nicht in allen Bereichen sinnvoll und der Test eines Paywall-Dienstes sollte wohlüberlegt sein.
    Wir werden neue Möglichkeiten anbieten und freuen uns daher auf alle, die sich für Paid-Content/PayWall im Blog-Bereich bzw. allgemein interessieren.
    Unsere FB-Page (s.o.) kann gerne genutzt werden, um über uns, die Thematik und die Entwicklung informiert zu bleiben. Wir sind gespannt auf die Diskussion!

    Einen schönen Abend noch, Kai-Christian

  • also wegen „unsinnvoll“ musste ich auch sehr lachen^^

    Für Blogcontent zu blechen halte ich auch für weniger unsinnlos. Wie im Post ja schon beschrieben gibt es einfach den gleichen Content auf zu vielen Blogs um damit großartigen Profit machen zu können. Außerdem würde eine Preisschlacht beginnen, die uU zu lasten des Contents geht.

    Interessant wäre ein solches System, wenn sich die Community dahingehend verändern würde, dass mit den zusätzlichen Einnahmen auch verbesserter Content geschaffen werden würde. Eine Art Premiumbereich wäre da wirklich zweckmäßig. Die Frage ist allerdings ob das geschehen würde und die generierten Gewinne nicht für die Bereicherung der Inhaber genutzt wird.

  • Also mal angenommen, Blogs würden „Eintritt“ verlangen, hätte das vor allem einen Effekt: man wäre gezwungen, sich bei jedem Blog anzumelden und zu identifizieren und selbst wenn man das wollte, man würde nicht jedes Blog bezahlen wollen.
    Also surft man nicht mehr querbeet durchs Netz, sondern sucht sich aus, wer das Geld wert ist.

    Letztendlich würde vielleicht ein Dutzend Blogs davon profitieren, der Rest geht einfach unter.

  • Nehmen wir mal an dass im Premiumbereich viele Informationen zu finden sind, welche bisher woanders nicht zu finden sind. Wie lange würde es dauern bis irgendwelche Copy Cats diese Informationen auf ihren Blogs verarbeiten und den ganzen Ruhm für die leider dann nicht offensichtlich abgekupferten Arbeit einheimsen?

    Zudem bezahlt man nicht für Dinge die man nicht qualitativ einschätzen kann. Es reichen ja schon die ganzen Ebooks welche auf einigen Seiten gegen relativ viel Geld angeboten werden, deren Inhalte aber nur aus dem Netz abgekupert sind.

  • Das Problem ist & bleibt doch, dass ich letztlich nur für die Informationen ernsthaft Geld verlangen kann, die aufgrund ihrer Exklusivität nur bei mir zu bekommen sind und somit auch für den Leser einen gewissen Mehrwert bedeuten – z.B. für eigene Exklusivmeldungen oder die ein gewaltiges Füllhorn an Informationen beinhalten – eine Art Dossier. Inwiefern dann allerdings noch Aufwand und Ertrag in einem gesunden Verhältnis stehen sei mal dahingestellt. Nicht alles was man dann so „premium“ nennt ist doch sein Geld wert und mit der Klassifizierung als solches noch kein (bezahlender) Leser gewonnen. Aber ich lasse mich gerne auch überraschen.

  • @Tobias: „die aufgrund ihrer Exklusivität nur bei mir zu bekommen sind und somit auch für den Leser einen gewissen Mehrwert bedeuten“

    Stimmt, genau darum geht es! Wiederkäuen bringt nur Kühen einen Mehrwert 🙂

  • Eine totale Schnapsidee – Premium in einen Blog. Ganz ehrlich dann suche ich mir einen anderen Blog – es gibt millionen davon…..

  • Für Content zahlen tun viele – udn kaufen sich jeden Morgen ihre Zeitung am Kiosk. Aber für Meinungen zum Content zu bezahlen … das tut man höchstens am Stammtisch. Udn da bezahlt man nicht die Meinungen, sondern das Bier.
    Blogs sind ja zum Großteil nicht wirklich „Nachrichtenanbieter“, sondern sie kommentieren Nachrichten udn setzen sie ins rechte Licht. Und man bekommt nicht mal ein Bier dazu :).

    Auch wenn es viele Blogs nicht verdient haben, direkt mit Stammtischen verglichen zu werden, so sind sie im Kern doch eher bewerter als Übermittler.

  • Also ich selbst habe mich letztens bei Dirk Müllers cashkurs.de für den Premiummbereich angemeldet und es keine Sekunde bereut. Auch wenn es nicht so wirklich billig ist. Ich fange gerade erst an mich mit der Bloggerszene zu beschäftigen und habe doch schon eine Menge Seiten gefunden, die es wert wären sie zu „bezahlen“. Aber es stimmt natürlich auch, dass man auch ohne Bezahlen unendlich viele gute Inhalte lesen kann. Eins noch: Bezahlschranken stellen doch keinen großen Umweg dar. Das kam so rüber. Aber es ist doch nur eine kleine Passworteingabe. Und die lässt sich mit lastpass oder sowas ja auch optimieren.