Wen der Eindruck beschleicht, dass aktuell Meldungen über Google die Seiten der Blogs und IT-Portale bestimmten, der dürfte gar nicht mal so falsch liegen. Damit meine ich aber weniger die leidige Street View-Klamotte, die immer neue Blüten trägt und für die Sergey Brin erst kürzlich mit den Worten „We screwed up“ quasi höchstpersönlich die Verantwortung übernahm. Ich meine vielmehr solche News: Am heutigen Donnerstag wird der Launch von Google-TV erwartet, Google Buzz bekommt eine API und Google Latitude ein Upgrade spendiert und bereits am vergangenen Dienstag wurde Google Wave für alle User zugänglich gemacht. Diese Fülle kommt nicht von ungefähr, denn momentan findet im Moscone Center in San Francisco Googles Entwicklerkonferenz I/O 2010 statt. (Wer über die Ergebnisse auf dem Laufenden bleiben möchte, kann entweder auf Twitter @googleio, der entsprechende Hashtag lautet #io2010. Oder sich die Keynotes live auf dem GoogleDevelopers YouTube channel ansehen.)
Die für mich persönlich interessanteste Nachricht ist aber diese: Der Suchriese hat gemeinsam mit den Browser-Herstellern Mozilla und Opera sowie einigen anderen Unternehmen ganz still und heimlich an einem neuen, freien, offenen Video-Format gearbeitet, das nun auf der Konferenz vorgestellt wurde. Der Name des proprietären H.264-Video-Code-Konkurrenten lautet WebM Project.
Die drei Kernstücke des Projekts: VP8, Vorbis und ein Matroska-ähnlicher Container
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Wie Google auf der entsprechenden Seite schreibt, besteht das Projekt im Kern aus drei Komponenten: Zunächst einmal dem High-Quality Video-Codec VP8. Das Besondere an der Technologie ist, dass sie eine ausgesprochen effiziente Bandweiten-Ausnutzung erlaubt, was sich sehr kostensenkend für Content-Anbieter auswirken kann. Zudem ist sie leicht in bereits bestehende Umgebungen implementierbar und lässt sich mit wenigen Handgriffen optimieren, so dass hochwertige Video-Qualität einfach zu gewährleisten ist. Zur Manuellen Anpassungen sage ich unten noch etwas mehr. Die VP8-Technologie hat Google nicht selbst entwickelt, sondern durch die durch die Übernahme der Firma On2 Technologies im August des vergangenen Jahres erworben. Am gestrigen Mittwoch wurde sie auf der I/O-Konferenz offiziell als Open Source freigegeben.
Die Entwicklung von WebM Project verlief zwar in der Tat, wie oben angesprochen, von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt. Durch den Kauf von On2 Technologies und eben der genannten Technologie wurde ein solcher Schritt seitens Google von Branchenkennern aber erwartet. Wie dem auch sei – eine weitere Komponente des neunen Standards heißt Vorbis. Vorbis stellt sozusagen das Komplementärstück zu VP8 dar, da es sich hierbei um einen bereits als Open Source vorhandenen und relativ weit verbreiteten Audio-Codec handelt. Er wurde seinerzeit als Alternative zum MP3-Format entwickelt, unterstützt bis zu 255 Kanäle mit – wie VP8 – variabler Bitrate, ist streamingfähig und dient der Audiodatenkompression.
Last but not least dient den VP8- und Vorbis-Daten eine Variante des Matroska-Formats als Media-Container. Ziel des Projekts ist es – wie sollte es anders sein – einen neuen Standard für HTML5-Video zu etablieren. Und das macht das Ganze so spannend, da hierdurch wieder die Hass-Liebe zwischen Google und Apple an neuer Würze erhält. Spätestens seit der Voice App des Suchgiganten, die von Apple verschmäht wurde, wildern die beiden Unternehmen im Territorium des anderen und gönnen sich dabei gegenseitig nicht den Dreck unter den Fingernägeln. Und nun holt Google erneut zu einem Schlag aus und setzt dem von Steve Jobs bei der Vorantreibung des HTML5-Standards so protegiertem H.264-Codec sein eigenes Format entgegen. Entweder Google hatte es – ebenso wie viele von uns – langsam satt, sich die Alleingänge des Steve Jobs anzugucken, ohne selbst aktiv zu werden. Oder man hat sich Apples Firmenpolitik einfach abgeguckt und versucht nun ein Produkt durchzudrücken, bei dem man alle Trümpfe in der Hand hält.
Wie Apple, aber anders
Wie Apple mit dem App Store hat Google natürlich die Video-Plattform YouTube, um den neuen Standard möglichst schnell reichweitenstark verbreiten zu können. Tatsächlich ist es so, dass der Suchriese bereits mit der Umsetzung begonnen hat. Wer künftig seine Videos auf YouTube hochlädt, dessen Material bekommt direkt auch die neue Kodierung verpasst. Dies funktioniert aber noch nicht ganz ohne die Mithilfe der User, womit ich den Faden von oben wieder aufgreife. Ein paar weniger Handgriffe sind nötig, um das gewünschte Resultat zu erhalten und wie das funktioniert, erklärt Google auf der WebM Project-Seite. Und falls ihr auf Probleme dabei stoßen solltet, helfen euch möglicherweise die FAQ.
Allerdings, und dieser Zusatz sei gestattet, stellt Google sich bei seinem Versuch der Etablierung eines neuen Formats offenbar etwas klüger an als Apple. Damit meine ich, dass der Suchmaschinen-Betreiber nicht auf eigene Faust und im Alleingang agiert, sondern sich von Anbeginn starke Partner ins Boot geholt hat – wobei Adobe sich bestimmt nicht zweimal hat bitten lassen. Dies macht nicht nur die Arbeit an dem Format und dessen Verbreitung einfacher (oben genannte Browserhersteller bieten offenbar schon Support für das neue Format an). Es stärkt zudem auch die Position und verhindert unter Umständen, dass der Wind der Gegner einem zu stark ins Gesicht weht. Aber genug von meiner Seite – nun seit ihr gefragt: Wie bewertet ihr das Projekt? Wird es sich durchsetzen? Welche Schwachstellen seht ihr?
(Marek Hoffmann)