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Straßenverkehrsordnung: Der feine Unterschied zwischen Handys und Festnetz-Mobilteilen

panasonicDa kann man sich nur an den Kopf packen, ich meine, womit – bitteschön – verbringt die deutsche Judikative heute ihre Zeit? Das Oberlandesgericht Köln hat vor wenigen Minuten eine Pressemitteilung rausgehauen, die bewirkt hat, dass Kollege Lücke drüben immer noch unter dem Schreibtisch liegt und sich lachend den Bauch hält. Es geht um die feine Differenzierung zwischen Geräten, die „gemeinhin als Handys bezeichnet“ werden und den Mobilteilen von Festnetz-Telefonen. Falls ihr es noch nicht wusstet: da bestehen gewaltige Unterschiede!

Ein Mann war… haha, ach – ne: ich zitiere einmal direkt die Pressemitteilung. Achtet dabei bitte mal auf den O-Ton, die filigran gearbeitete Dramaturgie, den zarten Spannungsbogen. Wie bei Steven King, ehe ein böser Clown um die Ecke kommt oder ein Eimer Schweineblut von der Ballraum-Decke fällt.

Ein Bonner Autofahrer war etwa 3 km von seinem Haus entfernt, als in seiner Tasche das Mobilteil seines Festnetz-Telefons piepte. Er nahm es heraus, schaute es an und hielt es an sein Ohr.

Wie als wenn der weiße Hai kommt: „Was passiert als nächstes?“ Wahrscheinlich war es bereits tiefste Nacht und der Seitenstreifen der abgelegenen Landstraße leuchtete schwach im fahlen Schein des Mondlichtes. Ein Wolf heulte im nahegelegenen Wald, irgendwo stieß eine Eule einen Schrei aus. Herr Nolte vom Dezernat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Oberlandesgericht Köln hat sicherlich gleich mehrere Abos bei Bastei-Lübbe laufen.


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Tatsächlich folgte auf die überraschende Regung des Telefons die Katastrophe, eine Polizeistreife kassierte den Mann ein. Mit Telefon am Steuer? Das fällt leider unter das Handyverbot im Sinne von § 23 Abs. 1 a StVO. Das macht dann 40 Euro, bitte. Der Mann setzte sich zur Wehr und verteidigte sich mit den Worten, dass es sich mitnichten um ein Handy handeln würde, sondern nur um den Hörer seines schnurlosen Festnetztelefons. Zufälligerweise hatte er ihn in seine Tasche gepackt, er könne doch auch nichts dafür, wenn das Ding Töne von sich gebe. Doch die Wachtmeister beurteilten den Fall anders.

Der Mann ging vor Gericht, wo die Richter ihm die Story aber nicht abkauften: Ob Festnetz oder Mobilfunk – das ist egal, im Straßenverkehr habe das nichts verloren. Doch er ließ sich damit nicht abspeisen und ging mit seinem Anwalt – noch einmal: es ging um 40 Euro! – eine Instanz höher zum Kölner Oberlandesgericht. Hier zeigte der 1. Strafsenat ein Einsehen:

Schnurlostelefone bzw. deren „Mobilteile“ bzw. „Handgeräte“ könnten nach dem allgemeinen Sprachverständnis nicht als Mobiltelefone im Sinne des sog. Handyverbots angesehen werden.

Laut den Richtern hatte der Gesetzgeber bei dem Verbot tatsächlich nur Handys im Sinn und keine Gigaset-Knochen. Das wäre auch witzlos, so die Juristen, da Anbetracht der „allseits bekannten Sinnlosigkeit des Vorgangs“ kaum jemand seinen Festnetz-Hörer ins Auto mitnehmen würde. Deshalb nimmt das Gericht auch davon Abstand, für vergleichbare Fälle in der Zukunft irgendwelche Regelungen zu erlassen. Wenn ihr also irgendwann einmal telefonierend von der Polizei im Auto erwischt werden: Seht zu, dass es ein Festnetzgerät ist. Dann winkt mit eurem tonnenschweren Hörer und beruft euch auf den Beschluss vom 22.10.2009, Az. 82 Ss-OWi 93/09. Dann müssen sie euch ziehen lassen.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

17 Kommentare

  • jau.
    und?
    lass mich mitlachen. ich versteh den witz nicht.
    ein mann hat seinen dect-knochen im auto am ohr uns sagt: das ist kein handy.
    das gericht gibt ihm recht und sagt auch: ein dect-knochen ist kein handy.

