Macht der Lärm von Windrädern krank? Kann der Infraschall der Anlagen Schäden verursachen? Wir machen den Faktencheck rund um Windräder und Lärmbelästigung.
Deutschland will mehr in erneuerbare Energien investieren. Windkraftanlagen könnten einen entscheidenden Beitrag dazu leisten. Doch die Anlagen sind auch umstritten. Eine Sorge, die viele beim Bau von Windrädern haben, ist die Lärmbelästigung.
Welche Art von Lärm erzeugen Windräder?
Windräder erzeugen sowohl einen hörbaren Lärm durch die Rotorblätter als auch Infraschall, der für uns Menschen nicht mehr hörbar ist. Beide Arten von Lärm sollen angeblich gesundheitsschädlich sein. Nur: Wissenschaftliche Belege gibt es dafür nicht.
Neue Stellenangebote
Social – Media Redakteur / Manager / Journalist (m/w/d) Niedersächsischer Fußballverband e.V. in Barsinghausen bei Hannover |
||
Social Media Manager (m/w/d) ViscoTec Pumpen- u. Dosiertechnik GmbH in Töging am Inn |
||
Social Media und Brand Manager (m/w/d NEXTREND GmbH in Flörsheim am Main |
Windräder und Lärmbelästigung durch hörbare Rotorengeräusche
In Deutschland liegt die Lärmobergrenze für Windräder bei 55 Dezibel. Das ist etwa im Bereich eines normalen Gesprächs, einer Nähmaschine oder eines Fernsehers in Zimmerlautstärke. Alles, was oberhalb dieses Wertes liegt, gilt als „laut“ – mit entsprechend negativen Folgen für unsere Gesundheit wie Hörschäden, Kreislaufkrankheiten oder Stress.
Da Windräder aber diese schädlichen Werte nicht erreichen sind sie für uns Menschen nicht störender als der typische Umgebungslärm, den wir im Alltag hören. Das Umweltbundesamt (UBA) sagt im Zusammenhang mit Windrädern dazu:
Nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die in dieser Vorschrift enthaltenen Immissionsrichtwerte nicht überschreitet.
Heißt: Da Windräder den als „unschädlich“ eingestuften Lärmpegel nicht überschreiten, erzeugt der Lärm der Anlagen keine Schäden für Mensch oder Umwelt. Internationale Studien bestätigen dies.
In einer kanadischen Meta-Unersuchung etwa, hat sich ein Team von Wissenschaftler:innen mehrere Studien zu diesem Thema vorgenommen. Das Ergebnis: Keine wissenschaftliche Studie konnte einen Zusammenhang zwischen Windrad-Lärm und Gesundheitsschäden nachweisen.
Infraschall und Windräder
Wie sieht das aber mit Infraschall aus? Der Infraschall bei Windrädern entsteht dadurch, dass Wind an den Rotorblättern vorbeigeht. Infraschall liegt unter der für Menschen hörbaren Grenze von 15 Herz.
Unser Körper blendet diesen Lärm übrigens auch bewusst aus. Andernfalls würden wir beispielsweise ständig unsere Herzfrequenz hören. Und das würde uns viel mehr schaden als ein entferntes Windrad. Entsprechend können Forschende auch bei Infraschall von Windrädern keine schädlichen Folgen für die Gesundheit nachweisen.
Warum bemerken Anwohner:innen trotzdem Symptome? Das hat weniger mit dem eigentlichen Lärm zu tun und mehr mit dem Unterbewusstsein.
Psychologischer Zusammenhang zwischen Windrädern und Lärmbelästigung
Es scheint viel wahrscheinlicher zu sein, dass die Angst vor Gesundheitsproblemen durch Windräder und deren Lärmbelästigung diese verursacht. Hier spielt also die Psyche eine viel größere Rolle als der Lärm selbst.
