Wow, was eine Überraschung aus dem Hause AMD: Das Sulon Q Headset wird anscheinend die erste komplett kabellose VR-Brille mit ausreichend Leistung für PC-Games. Akku, Prozessor, Grafik: Alles ist bereits von Anfang an an Bord; auch das Tracking klappt komplett ohne externe Sensoren.
Das Sulon Q HMD kann man als Mischung zwischen stationärem Desktop-VR mit leistungsstarken Grafiklösungen und hochauflösendem Bildmaterial, welches allerdings kabelgebunden ist, und den Smartphone-VR-Lösungen wie etwa der Gear VR sehen. Wie auch bei den Cardboard-Brillen aus dem Hause Google sind keine externen Sensoren oder ein stationärer PC vonnöten, um den Bildschirm mit Pixeln zu befeuern.
[facebook-video fbid=“1133203620051512″][/facebook-video]Sulon Q: Nicht nur Virtual Reality
Ein großer Vorteil gegenüber der Mitbewerber ist die Fähigkeit, auch Mixed Reality (Augmented Reality) anbieten zu können. Dafür sorgen zwei Kameras, die die Außenwelt stereographisch aufnehmen und so einen Blick in die „echte“ Außenwelt ermöglichen. Und in diese Aufnahmen lassen sich problemlos virtuelle Elemente einarbeiten. Sei es etwa ganz klassisch der Windows-Desktop: Kein Problem, ähnlich wie bei der Hololens kann die Ansicht einfach im eigenen Raum fixiert werden.
In einer sehr ansehnlichen Demo bewirbt der Hersteller Sulon die Brille mit einem Riesen, der einen zunächst aus dem eigenen Raum herausgewachsenen Baum durch das Dach herauszieht. Und hier sieht man schon den enormen Aspekt, den Mixed Reality spielen könnte. Wunderbar präsentiert auch Microsoft diese gemixte Welt zwischen realen Elementen und digital eingefügten Objekten: In der zwei Minuten langen Werbung für den Superbowl 2016 zeigte der Konzern die eigene Vision von Augmented Reality. Absolut sehenswert!
[parallax-image caption=““] [/parallax-image]Das geht natürlich nur mit einem technologischen Kompromiss: Eine Grafikkarte, die rund 250 Watt verbraucht, kann nicht kabellos in einer VR-Brille betrieben werden. Technisch gesehen ist die Sulon Q da natürlich deutlich schwächer aufgestellt – schlecht ist die verbaute Technik aber nicht.
Technische Daten der Sulon Q
Technische Daten / Spezifikationen | |
Prozessor | AMD FX-8800P, APU, TDP 35 Watt |
Grafik | Radeon R7, im Prozessor integriert |
Sensoren | Bewegungssensoren (6dof), Spatial Mapping |
RAM | 8 GByte DDR3 |
Speicher | 256 GByte, SSD |
Displayauflösung (pro Auge) | 1280×1440 Pixel |
Bildwiederholrate | 90 Hertz |
Field of View | 110 Grad |
Audio | Integrierter Klinken-Ausgang, Spatial Audio, Noise Cancelling |
Betriebssystem | Windows 10, Project Dragon, AMD LiquidVR |
Anschlüsse | WLAN, Bluetooth, 2x USB 3.0, Micro-HDMI |
Lieferumfang | Sulon Q Headset, drahtlose Tastatur, Maus |
Na ihr seht schon, viel mehr Power als beispielsweise der neue Snapdragon 820 für den Mobilmarkt, aber immer noch viel weniger Dampf als die richtig großen Grafikkarten wie etwa der GTX 970, die als Mindestmaß für Oculus Rift und HTC Vive gefordert wird. Leistungstechnisch ist der Prozessor mit integrierter Grafiklösung etwa so stark wie ein aktueller Intel Core i3-5005U – hier wäre also noch ordentlich Luft nach oben frei. Da AMD in letzter Zeit aber nicht gerade als besonders energiesparend bekannt ist, wird eine viel stärkere APU alleine von der Temperatur schon gar nicht mehr angenehm am Kopf zu tragen sein. Im 3DMark 11 erreichte der FX-8800P aus der Carrizo-Generation 2753 Punkte.
Das Tracking funktioniert komplett ohne externe Hardware – die HTC Vive ist zum Beispiel auf zwei externe Lasersensoren mit dem Namen „Lighthouse“ angewiesen. Der Raum rund um die Brille wird von insgesamt vier Kameras erfasst. Zwei erfassen mit Augenabstand den Raum in der Front, jeweils eine Kamera guckt nach rechts und links. So weiß die Sulon Q ganz genau, wo sie sich befindet.
