Interviews mit Konzern-Spitzen sind eine feine Sache. Bereinigt man sie um das ganze PR-Geblubber, das natürlich in den Aussagen des Interview-Partners enthalten sein muss, erhält der Fragensteller exklusiven Content aus erster Hand. Und zwar auf die Fragen, die ihn persönlich beziehungsweise seine Leser am stärksten interessieren. Und das gilt selbst dann, wenn der Befragte nicht direkt oder gar nicht auf eine Frage antwortet. Frei nach dem Motto „Man kann nicht nicht kommunizieren“ enthält die Verweigerung oder indirekte Antwort auch einen beträchtlichen Informationsgehalt. Warum dieser laien-psychologische Vortrag? Weil Jeff Bezos, Chef des Internet-Versandhauses Amazon, dem Tech-Fortune ein Interview gegeben, das einige erhellende Antworten enthält.
Die vielleicht Bemerkenswerteste ist die, dass Bezos Tablets im Allgemeinen und das iPad im Besonderen nicht als Konkurrenz ansieht. Vor Kurzem hatte der Konkurrent Barnes & Noble den Preis für seinen Nook-Reader auf dem US-Markt deutlich gesenkt. Kostete er zuvor 259 Dollar, werden jetzt nur noch 199 Dollar verlangt. Zudem launchte der größte amerikanische Buchhändler ein spezielles WLAN-Modell für 149 Dollar an. Umgehend reduzierte dann auch Amazon den Preis seines Kindle um knapp ein Viertel, nämlich von 259 auf 189 Dollar. Danach gefragt, ob das eine direkte Reaktion auf den Preisnachlass des Mitbewerbers sei und ob gegebenenfalls auch der Erfolg des iPad dabei eine Rolle spielte (bislang 3 Millionen verkaufte Tablets und 1,5 Millionen verkaufte E-Books aus dem iBook Store), antwortete Bezos: „Nein. Das iPad… Ich denke, es wird künftig eine ganze Reihe an Tablet-ähnlichen Geräten geben. Es handelt sich wirklich um eine andere Produkt-Kategorie. Das Kindle ist für Leser.“
Die Botschaft dieser Aussage an alle bisher noch unentschlossenen E-Book-Interessenten dürfte klar sein. Warum ein technisch überfrachtetes, mehr oder minder ausgreiftes Gadget aus Cupertino kaufen, das zudem noch um einiges teurer ist, wenn ihr doch nur Bücher auf dem Teil lesen wollt? Dafür eignet sich das Kindle, zumal mit seinem speziellen E-Ink-Bildschirm doch weitaus besser. Recht hat der Mann.
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Aber: Zum einen stellt sich immer wieder die Frage, die auch schon hier auf dem Blog kontrovers diskutiert wurde, ob E-Book-Fans tatsächlich nur ihre Bücher lesen wollen? Oder ob es nicht vielleicht doch so ist, dass überdurchschnittlich viele von ihnen gerne auch die Annehmlichkeiten von Multimedia-Inhalten auf ihrem Gadget konsumieren möchten? Das wäre zumindest eine mögliche Erklärung für den Erfolg des iPads beziehungsweise der vielen verkauften E-Books.
Zum anderen wäre die Frage berechtigt, warum sich Amazon die Mühe macht, die Kindle-App fürs iPhone und iPad so anzupassen, dass deren User damit auch auf integrierte Videos und Audio-Clips zugreifen können. Ginge es diesen Usern nur ums Lesen, bräuchten sie derartige Features nicht. Möglicherweise zeigt Amazon aber die Zahl der hauseigenen Apps für die Geräte des Konkurrenten auf, in welche Richtung sich momentan der Trend bewegt und wie die Wünsche des Kunden aussehen.
Zugegeben: Es handelt sich hierbei um Spekulationen, zudem um meine persönlichen. Und da ich nicht in den Kopf von Bezos reingucken kann, wird nur die nahe Zukunft zeigen, wie sich der E-Book-Markt entwickelt. Und nach welcher Art Reader dem Kunden der Sinn stehen wird. Wenn ich allerdings eine Prognose abgeben würde, dann würde ich wiederholen, was ich hier an anderer Stelle schon einmal gesagt habe: Bleibt das Kindle ein reiner Reader, sind seine Tage eher früher als später gezählt. Erst recht dann, wenn die Tablet-Preise sinken.
Es mag reines marktstrategisches und gewinnoptimierendes Denken und Handeln von Seiten Amazons sein, dass die Kindle-Books nicht nur auf dem eigenen Gerät, sondern neben den genannten Apple-Gadgets seit Kurzem auf auch Android-Smartphones verfügbar sind (als Maßnahme gegen Googles eigene E-Book-Angebot). Es könnte aber auch ein Signal dafür sein, dass sich das Leseverhalten der E-Book-Kunden grundsätzlich wandelt und Bücher – so fremdartig es dem einen oder anderen von uns anmuten mag – künftig auch auf Mäusekinos konsumiert werden. Oder eben anderen mobilen, multimedia-fähigen, internettauglichen Geräten. Sollte das der Fall sein, dann würde das Kindle seine Daseinsberechtigung verlieren, denn wofür bräuchte man es dann noch? Es kann ja sonst nichts, außer E-Books darstellen.
(Marek Hoffmann)