Jede Firma erzählt uns, dass ihr Produkt das beste, innovativste, verlässlichste ist. Kundenbewertungen bringen hier inzwischen schon ein wesentliches Stück mehr Informationsperspektive für Kaufentscheidungen – egal, ob es sich um Produkte oder Dienstleistungen handelt.
Doch es gibt auch Wege für Unternehmen, Produktversprechen selbst glaubwürdiger zu gestalten: Dadurch, dass ihre Mitarbeiter die Qualität und den Spirit der Marke an allen Touchpoints nach außen tragen und dadurch erfahrbar machen als Markenbotschafter.
Das genau ist die Jobbeschreibung eines Markenbotschafters: Die Marke; die Firma und den damit verbundenen Spirit für alle quasi anfassbar zu machen. Durch ihr Auftreten und durch ihre Arbeit. Die Idee ist, dass Kunden durch Kontakt zu der „personifizierten Marke“ in Form der Markenbotschafter live erfährt, wofür die Marke steht und was er von der Dienstleistung oder dem Produkt erwarten kann.
Wozu Markenbotschafter?
Das Potenzial beim Einsatz von Markenbotschaftern ist sehr groß: Wer alle Kommunikations-Touchpoints konsequent mit in den Mix nimmt, verfügt plötzlich über eine Vielzahl an professionellen Anlaufstellen für Interessenten. Denn diese können die Marke dann im direkten Kontakt mit den Markenbotschaftern sowohl im Social Web, als auch auf Messen oder in Workshops direkt kennenlernen.
Gerade, wenn der Mitarbeiter das Produkt ist – wie bei einer Unternehmensberatung –, ist dieser Ansatz ein Erfolgsfaktor: Sowohl Bewerber als auch Kunden und potenzielle Kunden bekommen einen Eindruck, wie eine Zusammenarbeit wäre und jeder Mitarbeiter ist eingeladen, den Markenspirit durch die eigene Persönlichkeit mitzuprägen und zu transportieren.
Genau das ist auch der Charme einer konsequenten Markenbotschafter-Strategie: Jeder Mitarbeiter kann aktiv Verantwortung für die Darstellung seines eigenen Jobs nach außen übernehmen und die Dinge, die ihn begeistern, weitergeben. Alle nehmen wahr, dass sie „im gleichen Boot“ sitzen und dass sie Anteil am Erfolg der positiven Wahrnehmung „ihrer“ Marke haben.
Darüber hinaus lernen die Markenbotschafter neue Fähigkeiten – vom Gestalten von digitalen Profilen bis hin zu Public Speaking – und können ihre Eigenmarke professionell mit der Unterstützung ihres Unternehmens ausbauen. Ihr persönliches Netzwerk wächst.
Studie zeigt: Noch nicht weit verbreitet
Laut einer aktuellen Studie haben nur 7 Prozent der darin befragten Unternehmen bereits eine umfassende Markenbotschafter-Strategie. 40 Prozent setzen immerhin einen Teil der Mitarbeiter bereits strukturiert als Marken-Repräsentanten ein, aber über 50 Prozent der Unternehmen sind maximal in ersten Überlegungen hierzu oder haben noch gar keinen Ansatz.
Das scheint vor allem an einer gewissen Skepsis zum einen gegenüber einer Demokratisierung von „Unternehmenssprechern“ zu liegen – sowohl auf Seiten der Unternehmen, als auch der Mitarbeiter selbst. Die zusätzliche Verantwortung kann als ungewohnt und vielleicht sogar überfordernd wahrgenommen werden.
Ehrlicherweise ist deshalb nicht jeder als Markenbotschafter (zumindest auf die gleiche Weise) geeignet. Durch ein klares Konzept, das top down gelebt wird, bekommen alle Selbstbewusstsein und können ihren individuellen Zugang finden. Aber Mut zum Ausprobieren steht am Anfang.
Es lohnt sich deshalb zwei verschiedene Typen von Markenbotschaftern zu etablieren: Eine Gruppe, in die alle fallen – vom Empfang bis zum Management. Und eine, in der nur ausgewählte Mitarbeiter sind, die zusätzliche Aufgaben mit noch größerer Sichtbarkeit und gegebenenfalls Marketingbudget-Unterstützung übernehmen können und wollen.