Eine Studie der University of Auckland hat sich mit der Frage sehr ausführlich beschäftigt und dabei herausgefunden: Je mehr Sorgen Anwohner:innen sich machen und je negativer das Thema in den Medien aufbereitet und im Umfeld diskutiert wurde, desto höher war die Anzahl der Gesundheitsbeschwerden.
Angst und Stress führen zu Gesundheitsschäden
So führt laut Studie oftmals die Sorge um schädliche Auswirkungen von Windrädern selbst dazu, dass Menschen stressbedingt Symptome entwickeln. Auch Berichte von Nachbar:innen können dazu führen, dass Anwohner:innen plötzlich selbst Symptome feststellen.
Dieser Effekt wird auch „Windturbinen-Syndrom“ genannt. Der wissenschaftliche Ausdruck für das psychologische Phänomen ist Nocebo-Effekt. Analog zum Placebo-Effekt, führen beim Nocebo-Effekt negative Erwartungen dazu, dass unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden negativ beeinträchtigt werden.
Es kann auch sein, dass es ganz andere Ursachen für bestimmte Symptome gibt (etwa, dass wir schlechter schlafen, weil wir zu wenig Sport machen), diese aber fälschlicherweise den Windrädern zugeschrieben werden.
Medienberichte zu Windrädern und Lärmbelästigung als Verstärker
Die Studie zeigt auch, dass eine negative öffentliche Debatte zum Lärm von Windrädern den Gesundheitszustand beeinflussen kann.
In einer Region voller Windräder in Australien, in der es keinerlei negative Presse zum Thema gab, gab es beispielsweise auch keinerlei Gesundheitsbeschwerden. In einer anderen Region im Land wiederum, in der das Thema negativ in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, beschwerten sich viele Anwohner:innen über Symptome. Und das, obwohl es dort viel weniger Windkraftanlagen gab.
Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler:innen feststellen, dass es bis 2009 in Australien so gut wie keine Gesundheitsbeschwerden über Windräder gab. Ab 2009 wurde das Thema in der Öffentlichkeit aufgegriffen und (nicht belegte) Thesen zur Lärmbelästigung in den Raum gestellt. Seitdem gibt es auch mehr Beschwerden.
Das heißt nicht, dass die Menschen keine echten Symptome haben. Diese werden aber nicht durch Windräder und Lärmbelästigung an sich verursacht, sondern gehen auf psychologische Ursachen zurück.
Maßnahmen, um Lärm durch Windräder zu reduzieren
Auch wenn der Lärm der Windräder nachweislich nicht gesundheitsschädlich ist, heißt das nicht, dass es keine Anstrengungen gibt oder geben sollte, hier nachzubessern.
So legte beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation in einem Report fest, dass Windkraftanlagen tagsüber eine Lärmgrenze von 45 Dezibel nicht überschreiten sollten. Lärm oberhalb dieses Wertes sei durchaus mit gesundheitsschädlichen Effekten verbunden.
Das widerspricht also den Einschätzungen in Deutschland, dass Höchstwerte bis zu 55 Dezibel unproblematisch seien. Nimmt man diesen Wert der WHO als Richtwert, gibt es also durchaus Verbesserungsbedarf.
Und erste Unternehmen arbeiten auch schon an Lösungen.
Das Kieler Start-up Compose Technologies arbeitet etwa daran, das Getriebe von Windrädern leiser zu machen. Die Schweizer Agile Windpower AG hat vertikale Rotoren entwickelt, die den Lärm um 15 Dezibel reduzieren können. Und auch die spanische Siemens-Tochter Gamesa arbeitet an leiseren Windrädern (auch wenn es derzeit bei der Produktion wirtschaftlich nicht so gut läuft).
Von diesen Anstrengungen wird langfristig nicht nur unsere Gesundheit profitieren. Leisere Windräder sind auch effizienter. So lässt sich pro Dezibel Lärmminderung vier Prozent mehr Energie erzeugen.
Auch interessant: