Mit seinen „Hard Questions“ möchte Facebook transparenter darlegen, wie es mit problematischen Inhalten auf seiner Plattform umgehen. Das ist löblich, aber natürlich nicht ganz uneigennützig.
Facebook wurde in junger Vergangenheit für seine interne Vorgehensweise viel kritisiert. Als riesige Online-Plattform täte es zu wenig gegen problematische Inhalte wie Hetze, Falschnachrichten oder die Organisation und Radikalisierung von Terroristen.
So wurde dem sozialen Netzwerk oft eine Mitschuld an einigen gesellschaftlichen Schwierigkeiten und Problemlagen gegeben. Erst kürzlich beschuldigte die britische Premierministerin Theresa May Facebook und andere Internetkonzerne, zu wenig gegen terroristische Propaganda zu tun.
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Insgesamt sieben problematische Themenfelder
Nun versucht das soziale Netzwerk, sich transparenter zu geben und veröffentlicht mit seinen “Hard Questions” Artikel zu insgesamt sieben problematischen Themen auf der Plattform und erläutert die eigene Haltung dazu.
Darüber hinaus sollen Nutzer auch selbst ihre Meinung dem Netzwerk mitteilen können. Nämlich zu den einzelnen zur Diskussion stehenden Themen und welche Themen darüber hinaus noch diskutiert werden sollten. (an hardquestions@fb.com)
Zu folgenden Fragen will Facebook in Zukunft seine Haltung und sein Vorgehen offener darlegen:
- Wie sollen Facebook und andere Plattformen gegen terroristische Propaganda vorgehen?
- Was soll mit dem digitalen Erbe geschehen, wenn eine Person stirbt?
- Wie stark sollen Plattformen gegen kontroverse Inhalte vorgehen und sie löschen? Wer darf überhaupt entscheiden, was kontrovers ist und gelöscht werden soll, vor allem in einer so pluralistischen Community wie die Facebooks?
- Wer darf entscheiden, was Falschnachrichten und was lediglich kontroverse politische Einstellungen sind?
- Ist Social Media gut für die Demokratie?
- Wie kann Facebook, ohne sein Vertrauen zu verspielen, zum Wohl aller verwenden?
- Wie können sich junge Internetnutzer in sicherer Umgebung bestmöglich ausdrücken?
Erster Artikel: Terroristische Propaganda
Zur ersten Frage hat das soziale Netzwerk bereits einen Artikel veröffentlicht: Das Netzwerk möchte kein Platz für terroristische Propaganda sein. Mit künstlicher Intelligenz, die terroristische Bilder und Videos finden soll und Software, die auf Basis bereits gelöschter Texte terroristische Inhalte erkennt, möchte man besser im Umgang damit werden und mehr und effektiver löschen.
Außerdem setzt das Unternehmen in Zukunft vermehrt auf menschliche Expertise und Partnerschaften mit anderen Tech-Unternehmen, um Facebook vollständig von terroristischen Inhalten zu befreien.
Interessant ist der Punkt “Cross-plattform collaboration”. Hier möchte Facebook mit anderen hauseigenen Diensten wie Whatsapp oder Instagram Daten austauschen, um besser gegen terroristische Inhalte vorgehen zu können.
Im letzten Jahr hatte unter anderem ein Hamburger Datenschutzbeauftragter diesen Austausch von Daten, bezogen auf Whatsapp und Facebook, untersagt.
Facebook bezieht gleichzeitig Stellung
Es scheint, als wolle Facebook seine Positionen in mehreren Streitereien mit der Politik durch die Veröffentlichung der “Hard Questions” deutlich machen. Vielleicht sogar einige Nutzer auf seine Seite holen.
Denn mit der dritten “Hard Question”, die unter anderem die Frage stellt, wer überhaupt entscheiden darf, was auf der Plattform zu kontrovers ist und gelöscht werden soll, greift das Netzwerk einen der größten und populärsten Kritikpunkte vieler Nutzer an Heiko Maas’ Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf.
Der Entwurf des Gesetzes sieht vor, soziale Netzwerke zur Verantwortung zu ziehen und mit hohen Geldbußen zu bestrafen, wenn sie beispielsweise Hasskommentare und Falschnachrichten nicht innerhalb eines kurzen Zeitraumes löschen.
Kritiker, und offenbar auch Facebook, bemängeln unter anderem, das Gesetz würde soziale Netzwerke zu privaten Richtern über Erlaubtes und Unerlaubtes machen. Für Facebook würde das Gesetz vermutlich einen immens höheren Aufwand bedeuten.
Transparenz, die nicht ganz uneigennützig ist
Mit seinen “Hard Questions” möchte sich Facebook transparent geben. Dass die schrittweise Veröffentlichung der einzelnen Artikel nicht ganz uneigennützig ist, dürfte klar sein.
Das soziale Netzwerk bringt sich in einzelnen politischen Diskussionen in Stellung, will sich dem Druck einiger Forderungen und Beschuldigungen wie etwa von Heiko Maas oder Theresa May nicht vollständig beugen. Es weist Schuldzuweisungen von sich und macht gleichzeitig Zugeständnisse, bezieht Stellung und geht auf Nutzer zu.
Das ist sinnvoll, weil zu schwierigen Themen wie Fake News und Hasskommentaren bisher nur Politiker und Experten öffentlich diskutierten. Außerdem schien es noch vor einigen Monaten fraglich, ob man sich bei Facebook überhaupt ernsthaft Gedanken über problematische Inhalte macht.
So blieb der Raum für Spekulationen für Medien und Nutzer groß. Nur durch Leaks wie die der Süddeutschen Zeitung und Mobilegeeks über die Löschkriterien des Netzwerks konnte man sich ein vages Bild über Facebooks internen Umgang mit solchen Inhalten zeichnen.
Gute PR für Facebook
Facebook nimmt diese viel diskutierten Themen ernst, das zeigen die “Hard Questions”. Zumindest an der Oberfläche gibt man sich offener für neue Ideen und Lösungsvorschläge. Das kann nur positiv sein und gibt mehr Raum für notwendige Diskussionen, auch innerhalb der Facebook-Community.
Nicht vergessen sollten wir aber auch den für das Unternhmen netten Nebeneffekt: Es ist immer gute PR, sich offen zu geben. Was dann an Taten folgt, steht auf einem anderen Blatt.
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