Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt von Grund auf. Deshalb entstehen neue Berufsbilder. Doch was versteckt sich hinter den Bezeichnungen? Das möchten wir in „Und was machst du so?“ greifbar machen. Heute: Andrew Santos und der Beruf des Data Evangelist.
Der Start in den Tag als Data Evangelist
Andrew, du arbeitest als Data Evangelist bei CTRN. Beschreibe uns doch einmal in vier Sätzen, wie du deinen Beruf neuen Freunden erklärst.
Wir sind eine Marketing-Agentur. Meine Rolle ist es, unsere Kunden dafür zu sensibilisieren, wie sie auf Basis von Daten bessere Entscheidungen treffen.
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Ganz gleich, ob es sich um ein Start-up oder einen globalen Konzern handelt: Unternehmer und Marketing-Verantwortliche treffen oft Entscheidungen aufgrund von Zahlen, die aber nicht das große Ganze im Bild haben.
Daher ist es mein Job, ihnen dabei zu helfen, die richtigen Daten-Punkte zu erkennen, sie miteinander zu kombinieren und sie dafür zu sensibilisieren, diese Zahlen auch in ein Verhältnis zu stellen, damit sie keine Potentiale verpassen.
In den allermeisten Fällen arbeite ich dabei mit bereits vorhandenen Daten, ohne dass ich neue Zahlen erheben muss.
Wie sieht ein normaler Tag in deinem Beruf aus?
Ich verbringe viel Zeit mit der Analyse von Zahlen und in Meetings. Die Analyse ist die Basis meiner Arbeit. Dabei schaue ich, wo Verknüpfungen von Daten sinnvoll sind – und wo nicht. So erkenne ich Wachstumspotenziale, die ja für jedes Unternehmen so wichtig sind.
In Meetings stimme ich meine Erkenntnisse mit meinem Team ab und wir challengen uns gegenseitig. Schließlich bereiten wir das Ganze so auf, dass wir in Workshops mit unseren Kunden ihnen unsere Erkenntnisse aufzeigen und gemeinsam diskutieren, inwiefern diese umsetzbar sind.
Und womit startest du in den Tag?
Mein erster Blick des Tages gilt meinem Kalender. Je nachdem, ob und was ich für Meetings habe, entscheide ich dann, was ich anziehe. Wenn ich zum Kunden muss, wähle ich eine Business-Casual-Variante. Wenn ich in unserem CRTN-Büro arbeite, ist auch ein Hoodie voll in Ordnung.
Im Büro selbst widme ich mich zuerst immer ganz bestimmten KPIs: Wo stehen unsere Kunden? Wirken bestimmte Maßnahmen? Sind die Sales-Zahlen im Plan? Diese Vorgehensweise habe ich gelernt und kultiviert, als ich in Start-ups gearbeitet habe – und ich halte sie für überaus wichtig.
Man hat vor allem immer dann die Freiheit und Pflicht, die langfristige Strategie (weiter) zu entwickeln, wenn man das Tagesgeschäft unter Kontrolle hat.
Die Aufgaben als Data Evangelist
Welche Aufgaben fallen in deinen Bereich?
Ich bin in alle Prozesse und Abläufe im Marketing eingebunden. Ich muss die „Pain Points“ der Kunden – also die Customer Journey – verstehen und sämtliche Datenpunkte an dieser ausrichten.
Es bringt ja nichts, Entscheidungen nur auf Basis von Zahlen zu treffen. Man muss dabei immer auch den Kunden im Blick haben und antizipieren, wie sich Entscheidungen für ihn anfühlen und auswirken werden.
Wie definierst und interpretierst du deinen Job als Data Evangelist persönlich?
Ein Data Evangelist muss damit leben können, oftmals im ersten Schritt als Spielverderber wahrgenommen zu werden. Solange es keine solide Datengrundlage gibt, stelle ich alles infrage.
Kreative Ideen sind super, aber kreative Ideen, die von Daten untermauert werden, sind unschlagbar. Und es geht nicht nur um Performance Marketing. Auch im Content oder Brand Marketing gibt es sehr gute, sehr hilfreiche Kennzahlen, an denen man die Arbeit ausrichten kann.
Wie ist deine Stelle in die Unternehmensstruktur eingegliedert? Das heißt: An wen berichtest du und mit wem arbeitest du zusammen?
