In seinen Artikeln beleuchtet Rechtsanwalt Carsten Lexa die Grundlagen der Unternehmensgründung. Diesmal: Die Wahl der passenden Rechtsform.
Ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich irgendwo lese, dass sich Gründer gar nicht so viele Gedanken über die passende Unternehmensform machen müssten. Denn regelmäßig „passt ja“ die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowieso am besten oder, wenn man gleich „größer denken möchte“, dann „nimmt man eben“ die Aktiengesellschaft (AG).
Die Begründungen für diese Aussagen sind dann meisten etwas dürftig – im Falle der GmbH sei diese am einfachsten zu gründen, die Kosten der Gründung seien am niedrigsten oder „die wird halt am meisten genommen“ – und die AG sei sinnvoll, weil man ja dann Anteile einfach übertragen kann, was gut sei, wenn es Investoren gibt.
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Die passende Rechtsform: GmbH, AG, UG, OHG, GbR?
Verblüffend daran ist, dass das so einfach nicht stimmt. In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Rechtsformen und jede hat Vor- und Nachteile. Es mag sein, dass am Ende die GmbH oder die AG diejenige Form ist, die in der Tat „am besten passt“.
Aber diese Entscheidung kann man meiner Ansicht nach nur nach einer Analyse der speziellen Anforderungen für das eigene Unternehmen treffen – und nicht danach, weil halt „eh jeder die GmbH wählt“.
Am Anfang steht die Idee. Die Form der Gesellschaft sollte zu dieser passen, insbesondere zu den Planungen, wie die Idee umgesetzt werden kann. Je nach Planung gibt es dann Gesellschaftsformen, die besser oder schlechter passen.
Die perfekte Gesellschaftsform gibt es nicht! Im schlimmsten Fall ist eine falsch gewählte Gesellschaftsform für die Entwicklung des Unternehmens hinderlich.
7 Fragen für die passende Wahl der Gesellschaftsform
Welche Kriterien sollte man nun anwenden, um für sich und sein Unternehmen zu entscheiden, welche Rechtsform gewählt wird? Sieben sind es meiner Ansicht nach, die bedacht werden sollten: Organisation, Haftung, Vermögensordnung, Kontrolle, Publizität, Steuerrecht und Finanzierung.
1. Organisation
Die Organisation einer Gesellschaft besagt, wie die Gesellschaft aufgebaut ist, insbesondere welche Organe oder welche aktiven bzw. passiven Beteiligten es gibt und wie diese handeln können.
2. Haftung
Haftung ist natürlich ein sehr wichtiger Punkt – haftet man als Gesellschafter für Ansprüche gegen die Gesellschaft oder „schirmt“ die Gesellschaft die Gesellschafter ab und beschützt sie so vor Vermögensverlusten?
Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder die AG beschränken gerade in dieser Weise die Haftung der Gesellschafter, was natürlich grundsätzlich positiv ist. Aber auf der anderen Seite wird sich dann ein Gläubiger die Frage stellen, ob es ihm ausreicht nur die Gesellschaft als Schuldner zur Verfügung zu haben oder ob er den Kreis der Haftenden erweitern muss.
3. Vermögensordnung
Die Frage der Vermögensordnung wird oftmals nicht richtig verstanden. Hier geht es darum, wem ein Vermögensgegenstand gehört – der Gesellschaft, einem Gesellschafter, mehreren Gesellschaftern oder allen Gesellschaftern.
So kann eine GmbH eigenes Vermögen haben, was dann zur interessanten Frage führt, wie dieses Vermögen später einem Gesellschafter zugeordnet werden soll – die GmbH „verliert“ ja dann Vermögen und der Gesellschafter bekommt es.
Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) gibt es dagegen das sog. „Gesamthandsvermögen“, was besagt, dass einzelne Personen über ihren Anteil an dem Vermögen und auch an den einzelnen dazugehörigen Gegenständen nicht frei verfügen können, sondern dies nur durch alle berechtigten Personen gemeinsam geschehen kann – problematisch in dem Fall, wenn sich einer der Berechtigten weigert.
