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Steve Ballmer im Interview: Antworten zu Ruhestand, Windows Phone 7 und Bing

Am Rande der alljährlich Microsoft-Mitarbeiter-Vollversammlung in Seattle, die am gestrigen Dienstag stattfand, hatte der Konzern-Boss Steve Ballmer ein paar Minuten Zeit gefunden, um Basic Thinking in einem Interview einige Fragen zu beantworten. – Ja, schön wär’s. Toller Traum. Er hat zwar in der Tat Rede und Antwort gestanden, aber den Vor-Ort-Kollegen von The Seattle Times. Für mich aber kein Grund, euch die interessantesten Aspekte des Gesprächs vorzuenthalten und quasi aus zweiter Hand zu servieren. Wenngleich ich vorwegnehmen muss, dass Ballmer zwar viel gesagt hat, ein beträchtlicher Teil davon aber erwartungsgemäß stark Marketing-durchtränkt war.

Die Frage, die sicherlich viele von euch – vor allem die, die Ballmer für die vermeintlich schlechte Unternehmensführung verantwortlich machen – am meisten beschäftigen dürfte, lautet: Wann räumt er den Chef-Sessel? Und die erste Antwort ist eine, die man erwarten könnte: „Ich weiß es nicht“. Und dann: „Außerhalb meiner Familie ist das Unternehmen mein Baby. Und ich will sichergehen, dass es sich bester Gesundheit erfreut, wenn ich gehe.“ Es darf also angenommen werden, dass Ballmer entweder gegangen werden  oder von einer Krankheit ausgebremst werden muss. Ansonsten dürfte er noch eine ganze Weile an Bord bleiben.

Danach befragt, wie er denn das Windows Phone 7 zu einem für Microsoft profitablen Produkt gestalten gedenkt, antwortet er quasi mit einer Gegenfrage: „‚Werden wir zur Weihnachtszeit coole Phones mit unserer Software drauf auf dem Markt haben?‘ Du musst die Frage, wie du damit Geld verdienen kannst und blah, blah, blah, zunächst außer acht lassen. Das interessiert erst auf lange Sicht. Auf kurze Sicht ist wichtig, dass die Leute diese Telefone haben wollen müssen. Ich denke, sie werden schön aussehen.“ Und um dann doch noch irgendwie die Frage zu beantworten, fügt er hinzu, dass man mit den Gadgets wird Geld verdienen können, sobald man damit beginnt, für sie die Werbetrommel zu rühren. Interessanter Ansatz. Natürlich dürfte der Verkauf leichter von der Hand gehen, wenn die Dinger schick sind. Falls nicht, wird man sich in Redmond dann umso mehr ins Zeug legen müssen, um sie mittels Werbung an den Mann zu bringen. Sonst droht wieder so eine Katastrophe wie mit den KIN Social Phones (die aber auch echt hässliche Teile waren, wodurch ich Ballmers Argumentation voll und ganz nachvollziehen kann).


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Bleiben wir beim KIN. Was man denn bei Microsoft für Lehren aus dem Desaster mit diesem Mobiltelefon gezogen hätte? Die Nummer 1-Message sei die gewesen, mehr auf den Fokus zu achten, so Ballmer sinngemäß. „Du musst kühn („bold“) sein, vorwärts gucken und fokussiert bleiben“, so der Microsoft-Chef. Beim KIN traf nichts davon zu, wobei er zugibt, dass man diese Einsicht auch erst im Nachhinein gewonnen hat. Die in diesem Kontext interessanteste Aussage ist aber diese: „KIN war nicht kühn genug in Bezug darauf, wohin sich der Markt orientiert und es lenkte von der Arbeit am Windows Phone ab“. Das kann man nun glauben oder nicht. Es scheint aber tatsächlich so, als würde sich Microsoft mit dem Windows Phone in jeglicher Hinsicht mehr Mühe geben, als mit dem KIN.

Auch zum Thema Bing dürfte er sich äußern. Nachdem Microsofts Suchmaschine erst vor Kurzem von Google-Chef Eric Schmidt noch vor Apple und Facebook als Konkurrent Nummer 1 genannt wurde, sollte er beschreiben, wie Bing auch weiterhin auf Kurs gehalten werden soll? „Es geht hierbei um das Produkt und die Qualität der Innovationen“, so Ballmer. Und hierzu unterscheidet man bei Microsoft drei Bereiche. Zum einen „gibt es die Dinge, die wir einfach machen müssen, weil sie die Konkurrenz macht.“ Das sei ihm zufolge die Mindestanforderung. Das Internet wächst und so müsse es von Bing ständig weiter erschlossen und durchsuchbar gemacht werden, so der Konzernlenker. Gegen diesen Punkt lässt sich sicherlich nichts einwenden.

