Ich bin äußerst kritisch gegenüber Autos und ihrem schockierenden Mangel an solider Konnektivität. Und nach jedem Auto-Event lobe ich die Branche dafür, wie weit sie in dieser relativ kurzen Zeit gekommen ist. Schließlich müssen die Hersteller zahlreiche Sicherheitsstandards berücksichtigen, die sie daran hindern, ebenso schnelle Fortschritte wie die Smartphone-Branche zu machen.
Trotzdem gelten für die Autohersteller meiner Meinung nach die gleichen Standards wie für die Smartphone-Branche – so denkt schließlich auch der Durchschnittsverbraucher. Das Smartphone stellt die Messlatte in Sachen Interaktion und Nützlichkeit dar. Ich gebe aber zu, dass die Smartphone-Branche ein ganzes Jahrzehnt Zeit hatte, um an ihren Produkten zu feilen – zahllose Hersteller arbeiten schon seit Jahren an der Lösung verschiedener Probleme und betreiben eine aggressive Copy-Cat-Kultur, sobald jemand auf iterative Innovation stößt.
Bei der Vorstellung des neuen Mercedes-Benz CLA in Las Vegas geriet ich auf der Ausstellungsfläche in einen Streit mit einem der anwesenden Ingenieure. Vielleicht lag es auch am Koffeinmangel – jedenfalls schrie ich ihn an und bezeichnete die Offline-Funktionen von MBUX als „Hundekacke“. Auch hier möchte ich einräumen, dass ich die Autobranche etwas unfair behandle. Schließlich bewegen sich Autos wesentlich schneller als Smartphones, was die Aufrechterhaltung einer stabilen Mobilfunkverbindung deutlich erschwert. Selbst die Mobilfunkverbindung eines Smartphones ist in einem fahrenden Auto langsamer; aber Verbindungsprobleme, die das Auto selbst betreffen, sind unverzeihlich. Ein Doppelstandard, der aber doch der Wahrheit entspricht.
Dieser Punkt war stets mein Ass im Ärmel, wenn ich über das Thema Konnektivität gesprochen habe. Es spielt keine Rolle, wie groß die Fortschritte der Automobilhersteller sind, sie sind nämlich immer noch nicht auf dem gleichen Niveau wie die Smartphone-Branche.
Jedes Mal, wenn ich jemandem, der eifrig an der Weiterentwicklung eines Infotainmentsystems gearbeitet hat, dieses Argument präsentiere, ist die Antwort ein enttäuschter Blick und ein zustimmendes Nicken. Aber ich habe erkannt, dass ich mit meiner Sichtweise falsch liege.
Autohersteller sollten nicht mit dem Smartphone konkurrieren, sondern stattdessen Wege finden, es in die Fahrzeuge zu integrieren. Es sollte nicht länger das Ziel sein, Autos der Funktionsweise eines Smartphones anzugleichen, sondern sie genauso nützlich wie das Ökosystem zu machen, das von Smartphones bereitgestellt wird.
Autohersteller halten jedoch felsenfest an der Kontrolle über ihre Infotainmentsysteme fest und bieten alle möglichen Features als systemeigene Dienste an. Durchaus verständlich, schließlich möchten sie nicht die Chance verpassen, solche Dienstleistungen in Zukunft zu verkaufen – eine Sache, mit der sich eine ganze Menge Geld verdienen lässt. Solange man sie nicht Google, Alexa oder Siri überlässt, bestimmen die Hersteller, wie die Dienste monetarisiert werden.
Nehmen wir das Smartphone als Beispiel. Natürlich sind Performance, Kamera und Akkulaufzeit wichtige Kriterien, aber es ist klar, dass die Leute nicht süchtig nach der Hardware ihres Smartphones sind, sondern den Apps.
Das ist die Lektion, die Autohersteller von der Smartphone-Branche lernen müssen. Apple ist nach wie vor Marktführer, denn sie verkaufen ein Ökosystem. In Sachen Android profitiert dagegen Google wesentlich stärker vom Ökosystem als die Hersteller.
Es ist alles andere als leicht, ein neues Ökosystem ins Spiel zu bringen; Cortana ist wohl das Paradebeispiel hierfür. Aber mit dem richtigen Ökosystem zu kooperieren, neue Partnerschaften zu schließen und zu nutzen, das könnte der Schlüssel zu den Herzen – und Geldbeuteln – der Nutzer sein.
Seit der CES behalte ich vor allem Alexa und ihre Integration mit BMW im Blick. Von MBUX bin ich zwar immer noch beeindruckt, aber ich wünschte, es wäre Teil von etwas größerem.
Fürs Erste verlassen sich die Hersteller von Luxusautos auf die Auto-Enthusiasten, denen Handling, Geschwindigkeit und Verarbeitungsqualität nach wie vor am wichtigsten sind. Sie verkaufen ihre Produkte an ihre bestehende Kundschaft. Aber als langjährige Smartphone-Testerin kann ich hier gewisse Parallelen ziehen. Ein Großteil der Smartphone-Umsätze wird durch die Perfektionierung einzelner Features wie beispielsweise der Kamera ermöglicht; und diese Features sind nur Werkzeuge für die Apps, die wir tagtäglich nutzen.
Die Zukunft der Mobilität dreht sich nicht um das Auto, sondern die Dienstleistungen. Wenn ich euch frage, wie ihr Uber verwendet, denkt ihr mit Sicherheit zuerst an die App und nicht an das Fahrzeug. Das Auto ist nur ein Teil des Puzzles. Und wer in Zukunft wirklich Profit machen möchte, darf nicht mit dem Smartphone konkurrieren, sondern muss seine Möglichkeiten nutzen.
Der erste Autohersteller, der tatsächlich versteht, wie sich das Ökosystem der Smartphones nutzen lässt, wird auf dem Automobilmarkt die Oberhand gewinnen.