Zur Akkulaufzeit sagte AMD bisher nichts – Bei einem Gesamtstromverbrauch von etwa 40 Watt dürfte vor allem die Größe des Energiespeichers ausschlaggebend sein. Mindestens 80 Wattstunden sollten hier eingesetzt werden. Denn: Kurze VR-Sessions sind zwar mal schön, aber nicht immer das Maß der Dinge. Außerdem sind zu lange Erfahrungen in Virtual Reality (noch) etwas anstrengend – es ist halt immer noch keine echte Welt, durch die man sich bewegt. Vielleicht entscheidet man sich ja dafür, den Akku auswechseln zu können.
Release noch im Frühjahr 2016
Die Sulon Q ist keine Machbarkeitsstudie, sondern ein reales, fertiges Produkt. Und deshalb wird sie auch schon bald verkauft werden. Die Hersteller sprechen vom Frühling 2016. Ein ganz genaues Datum gibt es noch nicht, wir werden es aber natürlich hier ergänzen, sobald es feststeht.
Lohnt sich die Anschaffung?
Sollte man sich die Sulon Q kaufen? Nun ja, das hängt von zwei Faktoren ab. Am wichtigsten wird wohl die Frage sein, welche Software mit der Sulon Q genutzt werden kann. Denn: Ohne Spiele, Anwendungen oder sonstige Software ist dieses Headset ziemlich nutzlos. Im Idealfall kann SteamVR-Content gespielt werden – hier finden sich schon jetzt viele unterstützte VR-Spiele, die auf der Vive und der Rift ausprobiert werden können.
Desweiteren: Wie weit ist diese VR-Brille technisch ausgereift? Hier handelt es sich um das erste drahtlose Headset, welches unter Umständen einige Kinderkrankheiten mitbringt. Etwa ein möglicherweise schlechtes Gewichtsverhältnis – so scheint die Brille eine große Tiefe zu besitzen, um die ganze nötige Technik unterzubringen. Vielleicht wird die Brille auch sehr warm: Irgendwohin müssen die 35 Watt TDP des Prozessors transportiert werden. Wenn die Kühlung Probleme hat, wird es schnell warm – und auch ohne zusätzliche Wärmequelle staut sich in einer VR-Brille schon gerne die Wärme. Das sorgt für mehr Schweißbildung in der Brille, was nicht besonders lecker ist.
Unzweifelhaft ist es aber super, dass dieses VR-Headset kabellos operiert. Damit sind erstmals echte unendlich große VR-Welten realisierbar. Immerhin ist bei der HTC Vive auch nach rund fünf Metern Kabel Schluss mit Lustig, die Oculus Rift kommt von Haus aus mit nur vier Metern.
Was wird die Sulon Q kosten?
Zum Preis gab es noch keine genauere Infos. Besonders günstig wird es aber auch hier nicht werden. Technologisch ist die Brille auf dem neuesten Stand, und da ein kleiner Computer schon mehr oder weniger integriert ist, wird auch das zu Buche schlagen.
Persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass die Brille unter 1000 Euro erscheinen wird. Während Rift und Vive auf einen PC angewiesen sind, muss dieser ja innerhalb der Sulon Q verbaut sein. Das ist ein Kostenpunkt, der nicht zu vernachlässigen ist. Wir werden aber wegen des baldigen Erscheinungsdatums schon recht schnell eine unverbindliche Preisempfehlung hören.
Sulon Q vs Microsoft Hololens: Vor- und Nachteile
Die Sulon Q ist eine erste echte Konkurrenz zur Microsoft Hololens. Alle gängigen VR-Brillen sind nicht in der Lage, „richtiges“ Augmented respektive Mixed Reality zu bieten. Und rein von den technischen Daten scheint die Sulon Q der Hololens einiges voraus zu haben: Deutlich größeres Blickfeld, in dem VR-Content eingeblendet werden kann, bessere technische Daten und auch sonst (theoretisch) ein größeres Einsatzgebiet.
Aber: Die Hololens ist vom Sichtfeld recht offen und ist nicht auf ein Passthrough von Bildern aus der „echten“ Welt angewiesen. Dadurch kann ein Hololens-Nutzer mehr von der Umwelt mitbekommen und ist nicht von der Außenwelt abgeschirmt. Durch die nahe am Kopf platzierte Hardware ist die Hololens wahrscheinlich länger bequem tragbar. Insgesamt gibt es aber sowohl zur Microsoft Hololens als auch bei der Sulon Q zu viele Fragezeichen, als dass sich hier schon ein vorläufiges Fazit ziehen lassen könnte.
„In der VR-Brille sitzt die Technik eines High-End-Notebooks.“
Ähm nein, nicht wirklich. Eine Nummer kleiner hätte es auch getan. 😉
Ein aktuelles High-End-Laptop besitzt einen Skylake Quadcore i7 nebst GTX 970M/980M, UHD-Display, 16GB DDR4-Ram und eine 512GB+ NVMe-SSD.