Zum zweiten gibt es Felder, auf denen sich Bing von der Konkurrenz unterscheiden muss. „Unsere Karten sind besser, unsere Abbildungen sind besser“, ist der CEO überzeugt. „Und Google reagiert darauf. Dadurch, dass wir einen geringeren Marktanteil haben, ist es in gewisser Weise fast leichter für uns, neue Dinge auszuprobieren. Die müssen irgendwie konservativ bleiben“, so Ballmer, denn „wenn sie etwas verändern, etwa die Position auf der Seite, vielleicht Klicken dann die Leute nicht mehr direkt auf ihre Werbung“. Ich weiß, was Ballmer meint, auch wenn er es meines Erachtens etwas ungeschickt formuliert. Google hat lange Zeit die Marschroute verfolgt, alles auf die Suchanfrage zu reduzieren und in Folge dessen die gesamte Optik diesem Ziel untergeordnet. Den Höhepunkt fanden die Bestrebungen Optik-seitig in der minimalistischen „fade in“-Startseite und Suchanfrage-seitig in „Google Instant„. Der User verbindet heute mit Google eben dieses um allen Ballast befreite Suchangebot. Und das ist auch so gewollt. Google verfolgt im Gegensatz zu Bing eben eine andere Strategie. Dabei stehen sich ein „Schick die User über (Links der) Suchergebnisse auf andere Seiten“-Ansatz einem „Zeig dem User die Ergebnisse auf deiner Seite“-Ansatz gegenüber. Und das lässt sich nun einmal nicht so leicht miteinander vergleichen, wie Ballmer das hier tut.

Last but not least gibt es aber noch einen dritten Bereich, in dem jene Dinge getan werden, „die das Spiel maßgeblich verändern“. Hierzu zählt Ballmer Entwicklungen im Bereich neuer Gadgets, Business-Modelle und ähnlichem. Auch in diesem Punkt kann ich ihm nicht widersprechen, wenngleich ich davon überzeugt, dass Google hier noch deutlich die Nase vorn hat.

Zum Schluss noch eine wichtige Botschaft des Microsoft-Chefs an alle, die mit dem Gedanken spielen, Microsoft-Aktien zu erwerben. Denn das „Cloud Computing“ hält Ballmer für „die größte Profit-Möglichkeit, die sich vor uns ausbreitet“. Daher steuert Microsoft auch mit vollem Schub in diese Richtung. „Es ist eine Profit-Möglichkeit, weil wir unseren Kunden in der Cloud mehr Wert anbieten können“, so Ballmer, „was bedeutet, dass wir die Möglichkeit haben, mehr Geld zu verdienen.“ Diese Meinung teile ich durchaus und bin überzeugt, dass dies auch auf andere Unternehmen zutrifft. Wobei ich hinzufügen möchte, dass ich deswegen nicht unbedingt auf Microsoft-Aktien setzen würde.

Wer das Interview in voller Länge genießen möchte, findet es auf der Seattle Times-Seite.

(Marek Hoffmann / Foto)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

13 Kommentare

  • Diese Firmenpolitik ist mir sowas von unsympathisch.. Der aufgesetzte Optimismus, das (vor allem bei Herrn Ballmer) veraltete Denken..

    Ich habe bei Microsoft nicht das Gefühl, dass sie innovativ sein wollen und etwas vorantreiben , sondern vielmehr auf Trendwellen mitschwimmen um mir als Konsument das Geld aus der Tasche zu ziehen. Dabei stolpern sie durch Firmeninterne Bürokratie und mangelnde Teamfähigkeit über ihre eigenen Beine, und schaffen es nicht, gute Ansätze und Ideen umzusetzen.

    Das alles bestätigt er in seinem Interview auch noch fast wörtlich (das WP7 Handy soll in erster Linie SCHÖN sein, hallo?).

