Hacker legen Websites lahm oder kopieren unzureichend gesicherte Kundendaten. Und sie wagen sich in letzter Zeit immer häufiger an die großen Fische: Elektronikkonzerne, Kreditanstalten, Behörden – und das mit Erfolg. Zum Teil fragt man sich, ob manche Angriffe wie das Dauerfeuer auf Sony nicht übertrieben sind. Zum anderen kann man manchen Hacks durchaus etwas Sympathisches abgewinnen.
Beispielsweise heute der Hack der berüchtigten Website iShareGossip. Als ich heute Nachmittag davon las, breitete sich spontan ein Grinsen auf meinen Gesicht aus. Bislang unbekannte Hacker legten die Seite lahm und veröffentlichten stattdessen dort eine Botschaft unter der Überschrift „Hacks and Kisses“. Mails, Zugangsdaten und Namen der Betreiber der Schimpfseite kenne man, schreiben sie dort. Den bislang unenttarnten Betreibern geben die Hacker mit dem Absender 23timesPi eine Woche Zeit, sich der Polizei zu stellen. Sonst werde man die Daten veröffentlichen. Klingt, als hätte jemand der Menschheit einen Gefallen tun wollen.
Drüben bei Tech-Blog.de steht ein Screenshot der Botschaft, die iShareGossip-Macher schreiben auf der .net-Endung ihrer Domain, die .com-Website sei gestohlen worden, der Server aber nicht betroffen. Nutzerdaten könnten nicht auftauchen, da man keine IP-Adressen speichere.
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Die Hacker gibt es nicht
Dieser Hack hat mich persönlich etwas gewundert. Auf iShareGossip konnte praktisch jeder über jeden ungestraft und ungeprüft anonym irgendwelche Dinge über irgend jemanden verbreiten. Darauf müssten Hacker wie die Anonymous-Gruppe doch eigentlich fliegen, von denen sich viele in ähnlich unbekannter Manier – wenn auch mit anderen Inhalten – etwa im /b/-Forum von 4chan austauschen. Könnte man zumindest meinen. Es dürfte ein Zeichen dafür sein, dass es die Hacker nicht gibt. Es gibt unterschiedliche Strömungen und man würde es sich zu einfach machen, wie viele das tun, und jeden Hack sofort Anonymous oder anderen bestimmten Gruppen zu unterstellen.
Die türkische Regierung etwa reagierte mit 32 Festnahmen mutmaßlicher Anonymous-Aktivisten auf einen Hack der Website der Internetbehörde TIB. Weiteren Berichten nach konnte die Regierung Angriffe auf Regierungswebsites abwehren. Die Aktivisten wollten damit gegen einen geplanten Internetfilter der Regierung protestieren. Unbestätigt sind derweil Meldungen, die Aktivisten hätten auch einen Angriff auf das System der Wahlbehörde vorbereitet und damit die Parlamentswahl am vergangenen Wochenende stören wollen.
In Spanien wehrten sich Anonymous gegen die Festnahme dreier ihrer mutmaßlicher Mitglieder. Die Gruppe legte die Website der spanischen Polizei lahm und bekannte sich offen dazu. In Deutschland wurde der Hack der Website der Urheberrechtverfolger GVU inzwischen Anonymous zugesprochen. Die Hacker haben damit auf die Razzia des Streamingportals Kino.to reagiert und für eine Novellierung des Urheberrechts plädiert.
Instrument der politischen Meinungsäußerung
Anonymous wehrt sich in allen Fällen gegen die Behauptung vieler Regierungen, sie seien Terroristen. Vielmehr bestehe die Gruppe aus Bürgern, die gegen die Beschneidung ihrer Rechte kämpfe. Es schmeckt nach Politik, da wo Regierungen die Freiheit ihrer Bürger immer weiter beschneiden wollen. Die Rhetorik wird auf beiden Seiten schärfer, wie auch die Ankündigung der USA zeigt, Hacks künftig mit Kriegshandlungen gleichzusetzen. Rationale Argumente scheinen da ausgedient zu haben, der „Tagesspiegel“ spricht bereits vom „Krieg im Netz“. Das Aufrütteln jedenfalls gelingt den Aktivisten. Im Falle des Hacks von Websites auch auf vergleichsweise harmlose Art und Weise.
Aber dann wären da wieder die zahlreichen Hacks von Sonys Webdiensten in den vergangenen Wochen, wo wohl nur allergrößte Sony-Hasser inzwischen nicht ein wenig Mitgefühl für das Unternehmen aufbringen können. Welche Gruppen hinter all dem stecken, ist noch nicht geklärt. Anonymous hat sich nicht dazu bekannt, wohl aber kürzlich die Gruppe LulzSec, die sich außerdem mit dem FBI angelegt und die Nutzer einer Sex-Website enttarnt hat. Hacks sind wieder schwer in Mode und sie werden immer mehr als Instrument einer Willensäußerung verwendet. Als aufrechter Bürger tut man gut daran zu differenzieren und nach den Hintergründen zu fragen. Denn es gibt gute Hacks, böse Hacks und irgendwo auch vollkommen dämliche Hacks. Das haben die Beispiele der vergangenen Tage gezeigt.
(Jürgen Vielmeier, Foto: liryon via Flickr)