Technologie Wirtschaft

Künstliche Intelligenz als Totengräber des Urheberrechts?

Künstliche Intelligenz Urheber, KI, Urheberrecht, ChatGPT
Adobe Stock/ SIAMRAT.CH
geschrieben von Carsten Lexa

Wer in Deutschland einen Text, ein Bild oder ein Musikstück erschafft, gilt als Urheber und verfügt über die entsprechenden Rechte. Doch was ist, wenn nicht ein Menschen, sondern eine KI-Software erschaffen die Inhalte erschaffen hat? Oder etwas polemisch gefragt: Ist Künstliche Intelligenz der Totengräber des Urheberrechts?

Gleich einmal vorweg: In Deutschland gibt es derzeit keine spezifischen Normen, die sich mit der Verwendung von „KI-Generatoren“ auseinandersetzen.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob die derzeitigen Normen und Regelungen ausreichen, um die durch KI-Systeme geschaffenen Situationen zu regeln. Dabei lautet die zentrale Frage: Wer ist der Urheber der Werke von Künstlicher Intelligenz?

Urheberrecht: Künstliche Intelligenz als Urheber?

Denn die Problematik besteht darin, dass eine KI Werke ohne menschlichen Künstler schaffen kann. Gemäß § 7 UrhG muss der Urheber nach deutschem Recht aber immer eine natürliche Person sein, denn dort heißt es, dass der Urheber eines Werkes der „Schöpfer“ ist.

Das Urheberrecht sieht als Voraussetzung für den gesetzlichen Schutz also vor, dass ein Werk eine „persönliche geistige Schöpfung“ ist und damit von einer natürlichen Person geschaffen wurde. Daraus ergeben sich zwei Folgen:

Im Gegensatz zu menschlichen Urhebern sind KI-Systeme nicht in der Lage, einen Schöpfungsakt im Sinne des Urheberrechts durchzuführen. KI-Systeme sind algorithmische, maschinelle Entitäten, die Werke auf der Grundlage von Daten und Mustererkennung erstellen.

Die Frage, ob ein durch KI erstelltes Werk eine ausreichende Schöpfungshöhe und Originalität aufweist, um urheberrechtlich geschützt zu werden, ist ebenfalls problematisch. Oftmals basieren KI-generierte Werke auf bereits bestehenden urheberrechtlich geschützten Werken, die als Trainingsdaten dienen. Dies kann zu einer Kollision mit bestehenden Schutzrechten führen.

Unter Berücksichtigung dieser Charakteristika ist die Anwendung des deutschen Urheberrechts auf KI-Systeme als Urheber wohl nicht möglich. Denken könnte man bei der Frage nach dem Urheber nun an den Betreiber bzw. Entwickler des Programms oder den Nutzer, der den Input für das zu erzeugende Werk liefert.

Urheberschaft für den Nutzer

Die Annahme einer Urheberschaft für den Nutzer wäre dann denkbar, „wenn der Einfluss eines Menschen so bestimmend ist, dass ihm das Ergebnis des Gestaltungsprozesses noch zugerechnet werden kann“. Nun kann man sicherlich sagen, dass ein Nutzer das Ergebnis durch Hinzufügen diverser Kriterien oder durch Umformulierung des generierten Textes in die gewünschte Richtung lenken kann. Eine eigene Schöpfungsleistung des Nutzers in Abgrenzung zu derjenigen der KI ist jedoch wohl nur schwerlich festzustellen oder zu bemessen.

Es lässt sich aber weiterhin überlegen, ob der Eingabebefehl (im Englischen „Prompt“) in den Schutzbereich des Urheberrechtsschutzes fällt. Dann müsste jedoch klar sein, welche Anforderungen an die eingegebene Zeichenfolge gestellt werden müssen. Die Wortkombination im Eingabefeld eines Bildgenerators lassen jedoch eine eigene Schöpfungshöhe nur schwerlich erkennen.

Urheberschaft für den Betreiber/ Entwickler

Der Betreiber bzw. Entwickler des Programms wäre dann noch jemand, den man als Urheber ansehen könnte. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass insbesondere der Entwickler durch die Programmroutine die Gestaltung von Werken ermöglicht, erscheint dies als ein denkbarer Ansatz. Wenn jedoch die KI-Software selbständig „lernt“ wird deutlich, dass der Beitrag des Entwicklers keine große Rolle mehr spielt.