Markenbotschafter-Abstufungen
Idealerweise hat ein möglicher Mitarbeiter bereits vor einer Bewerbung Kontakt zu Markenbotschaftern – über eine Messe oder über Content auf den digitalen Kommunikationskanälen. Im Beratungsgeschäft kann dieser Aspekt für die Employer-Brand und die stark umkämpfte Zielgruppe („War for Talents“) das Zünglein an der Waage sein. So bekommen Bewerber nicht nur ein authentischeres Bild des Arbeitgebers, sondern auch schon eine Idee, was dazu gehört, das Unternehmen zu repräsentieren.
Typ I Botschafter brauchen ein solides Grundwissen, wofür die Marke steht, wie sich der Unternehmensspirit manifestiert und wie sie diesen professionell rüberbringen. Sie sollten geschult werden, wie Social-Media-Kanäle (besonders die Business-Netzwerke) funktionieren und wie sie ihre Personal Brand dort auf- und ausbauen. Sie sollten ein SEO-Grundwissen haben und klar wissen, wen aus der Marketing- oder Kommunikationsabteilung sie bei Fragen ansprechen können.
Idealerweise wird ein Markenbotschafter-Ansatz top down gelebt und ist Bestandteil der Marketing-Strategie. Markenbotschafter vom Typ II haben meist noch zusätzliche Aufgaben wie Akquise oder aktives Reputationsmanagement. Sie können Protagonisten in Content-Strecken sein, auf Konferenzen sprechen, Advertorials verfassen, auf Messen am Stand präsent sein, im Community-Management aktiv auftreten oder spezielle Events betreuen (zum Beispiel Fireside-Chats, Alumni Events, Talentpool-Veranstaltungen).
So kommen Markenbotschafter sowohl entlang der Customer Journey an den verschiedensten digitalen und analogen Touchpoints zum Einsatz, als auch entlang des Employee-Life-Cycles (zum Beispiel auf Recruiting-Veranstaltungen, im Auswahlverfahren und Onboarding neuer Mitarbeiter oder Alumni-Events).
Markenbotschafter als ganzheitliche Marketingunterstützung
Obwohl Markenbotschafter in ihrer Funktion Teil der Markenbildung und damit des Marketings sind, sind sie deshalb kein „objektiviertes Produkt“. Das ist gerade der Reiz an dieser Möglichkeit: Die Marke bekommt buchstäblich viele Gesichter und wird aufgeladen und konkretisiert mit Menschlichkeit.
Durch vielseitige Möglichkeiten online und offline zu nutzen und zu verbinden, kann ein konsistentes Bild nach außen entstehen, das über andere Wege nicht im gleichen Maß authentisch transportiert werden kann. Hinzu kommt, dass durch Menschen geprägte Inhalte oft größeren Zuspruch und Reichweiten erfahren.
Das bedeutet ein großes Potenzial für Unternehmen zu zeigen, wofür sie wirklich stehen. Da jeder Markenbotschafter-Ansatz als Win-Win für das Unternehmen und die Mitmachenden gestaltet sein sollte, können alle davon profitieren.
Wie setzt du Markenbotschafter ein und was sind deine Erfahrungen?
Über die Autorin:
Stefanie Söhnchen ist Global Head of Marketing bei der Unternehmensberatung innogy Consulting. Hier verantwortet sie die internationalen B2B-Marketing-Aktivitäten online und offline, die interne Kommunikation sowie Eventmanagement und PR. Zuvor leitete Söhnchen unter anderem das globale digitale Content-Marketing bei car2go und den Partnerships-Bereich. Söhnchen ist ausgebildete Journalistin, Marketing-Strategie-Beraterin und Mentorin für junge Karrierefrauen.
Gut geschrieben, was mir nur fehlt ist bei WIN-WIN auch der „Win“ für den Markenbotschafter, bzw. der Step davor. Denn nur zufriedene Markenbotschafter sind auch gern Markenbotschafter. Das scheint bei vielen Vorständen leider noch nicht angekommen zu sein.