Christian Heller sinniert über das Ende der Experten und der Schule, wie wir sie bisher kennen, u.a. heißt es:
Andererseits möchte ich aber auch die kollektivistische Schulbank an sich hinterfragt wissen. Mit dem 20. Jahrhundert von couch-potato-Massenpsychologie und Top-Down-Broadcasting sollte sich doch eigentlich auch der Top-Down-Frontalunterricht erledigt haben, worin eine Autoritätsperson eine Vielzahl von Menschen in gleiche Anforderungsformen zwängt. Es geht mir gar nicht so sehr um das, was man im Volksmund unter „antiautoritärer Erziehung“ versteht, sondern darum, dass im 21. Jahrhundert nicht Ähnlichkeit, sondern Verschiedenheit gefördert gehört, nicht Einheitlichkeit, sondern Originalität. Gerade auch den wirtschaftlichen Anforderungen des neuen Jahrhunderts wird man nicht gerecht, indem man in klassische Berufsherausforderungen normiert, sondern nur, indem man kreative und intellektuelle Eigenständigkeit fördert. Ein Menschenbild, dass die Volksgemeinschaft überwunden hat, sollte vielleicht auch den Klassenverband überwinden.
Das Ende von Schule und Experte, der Aufstieg des Skulpteurs des eigenen neuronalen Netzes
Ach ja, gedachter Ausgangspunkt liegt in der Zukunft, wo Wissen einfach so abfragbar sein wird, ohne dass wir es reingepaukt bekommen müssten. Wobei man sich hierbei fragt, wie man dann Wissen bewertet, gefühlt und subjektiv. Das Wissen, dass 1+1 = 2 ist oder der Amazonas ebeswas Kilometer lang ist, bedeutet zunächst nichts. Egal, einfach mal reinlesen, interessante Gedanken von Christian, auch die Kommentare dazu lesen.
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Ich dachte, es hätte sich schon herumgesprochen, dass die Idee mit den „Kinderläden“ nicht ganz so funktioniert hat, wie erwünscht. Da sind zwar teilweise recht kreative Leute dabei herausgekommen, an den Umgangsformen mangelt es jedoch nach wie vor.
Und genau da liegt das Problem: Natürlich will man gerade für das eigene Kind die beste Ausbildung. Nur: Ist es wirklich förderlich, das Kind außerhalb der normalen Bildungswege ausbilden zu lassen, sowohl in „Experimentierbildungswegen“ als auch in so genannten „Eliteschulen“? Ist es nicht eher so, dass auch hochintelligente Kinder problemlos in den normalen Bildungseinrichtungen eine gute Ausbildung angedeiht bekommen können?
Ich bin ein überzeugter Vertreter der „Klassenverbandsidee“, weil ich fest glaube, dass diese Art der Ausbildung zwei wichtige Kernelemente hat: Die Ausbildung an sich und die Ausprägung der sozialen Kompetenz, die sich am ehesten ausprägt, wenn man eben in einer Gruppe für eine längere Zeit gemeinsam durchs Leben läuft. Dort wird am ehesten gelernt, dass es Entscheider und Aussitzer gibt, dass es Stärkere und Schwächere gibt und dass im Ernstfall immer derjenige entscheidet, der vor der Tafel sitzt und die Noten vergibt. Im Berufsleben ist es nicht anders und ich wüsste nicht, weshalb in der Schule eine andere Welt gepredigt werden sollte, als die, die draußen existiert.
Nur weil man denkt, dass es im Beruf in Ordnung ist, soll’s in der Schule auch in Ordnung sein?
Übrigens entscheiden sich nicht alle für diese Art von Berufsleben.
In Kindheit und Jugend funktionieren die demokratischen Ideen nicht, da braucht es Autorität, sonst wird eben nichts gelernt.
Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Bueb
@lina: Unser Gesellschaftssystem und unser Zusammenleben ist nun mal so organisiert, dass wir zwar vor dem Gesetz alle gleichberechtigt dastehen und wir auch alle einmal sterben werden. Allerdings akzeptieren wir, dass es Menschen gibt, die andere Dinge machen, als wir selbst. Unter anderem auch, dass es welche gibt, die beispielsweise über uns Recht sprechen, unsere Chefs sind, unsere Auftraggeber, unsere Lieferanten etc.
Ich halte gar nichts davon, dieses grundlegende System des Zusammenlebens Kindern nicht beizubringen und einzuimpfen, so ungerecht das im Einzelfall auch sein mag. Die Ausbildung soll den Menschen auf sein Leben vorbereiten. Dazu gehört, dass der Mensch, der hier in unserer Gesellschaft leben möchte, vorbereitet ist, sich in vielen Bereichen unterzuordnen oder in einem Team konsensfähig zu sein.
Wer in der Schule Erfolg haben will, muss in einer wichtigen Phase seines Lebens seine persönliche, individuelle Entwicklung zurückstellen und sich stattdessen zu der Person entwickeln, die die Gesellschaft fordert. Ich finde das höchste bedenklich. Die Gesellschaft kann doch nicht wichtiger sein, als die Menschen, die darin leben. Mag ja sein, das unsere Gesellschaft so ist, aber ist es gut, dass es so ist?
Ich sehe in den Kommentaren zunächst eine inhaltliche Verwechslung! Hier geht es nicht um antiautoritäre Erziehung, worauf sogar vom Autor selbst hingewiesen wurde. Es geht vielmehr um das Fördern der Individualität, weg von dem Gleichmachen durch den Lehrer. Dass Gleicheit nicht gerecht ist, zierte bereits den Titel einer Ausgabe der „brandeins“. Es geht eben nicht darum, im Einheitsbrei zu ersaufen, sondern darum, seine eigene Persönlichkeit zu entdecken und zu stärken.
Und im Übrigen: Die Gesellschaft ist nichts Externes, die Gesellschaft sind WIR und damit bestimmen WIR auch mit unserem Handeln, wie sie aussieht.
Und das heißt dann schlussendlich: Andere Erziehung ==> andere Schüler ==> andere Erwachsene ==> andere Gesellschaft.
Die Gesellschaft ist ein Prozess.
Nachtrag: Zum Herrn Bueb und die autoritären Erziehungsstile möchte ich trotzdem noch sagen: Ehe Ihr auf dem gebildeten Wiki-Link hängen bleibt, lest doch mal dazu den Artikel der Zeit:
http://www.zeit.de/2006/40/Disziplin?page=all
Übrigens gibt es nicht nur autoritäre und antiautoritäre Erziehungsstile….
Schwarzweiß-Bilder sind gerade in der Bildung und Erziehung wenig hilfreich. So ist es IMHO sinnlos, die Individualität als allein anzustrebendes Lern- und Entwicklungsziel hochzupreisen. Es muss eine ausgewogene Mischung aus Beherrschung von Standards und individueller Kreativität sein, was am Ende einer gelungenen Schullaufbahn steht.
Dazu ist es sicher nützlich, einen Teil der in der Schule verbrachten Zeit indivduellen Zielen und individueller Entwicklung zu widmen – das kommt bisher sicher zu kurz (u. a. aus Gründen, die die Lehrer nicht zu verantworten haben wie Klassengrößen, Raumgrößen, Lehrplänen). Aber ein nicht zu unterschätzender Teil der Schulzeit muss sicher dem Erwerben und Einüben von Inhalten dienen, die den Schülern als Grundlage für ihre individuelle Entwicklung hilfreich sind. Das hat mit Unterordnung des Individuums unter die Gesellschaft weniger zu tun als mit gelingender Kommunikation.