Das kommt natürlich auf die Größe eines Unternehmens an. Normalerweise berichte ich mit meiner Arbeit direkt an den CMO. Ich bin überzeugt davon, dass gerade in der heutigen Zeit, in der eine Vielzahl von Kanälen und Einflüssen eine Rolle für das Marketing spielen, CMOs eine hohe Datenkompetenz aufweisen müssen.
Spaß und Dankbarkeit in deinem Beruf
Selbstverständlich wird die Rolle eines Data Evangelist in jedem Unternehmen unterschiedlich ausgelegt. Welche Perspektiven kommen bei dir zu kurz, die grundsätzlich zum Berufsbild gehören?
Ich träume davon, dass wir irgendwann an den Punkt kommen, an denen Unternehmen nicht mehr in Silos arbeiten.
Wenn alle Aktionen, die irgendwo in einer Organisation passieren, transparent, vernetzt und mit Daten zu belegen sind, kommen wir an den Punkt, wo wir mit sehr einfachen Mitteln die Effizienz und Profitabilität einer Firma wirklich maximieren können.
Da sind wir leider aktuell noch viel zu selten. In einer perfekten Welt wäre jede Führungskraft auch ein Data Evangelist.
Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß?
Ich liebe es, als Generalist im Marketing agieren zu dürfen und somit Bezugspunkte zum Branding, zu Content und auch zu Performance-Prozessen haben zu dürfen.
Das macht die Arbeit extrem abwechslungsreich und herausfordernd. So kann und muss ich ständig neue Perspektiven einnehmen und jede Hypothese auf ihre Tauglichkeit überprüfen.
Wofür bist du besonders dankbar?
Persönlich: Dass meine Kinder gesund sind. Dass wir bei CRTN ein so gutes Team sind und ich zwei sehr fähige Co-Gründer habe und wir uns auch persönlich sehr gut verstehen.
Stolz bin ich darauf, dass ein Teil unseres Teams und ich nun schon seit fast acht Jahren zusammenarbeiten und sie mir mehrfach in unterschiedliche Unternehmen gefolgt sind. Diese Routine, die wir miteinander haben, verschafft uns einen großen Vorteil.
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Und wie wird man jetzt ein Data Evangelist?
Insbesondere in der Digital-Branche gibt es häufig nicht mehr die klassische Ausbildung. Wie bist du zu deiner Stelle gekommen?
Das stimmt. Als ich Business und Management studiert habe, hätte ich niemals gedacht, dass ich den Job, den ich heute ausüben würde, ergreifen würde. Wie auch? Es gab ihn nicht.
Als ich 2010 nach Berlin gekommen bin, habe ich zuerst ein Praktikum gesucht und mich in einer Mobile-Advertising-Firma beworben. Wir hatten gute Gespräche, aber am Ende waren sie zu klein und hatten tatsächlich keinen Tisch für mich. Wenige Wochen später las ich, dass sie wachsen und in ein größeres Büro umziehen.
Also meldete ich mich wieder beim Gründer und brachte mich in Erinnerung. Das hat ihm wohl imponiert, sodass ich gleich einen Job als Junior bekam. In diesem Job habe ich dann unfassbar viel über Performance Marketing gelernt. Und das halte ich bis heute als sehr wesentliche Basis für den Job eines Marketing-Generalisten, der man als Data Evangelist sein muss.
Ich kann bis heute selbst sehr effizient Google-Adwords- oder auch Facebook-Kampagnen aufsetzen und kenne auch die gängigen Programmatic-Tools. Das ist nicht nur für Start-ups, sondern mittlerweile auch für Konzerne ungemein wichtig.
Welchen Tipp würdest du einem Neueinsteiger oder interessierten Quereinsteiger geben, der auch Data Evangelist werden will?
Finde einen guten Mentor, der geduldig ist – und der vor allem aber einen super Job macht. Schau also, wo du was in der Praxis lernen kannst. Denn so wichtig ich auch die Bildung an der Hochschule oder in Ausbildungen finde: Man lernt nicht unbedingt das, was in fünf Jahren noch relevant sein wird.
Und darauf kommt es an. Enorm wichtig ist ein gutes Verständnis von mathematischen Zusammenhängen. Wenn man also in der Schule Mathe nicht mochte, ist die Wahrscheinlichkeit zumindest gegeben, dass man im Job des Data Evangelist nicht glücklich werden wird.
Vielen Dank, Andrew!
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