Darüber hinaus wäre dann der Entwickler der Urheber von unter Umständen Millionen von Texten, Bildern oder Musikstücken, ohne dass er davon wüsste. Nun ist die aktive Kenntnis nicht unbedingt ein maßgebliches Kriterium, aber dennoch erscheint es seltsam, wenn der Entwickler der Software nicht einmal absehen kann, wie die Software zu ihren Ergebnissen kommt. Diese Ergebnisse dann aber dem Entwickler zuzurechnen erscheint fragwürdig.

Urheber: Künstliche Intelligenz schafft Werke und damit Probleme

Diese Gedanken zeigen, welche Problematik sich durch von KI geschaffene Werke auftut. Das Problem wird sogar noch größer, wenn man berücksichtigt, wie jemand nun Schutzrechte basierend auf von KI geschaffenen Werken geltend machen will, insbesondere wenn ein von einer KI geschaffenes Werk von einer Person weiter entwickelt wird. Welche Lösungsansätze könnte man nun diskutieren?

Man könnte daran denken, das Urheberrecht an die neuen Gegebenheiten anzupassen, indem es auf KI-generierte Werke ausgedehnt wird. Dies könnte beispielsweise durch die Schaffung einer neuen Kategorie von Schutzrechten oder die Anerkennung von KI als Miturheber erfolgen.

Urheber: Künstliche Intelligenz durch Leistungsschutzrechte schützen

Eine andere Möglichkeit wäre, KI-generierte Werke durch verwandte Schutzrechte, wie etwa Leistungsschutzrechte, zu schützen. Damit könnten die Interessen von Rechteinhabern, beispielsweise den Entwicklern von KI-Systemen, besser berücksichtigt werden.

Dies wäre kein gänzlich neuer Vorgang, denn die Leistungsschutzrechte als „sonstige Schutzrechte“ wurden 1965 basierend auf neuen technologischen Entwicklungen eingeführt.

Sodann könnte man berücksichtigen, dass das Urheberrecht darauf abzielt, menschliche Kreativität und geistige Leistungen zu schützen. Daher sollte der Schutz von KI-generierten Werken nicht in den Vordergrund rücken, sondern vielmehr die Interessen der menschlichen Urheber gewahrt werden.

In diesem Zusammenhang könnte die Rolle der KI als ein Werkzeug zur Schaffung von Werken betrachtet werden, während der menschliche Urheber weiterhin im Mittelpunkt steht.

Schließlich könnte man überlegen, das Urheberrecht sich an die technologische Entwicklung anpassen und den spezifischen Charakteristiken von KI-generierten Werken Rechnung tragen sollte. Dies könnte beispielsweise durch die Einführung von Regelungen zur Haftung von KI-Systemen oder zur Lizenzierung von KI-generierten Werken erfolgen.

Künstliche Intelligenz vs. Urheberrecht: Fazit

Alle diese Überlegungen zeigen jedoch, dass die Frage nach dem Umgang mit KI-generierten Werken nach derzeitigem Stand der Gesetze in Deutschland stark problematisch ist. Den Besonderheiten der Schaffung von Werken durch KI-Systeme wird derzeit nicht Rechnung getragen – was jedoch derzeit noch nicht verwunderlich ist, bedenkt man die Geschwindigkeit der Entwicklung in diesem Bereich in den letzten Monaten.

Es wird jedoch deutlich, dass eine gesetzliche Regelung dringend erforderlich ist. Die „alte“ Bild vom Menschen, der Werke erschafft, verliert rapide an Bedeutung. Dies jedoch zwingt zu einer neuen Betrachtung von „Urheberschaft“.

Es bleibt nur zu hoffen, dass der Gesetzgeber eine pragmatische Lösung findet, die der technischen Entwicklung Rechnung trägt und diese, insbesondere in Deutschland bzw. in Europa, nicht verhindert. Der Blick auf Italien lässt erahnen, welche harten Diskussionen uns in der nächsten Zeit erwarten.

Auch interessant:

Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.