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Überraschende 'Tweetie'-Übernahme: Twitter will sich die Vertriebshoheit für Tweets sichern

Der erste Schritt war bereits 2009 abgeschlossen. Twitter hatte Vereinbarungen mit den großen Suchmaschinen Google und Bing getroffen und stellt seitdem die Tweets der Nutzer für die Echtzeitsuche zur Verfügung. Der finanzielle Rahmen dieser Vereinbarungen wurde so verhandelt, dass das kleine Startup aus San Francisco noch vor Ablauf des Jahres schwarze Zahlen schreiben konnte.

Der Kniff mit der Tweet-Überlassung überraschte ein wenig, immerhin hatte Mitgründer Biz Stone nie einen Zweifel daran gelassen, dass sein Unternehmen eines Tages auch auf eigenen Beinen stehen müsse: Werbung und Premiumdienste sollen es richten – der Suchmaschinen-Deal wurde als schönes Zubrot interpretiert.

Während die Premiumdienste noch auf sich warten lassen (entsprechende Stellen werden wohl derzeit im Betrieb noch besetzt) scheint Twitter nun aber alles daran zu setzen, um mit der Auslieferung von Werbung zügig zu beginnen. Doch da gibt es ein Problem: Vor allem die Profi-Nutzer pfeifen auf das Web-Interface und setzen lieber auf einen der vielen Clients, die über die Twitter-API mit dem Dienst kommunizieren. Wenn man keine Paid-Tweets einsetzen möchte, stellt sich also die Frage: Wie bekommen die vielen User, die Twitter mobil oder über den Desktop-Client eines Drittentwicklers nutzen, jemals Werbung zu Gesicht?


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Die Antwort zeichnet sich immer deutlicher ab: Das Unternehmen muss sich wieder die Kontrolle über die Tweet-Vertriebswege sichern. Im Februar hatte Twitter-Entwickler Alex Payne bereits verlauten lassen:

Wenn ihr einige der pfiffigen Features sehen könntet, die wir Twitter-Mitarbeiter schon nutzen, würdet ihr euch von euren Desktop-Clients verabschieden. (bald ist es soweit)

Gestern gewährte Ex-Googler und nun Twitter-Chefdesigner Doug Bowman einen kleinen Einblick in das neue Design, das tatsächlich einen vielversprechenden Eindruck macht. Sollte die Strategie aufgehen, werden wahrscheinlich viele Nutzer ihre Programme ruhen lassen und stattdessen für mehr Klicks direkt auf der Plattform sorgen.

Was bleibt noch zu tun? Richtig: Die mobilen User müssen eingefangen werden. Es gibt eine Vielzahl an Twitter-Apps – eine ist besser als die andere – und auch wenn Twitter seine mobile Seite ein wenig optimiert hat, reicht diese bei Weitem nicht an die Usability der kleinen Programme heran. Der Microblogging-Dienst hat deshalb heute Nacht den Kampf mit den App-Entwicklern aufgenommen und eine der erfolgreichsten Firmen auf diesem Gebiet geschluckt: Atebits, Hersteller von Tweetie for Mac und Tweetie for iPhone, ist nun Teil des Teams. Man habe „massiv Platz für Verbesserungen“ bei allen Apps entdecken können, schreibt Chef Evan Williams im Blog. Die Leute hätten lange genug auf eine offizielle Twitter-App gewartet. Im Zuge der Integration wird der bisherige Preis von 2,39 Euro bald auf „kostenlos“ gesenkt, darüber hinaus sei auch eine Gratis-App für das iPad geplant. Was mit dem Desktop-Client (meiner Meinung nach heute der beste) geschehen wird, bleibt bislang offen.

Das dürfte die übrigen Twitter-Entwickler im App Store mächtig unter Druck bringen, zudem ist davon auszugehen, dass Twitter schon bald auch nach anderen Plattformen wie Android greifen wird, um hier die Nummer eins zu werden. Eine App für BlackBerrys wurde vor wenigen Stunden vorgestellt. Bleibt nur noch abzuwarten, wie die Monetarisierungsstrategie im mobilen Sektor aussehen wird. Twitter könnte sich im Falle des iPhone dazu entscheiden, auf die gerade von Apple gelaunchte Werbeplattform iAd zu setzen – und die Tweets entsprechend zu vermarkten. Jedenfalls ist der Zurückgewinn der Kontrolle erst einmal der Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

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