Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ) beschreitet neue Wege. Dieses Mal aber nicht etwa, um in die Buden säumiger Zahler einzudringen und zu überprüfen, ob sich dort nicht doch ein Radio, Fernseher oder ein sogenanntes „neuartiges Rundfunkgerät“ befindet, für das noch keine Gebühr entrichtet wurde. Nein. Diesmal lädt man den Besuch zu sich nach Hause ein, und zwar auf das gerade frisch gelaunchte Portal gez-meine-meinung.de – weil man „einigen Diskussionsstoff“ liefert, sich dessen bewusst ist und sich nun dem Dialog stellen möchte. Wie fein.
Neben einem neuen Namenszug, der aufgrund der drei – nun farblich ausgefüllten – Buchstaben und des Schlusspunktes doch arg an den von AOL erinnert, bekommt der dialogwillige Besucher noch Folgendes geboten: ein Forum, mehrere GEZ-Mitarbeiter-Blogs, Expertenchats sowie weiterführende Informationen zur GEZ. Klingt zunächst einmal einladend und daher hab ich mich mal umgeguckt.
Die von mir oben genannten Unterseiten werden an prominenter Stelle der Website (nämlich mittig und den gesamten Startplatz einnehmend) genannt, sind aber nicht verlinkt. Wer also zu ihnen gelangen möchte, muss dies über links angeordnete Buttons tun. Rechts befinden sich die Blogs der GEZ-Schreiber nach den Namen der Autoren sortiert, darunter das obige „Boxer-Video“ in Mini-Format, mit dem nochmals die Ambitionen unterstrichen werden sollen, neue Wege gehen zu wollen:
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Das Design ist also sachlich, nüchtern und kühl, ist aber auch nicht der Hauptgrund, warum man die Seite aufsucht. Gucken wir daher mal auf das Forum und die Blogs. Letztere sind das genaue Gegenteil der zuvor genannten Adjektive: In herzlichen und warmen Worten berichten die Mitglieder des „GEZ-Blogger-Teams“ aus ihrem beruflichen und privaten Alltag – fast den Eindruck erweckend, als sollte der Leser überzeugt werden, dass auch sie (nur) Menschen sind. Da berichtet beispielsweise Anja M. davon, wie sie sofort „Hier“ gerufen hat, als es darum ging, sich mit den Rundfunkteilnehmern via Blog über Themen zu unterhalten, die ihnen unter den Nägeln brennen. Und Daniela K. erzählt von einer Geburtstagsfeier eines Bekannten, auf der sie von einem Gast gegenüber einem anderen als GEZ-Mitarbeiterin „geoutet“ wurde, woraus sich eine spannende Geschichte ergab…
Die Blogeinträge könnte man fast schon sympathisch finden, wenn sie nicht so konsequent auf „Friede-Freude-Eierkuchen“ getrimmt wären und die Geschichten nicht so konsturiert-klischeehaft anmuteten. Dies lässt sich aber offenbar – zumindest am Anfang – noch nicht abstellen, da sie dem übergeordneten Zweck dienen, der GEZ ein nettes, wenngleich anonymisiertes (die Nachnamen der Blogger werden nicht veröffentlicht) Gesicht zu verleihen. Bin aber gespannt, was da noch kommt, wenn die Blogger mit dem ersten Feedback konfrontiert werden.
Noch ein Wort zum Forum: Derzeit ist da noch nicht so viel los. Es gibt momentan 46 Mitglieder, 4 Themen und 17 Beiträge. Das wird sich aber bestimmt in den nächsten Tagen und Wochen noch ändern. Schau ich mir an, wie kontrovers Themen zur GEZ auf diesem Blog diskutiert wurden… Da die Verantwortlichen offenbar zu harte Kritik scheuen, hat das moderierte Forum „Öffnungszeiten“: Von Montag bis Freitag ist es zwischen 8 und 22 Uhr geöffnet. Außerhalb dieser Zeiten sowie am Wochenende und an Feiertagen können keine Beiträge hinzugefügt werden. Welche Themen bisher eine Rolle spielten, seht ihr auf diesem Screenshot:
Wenig überraschend, dass das Thema „Rundfunkgebühren für alle“ bisher die meisten Aufrufe hatte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die GEZ-Seite ein längst überfälliger Schitt in die richtige Richtung ist. Dafür darf man den Verantwortlichen durchaus sein Lob aussprechen. Sehr störend ist momentan noch die oben erwähnte, übermäßige Freundlichkeit, mit der der Besucher empfangen wird. Und auch das Design des Angebots lässt stark zu wünschen übrig. Auf der anderen Seite ist es mir lieber, meine GEZ-Gebühr wird sinnvoll genutzt, als für das Top-Design einer Seite, auf der ich ohnehin nur das Forum besuchen möchte. Ich will ja schon gar nicht wissen, wie viel Geld der Spot und der neue Namenszug gekostet haben…
(Marek Hoffmann)