Dann mal los: ARD und ZDF planen laut einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ eine gemeinsame, kommerzielle Online-Videothek mit dem Arbeitstitel „Germany’s Gold“. Sie soll die besten Inhalte aus 60 Jahren öffentlich-rechtlichem Fernsehen anbieten – teils gegen eine Gebühr, teils werbefinanziert. Man ahnt bereits an dieser Formulierung, dass keinesfalls jeder damit einverstanden sein wird. Auch wenn ZDF-Intendant Markus Schächter vor Freude über die geplante Plattform beinahe überschäumt: „Ich habe selten eine solche Euphorie erlebt wie bei den Beteiligten dieses Projekts“.
Die Kosten wären mit einem niedrigen Millionen-Euro-Betrag überschaubar. Zum Vergleich: Die Gebührenzahler werfen den Öffentlich-Rechtlichen jährlich rund 7 Milliarden Euro in den Topf. Die Kosten für den Aufbau und Betrieb der Plattform dürften nicht ihnen aufgebrummt werden. Im Gegenteil: Die Gebührenzahler müssten dank der Einnahmen aus der Plattform entlastet werden. Allerdings steht eigentlich jetzt schon fest, dass Kritiker gegen das Projekt Sturm laufen werden – zum Teil zu Recht.
Kartellamt wohl kaum dafür
Neue Stellenangebote
Social Media Manager (m/w/d) NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG in Kiel |
||
Social – Media Redakteur / Manager / Journalist (m/w/d) Niedersächsischer Fußballverband e.V. in Barsinghausen bei Hannover |
||
Social Media Manager (m/w/d) ViscoTec Pumpen- u. Dosiertechnik GmbH in Töging am Inn |
Denn entschuldigt, wenn ich da etwas falsch in Erinnerung habe. Aber war eine ähnliche Plattform von RTL und Prosieben.Sat.1 nicht vor ein paar Monaten noch vom Bundeskartellamt gekippt worden? Warum sollten die Behörden bei diesem Zusammenschluss anders reagieren? Und dann die Verleger: Hatten die in der jüngsten Vergangenheit nicht selbst ihren viel zu großen Einfluss bei der Politik geltend gemacht, um jede noch so kleine Online-Aktivität der Öffentlich-Rechtlichen zu torpedieren und sei es eine Tagesschau-App? Das wird man auch diesmal wieder mit aller Vehemenz tun und dabei mit dem Verlust von tausenden Arbeitsplätzen argumentieren.
In diesem Falle nicht ganz zu Unrecht, denn es wäre in der Tat nicht fair, wenn die Plattform der einen abgelehnt und die der anderen zugelassen würde. Schwer zu vermitteln sein dürfte „Germany’s Gold“ auch für viele Gebührenzahler, die wohl nicht einsehen werden, noch einmal jeden Beitrag neu zu kaufen, den sie mit ihren Gebühren in der Vergangenheit ja schon bezahlt haben.
ZDF will Druck ausüben
Vielleicht wollte Schächter aber einfach nur ein wenig Druck auf die Politik ausüben. Denn die Zeit ist überfällig für Online-Mediatheken wie Positivbeispiele wie Netflix aus den USA zeigen. Die Sender verhandeln dem FTD-Beitrag nach mit dem Rechtehändler Telepool, dem Filmhändler Jan Mojto und den Produktionshäusern Studio Hamburg und Bavaria. Auch Privatsender sind laut Schächter eingeladen, mitzumachen. Statt Streits säßen also alle mit im Boot und alte Folgen von „Dalli dalli“, „Wetten dass?“, „Tatort“ und Co. könnten wiederkommen.
Und das wäre es dann auch schon. Die FTD sieht „Germany’s Gold“ in einer Linie mit YouTube. Googles Videoplattform könnte in Kürze in den USA selbst Videos verleihen. In Deutschland sind Qualiätsvideos bei YouTube wohl auf absehbare Zeit nicht mehr zu erwarten. Eine echte Konkurrenz in seiner Sparte hätte „Germany’s Gold“ also nicht. Allerdings hätte das Angebot auch keine US-Serien und -Spielfilme zu bieten wie iTunes, Videoload und Maxdome und würde deswegen nur eine kleine Nische besetzen. Danken muss man Schächter aber dafür, dass er die Diskussion wieder angestoßen hat, Politik und Rechtehalter beeinflussen will und damit die Chancen erhöht, dass auch wir irgendwann einmal alle unsere Lieblingsserien und -filme dann dort gucken können, wo wir mögen. Das Szenario ist heute zumindest ein bisschen wahrscheinlicher geworden.
(Jürgen Vielmeier)