4. Kontrolle
Kontrolle bedeutet, dass das Handeln der Geschäftsführung mehr oder weniger streng überwacht wird. Bei einer Aktiengesellschaft ist das beispielsweise zwingend vorgesehen durch das Erfordernis des Aufsichtsrats – was aber auch bedeutet, dass sich Gründer überlegen müssen, welche Rechte ein Aufsichtsrat hat und wer Mitglied werden soll.
Des Weiteren gibt es Sondersituationen, in denen ein Aufsichtsrat nach dem Gesetz vorgesehen ist bzw. in einer bestimmten Art und Weise besetzt werden muss (z.B. aus den Reihen der Arbeitnehmer). Auf der anderen Seite kann man überlegen, ein freiwilliges Kontrollorgan einzusetzen (z.B. einen Beirat), um die Geschäftsführung eine freiwillige Kontrolle zu unterziehen, was ein positives Bild an Investoren vermitteln kann.
5. Publizität
Publizität bezeichnet die Offenlegung von Abschlüssen, internen Dokumenten wie Gesellschaftsverträge oder die Gesellschafterstruktur.
Bei Kapitalgesellschaften wie einer GmbH ist diese verpflichtend, d.h. jemand, der sich für eine Gesellschaft und deren – finanzielle – Situation interessiert (z.B. Gläubiger oder Investoren), kann sich in Deutschland im Handelsregister informieren.
Denn dort sind bestimmte Dokumente wie Abschlüsse zu hinterlegen. Bei Personengesellschaften wie einer oHG ist das grundsätzlich nicht der Fall. Möchte man also nicht jedem Einblick gewähren, dann steht man bei einer GmbH nun vor einem Problem (insbesondere, wenn man deren Haftungsbeschränkung haben möchte, aber sich nicht in die „Zahlen“ blicken lassen will).
6. Steuerrecht
Das Steuerrecht, welches auf die einzelnen Rechtsformen anzuwenden ist, ist überaus komplex. Wichtig ist an dieser Stelle erst einmal nur, dass es fundamentale Unterschiede gibt zwischen Kapitalgesellschaften (Körperschaftssteuer) und Personengesellschaften (Einkommensteuer).
Des Weiteren ist zu bedenken, dass es eine Besteuerung auf Gesellschaftsebene und eine auf Gesellschafterebene gibt bzw. geben kann. Daraus ergeben sich interessante Gestaltungsmöglichkeiten, aber die Belastungen können unterschiedlich hoch sein, was bedeutet, dass mit einer sinnvollen Gestaltung in bestimmten Situationen die Steuerlast gemindert werden kann.
7. Finanzierung
Die Frage der Finanzierung sei zuletzt aufgeworfen. Hier gibt es schon Unterschiede bei den Kapitalgesellschaften – bei einer GmbH bedeutet jeder neue Gesellschafter einen Gang zum Notar (mit entsprechenden Kosten), bei einer Aktiengesellschaft ist das nicht unbedingt der Fall.
Dafür kann man so relativ Geld einwerben, um Wachstum oder Investitionen zu finanzieren. Bei einer Personengesellschaft bedeutet die Gesellschafterstellung regelmäßig, dass man sich Gedanken über die Haftung machen muss, was Investoren regelmäßig nicht so gut finden. Andere Formen der Finanzierung seien an dieser Stelle gar nicht angesprochen, um den Rahmen dieses Artikels nicht zu sprengen.
Vor- und Nachteile bei jeder Rechtsform
Betrachtet man diese sieben Kriterien, so wird schnell klar, dass deren Anwendung Vor- und Nachteile haben kann. Insbesondere gibt es zwischen den Kriterien Wechselwirkungen, wie beispielsweise die Frage der Haftung und der Publizität.
Die Kunst ist es, die für einen bestimmten Unternehmenszweck und für die jeweilige Situation der Gesellschafter und der Gesellschaft passende Rechtsform zu finden.
Erst dann kann der Gesellschaftsvertrag individuell und optimal zugeschnitten werden. Genau darum geht es im nächsten Teil dieser Reihe…
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[…] wir uns einmal kurz die Situation der Gründer vor (und wir basieren diese auf das Ende des letzten Teils dieser Serie – die Gründer haben also verstanden, dass die Rechtsform individuell für sie passen muss): Sie […]
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