  • nun gerade in Deutschland gibt es wohl verhältnissmäßig viele Windows Anwender und leider auch „Trolle“, ….Gleichschritt Maschieren hat hier Tradition….
    Ohne ihr geliebtes Windows können doch die meisten keinen Computer mehr Bedienen , leider …..
    Ich denke schon das sie dadurch auch den Tablet und vielleicht Handy Markt großteil zurück Erobern können … viele hängen an ihr Windows und mögen nichts anderes und genau damit Spekulieren sie …..
    Wenn sie nun noch zukünftig ihre Marktmacht ausspielen gegen die Konkurenz wie es Apple vormacht… werden noch einige „Aufheulen“.

  • Das Apple-Handy ist auch in erster Linie schön – und es ist ein riesen Erfolg.

    Ich kann deine Kritik nicht ganz nachvollziehen rob, den Herr Ballmer sagt ja grob überschlagen eigentlich nur: Wir müssen begehrt sein!

    Und die dummen Massen stehen einfach in erster Linie auf schön…

    Ist zwar nicht der beste Vergleich, aber mir fällt gerade kein besserer ein:
    Hast du schonmal gehört das jemand zu einer dicklichen, pummeligen Frau mitte 50 die wunderbar kochen,putzen und kinder erziehen kann sagt: „Bohr, die alte will ich haben?“
    Ich denke nicht.

    Das ziel ist wohl: Verkaufen verkaufen verkaufen – und trendy werden.
    Der Rest regelt sich von alleine…

  • Nein, das iPhone ist nicht nur schön, es verbindet Benutzerfreundlichkeit mit „Schönheit“, deswegen ist es so erfolgreich. Dieses Konzept (=Design) haben leider viele Firmen noch nicht begriffen, oder können sich nicht leisten es umzusetzen.

    nochma zu WP7: Ich finde, Microsoft hat da was sehr vielverprechendes in der Hand. Vermutlich haben sie sich diese ganze UI entweder von externen oder gekauften Firmen bauen lassen.. spannend wird, ob sie es schaffen, dieses Juwel nicht kaputt zu wirtschaften.

  • Hab jetzt 10 Minuten überlegt, ob ich zu diesem Post überhaupt noch etwas schreiben soll …

    Also gut: Ich verabschiede mich mal als langjähriger Basic Thinking Leser. Warum? Dieses ewige Wiedergekäue mit Eurer Meinungssoße … (Atem holen)

    Dann natürlich kein neutrales Bild von Ballmer reinsetzen, sondern eines wo er schwitzt und brüllt. Ja, klar … ist halt ein billiger Gag, geht immer, ich weiß. Zudem einfach ein Interview nacherzählen und seine Meinung drüberwürzen, die eben genauso wiedergekäut ist wie das Bild – nun gut. Könnt Ihr alles machen, ist euer Blog, geht mich nichts an. Nur schade, dass ihr so viel Kohle für Roberts Domain bezahlt habt, um dann sowas daraus zu machen. Einfach schade.

    Sorry, ich weiß. Ist halt meine Schlussansprache. Ich geh‘ ja schon …

  • Hi Marek,

    du schreibst „wird man sich in Mountain View dann umso mehr ins Zeug legen müssen, um sie mittels Werbung an den Mann zu bringen“ wäre zwar schön wenn uns die Kollegen von Google hier ggf. unter die Arme greifen würden aber ich denke wir dürfen nicht wirklich drauf setzen 😉

    ~frank

  • @Tilman

    kann ich nur zugut nachvollziehen…
    Die guten Jahre sind für Basicthinking einfach vorbei…

    Auch die Userkommentare deuten wohl auf den sich wechselnden Userkreis hin…

  • Also ich bin einer der sich welchselnden User, sorry, Leser und fand den Beitrag interessant um die unterschiedlichen Philosophien zu erkennen, war mir so nicht bewusst. Wenn sich einzelne „User“ verabschieden sollten, ist es um deren kindischen Kommentare auch echt nicht schade.

  • Wie lange ist der Basitsch jetzt nicht mehr dabei? 2 Jahre? Ich kann es ja nicht mehr hören dieses früher war alles besser.

    MS Problem ist seit jeher eigentlich eine schlecht umgesetzte Usability. Wenn ich mir so den Start von Vista ansehe oder das derzeitige Windows Mobile fällt mir nicht mehr viel ein. Mittlerweile hat MS aber auch dazugelernt, Windows 7 ist deutlich einfacher zu bedienen als Vista, bei der mobilen Version werden die sich sicherlich auch mal ein Iphone zum Vergleich angesehen haben.