    ???

  • Ich habe selten eine genialere Nachricht gelesen als diese 🙂

    Das beziehe ich übrigens sowohl auf die Original PM wie auf Andrés Meldung! 😀

  • Übrigens ist das mit einem BMW mit Bordtelefon gar kein Problem. Die haben nämlich ein Motorola Bluetooth Mobilteil, welches fast baugleich mit den Gigaset Knochen ist. Gleich mal meinem Bekannten sagen, der damit immer telefoniert! 😉

  • Man solche Beiträge könnt ihr Euch echt sparen. Die deutsche Justiz beschäftigt sich mit Fällen, die an sie herangetragen werden. Die vorgetragenen Sachverhalte (ja solche Dramaturgie, wie es hier genannt wird, ist eben notwendig um einen Tatbestand abzuklappern. Man sollte froh sein, dass das in Deutschland so genau gemacht wird) werden mit vorhandenen gesetzlichen Tatbeständen abgeglichen. Ziel: Schuld/Unschuld, Vorsatz/Vergehen prüfen.

    In diesem Fall bestand eben eine Gesetzeslücke. Der Gesetzgeber kam nicht auf den GEdanken Mobilteile in den Straftatbestand zu berücksichtigen. Das kommt immer wieder vor. Das Gesetz wird irgendwann angepasst werden.

    Was daran lustig, genial oder sonst was sein soll – sorry kapier ich nicht.

  • Lustig daran ist nur, dass hier jemand offensichtlich das getan hat, was verboten ist – nämlich sich mit einem Telefon am Ohr eine Hand für den Straßenverkehr zu blockieren – und dass dann aufgrund der Bauart des Telefons befunden wird, dass er im Recht war. Völlig irrwitzig!

  • Dieses Urteil, wird sicher auch alle Amateurfunker freuen, die ein mobiles Funkgerät im Auto eingebaut habe. Obwohl das Bedienen eines solchen Gerätes sicherlich genauso vom Strassenverkehr ablenkt wie ein Handy, wenn nicht sogar noch mehr, ist demnach dieses Tun nicht vom Handyverbot am Steuer abgedeckt und somit erlaubt, auch ohne Freisprecheinrichtung.

  • Interesant ist dies erst durch die Vermischung von Handy und Hausgerät. An meiner Uni in Holland wurde die Mitarbeiter und Dozenten gerade mit Geräten ausgestattet, die in Reichweite über Wlan, außerhalb der Reichweite über GSM funktionieren.

    So haben die selbst auf unserem weitreichenden Campus überall eine Verbindung.

    StVO – eat that!

  • da gibt es eine interessante vergleichbare Story aus Österreich.

    Ein Anwalt fährt mit 90 Sachen durch das Ortsgebiet, wird geblitzt und sucht natürlich nach einem Weg den Schein nicht abgeben zu müssen. Es handelte sich um eine Ortschaft im Grenzgebiet zu Slowenien. In Österreich gibt es ein Gesetz, welches besagt, wenn eine gewisser Anteil der Einwohner einer Stadt Ausländer sind, müssen die Ortstafeln zweisprachig sein. Wie Gott will, war dieser Anteil erreicht und die Ortstafeln nicht zweisprachig. Der Anwalt musste seinen Schein nicht abgeben, dafür hat sich die Politik und die Medien den Kopf darüber zerbrochen, wie sinnvoll und gerechtfertig zweisprachige Ortstafeln sind.

    Ich wusste schon immer, ich muss noch ein Studium anhängen 🙂

  • So ist die deutsche Justiz. Aber was soll man machen? Ich finde es gibt noch weitaus unsinnigere Regelungen siehe das Steuersystem Deutschlands, in diesem findet man zu Hauf solcher Fälle.