Was davon wohl zu halten ist? Aufstockung der robotisierten Armee von Content-Affen oder Investition in seriösen Journalismus? – Wie der Branchendienst Advertising Age berichtet, plant der US-amerikanische Online-Dienst AOL, im kommenden Jahr „Hunderte von Journalisten, Redakteuren und Videographen“ einzustellen. „Wir werden […] weltweit die meisten Journalisten einstellen“, so der Präsident von AOL’s Media- und Studio-Abteilung, David Eun, in einem Interview mit dem Dienst. Und weiter sagte er: „Unsere Mission in diesem Unternehmen besteht darin, der weltgrößte Produzent von hochwertigem Content zu werden. Basta.“
Das klingt doch fantastisch. Nicht nur für die momentan erwerbslosen Mitglieder der schreibenden Zunft, sondern auch für den Konsumenten. Dennoch ist an dieser Stelle eher verhaltene Freude angeraten. Lauscht man den Worten des Herrn Eun nämlich weiter und schaut sich dessen Pläne genauer an, entsteht folgendes Bild: Erst seit 90 Tagen bekleidet Eun seine Position bei AOL und hat bereits jetzt einen kompletten Überblick darüber, was wie wo zu optimieren ist, um das oben gesteckte Ziel zu erreichen. Das funktioniert meist nur, wenn man sich auf nackte Zahlen verlässt. Neben einigen Vor-Ort-Besuchen in der Content-Fabrik hat Eun sich daher vor allem über die Wirtschaftlichkeit seiner Content-Sparte informiert und Traffic-Daten ausgewertet. Und dann kam der Optimierer zu dem Ergebnis: Es muss mehr Content in kürzerer Zeit produziert werden.
Das allein genommen klingt noch nicht fatal. Aber es geht ja noch weiter. Um sein ehrgeiziges Ziel zu erreichen, wird Eun seine Abteilung reorganisieren. Das bedeutet, dass aus den vielen verschiedenen Ressorts seiner Content-Sparte 17 „Super-Networks“ geformt werden. Zum bessern Verständnis ein Beispiel: Die beiden Ressorts „Küche“ und „Style“ werden im Network „Leben“ zusammengelegt, „Eltern“, „Kinder“ und „Haustiere“ im Network „Familie“. Dies geschieht zum einen, weil die von Eun ausgewerteten Daten ausreichend Hinweise darauf geliefert zu haben scheinen, dass diese 17 Networks diejenigen Content-Typen repräsentieren, die User am häufigsten lesen und die sie verlangen.
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Zugleich sind es aber auch jene Typen, die die Werbetreibenden verlangen. „Wir haben Einblicke in unsere Leserschaft und können jenen Content produzieren, den sie wollen. Das führt zu einer Bindung, was wiederum zu dem führt, was Werbetreibende wollen“, so Jeff Levick, AOLs Chef der Werbeabteilung. Und hier schließt sich nun der Kreis und ich komme zu meiner Ausgangsfrage zurück. Wenn davon auszugehen ist, dass hier 17 Pakete geschnürt werden, in denen themenverwandter Content mit der Absicht zusammenlegt wird, besonderen Anreiz bei AOLs Werbepartnern zu finden. Und wenn zum Erreichen dieses Ziels Hunderte von Journalisten eingestellt werden, die Artikel nach dem „Schneller und mehr“-Prinzip produzieren. Und diese Artikel dann schließlich einzig darauf getrimmt sind, möglichst viele Leser anzulocken. Dann frage ich mich: Kann das Qualitätsjournalismus sein?
(Marek Hoffmann)