Der Völkermord an rund sechs Millionen Juden durch das nationalsozialistische Regime in Deutschland ist eine schreckliche Wahrheit. Doch eine neue Studie zeigt: Im Social Web leugnen über 80 Prozent der deutschen Beiträge auf Telegram den Holocaust.
Das Internet und damit auch die sozialen Medien gehören zweifelsohne zu den größten Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte. Durch die voranschreitende Digitalisierung ist es für immer mehr Menschen möglich, sich zu vernetzen und aus gewachsenen Strukturen auszubrechen.
Selbstverständlich gibt es auch Schattenseiten. Dazu gehört auch der Umgang mit der Meinungsfreiheit. Das bezieht sich vor allem darauf, dass es zahlreiche Orte im Internet gibt, die quasi mit einem rechtsfreien Raum gleichzusetzen sind.
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Telegram: Meinungsfreiheit und Geschichtsverfälschung rund um den Holocaust
Ein Beispiel dafür ist der Holocaust. Obwohl öffentliche Aufrufe zum Völkermord oder Judenhass eine Straftat darstellen, sind verharmlosende, verzerrende oder gar verleugnende Posts in Foren, Gruppen und einigen sozialen Netzwerken keine Seltenheit.
Hinter falschen Namen und geklauten Profilbildern wird in der Anonymität der sozialen Medien rechtsradikales und anderes Gedankengut verbreitet – und das ohne strafrechtliche oder sonstige Konsequenzen.
Unesco-Studie untersucht Holocaust-Leugner im Social Web
Doch wie verbreitet ist die Leugnung oder Verzerrung der geschichtlichen Ereignisse in den sozialen Medien rund um den nationalsozialistischen Völkermord?
Genau mit dieser Frage hat sich die Unesco in einer Studie beschäftigt. Dafür hat ein Team aus Forscher:innen im Sommer 2021 insgesamt 4.000 Social-Media-Beiträge untersucht. Dabei ging es um Posts rund um Juden, den Holocaust sowie seine Leugnung und Verfälschung.
Die Inhalte stammen von Facebook, Instagram, Twitter, TikTok und Telegram und wurden in deutscher, englischer, französischer oder spanischer Sprache verfasst.
Die Forscher:innen definierten für ihre Untersuchung die Verzerrung oder Verleugnung des Holocaust als signifikante und wissentliche Fehlinterpretation der geschichtlichen Fakten. Das geschieht beispielsweise durch die Unterschlagung von relevanten Daten oder die Verharmlosung in Form von Memes oder Witzen.
Telegram: Das Paradies für deutsche Holocaust-Leugner
Als besonders schlimm stellt sich die Situation auf Telegram heraus. Dort verleugnen oder verzerren im internationalen Vergleich 49 Prozent aller geposteten Inhalte rund um den Holocaust die Wahrheit.
Noch bitterer ist die Situation in deutschen Foren und Chats auf Telegram. Dort sind mehr als 80 Prozent (!) aller Inhalte historisch betrachtet falsch. Es ist somit keineswegs untertrieben zu sagen, dass Telegram die (neue) Heimat für deutsche und deutschsprachige Holocaust-Leugner ist.
Und auch auf den anderen sozialen Plattformen ist die Lage nicht gut, allerdings immerhin deutlich besser:
- Auf Twitter leugnen oder verzerren 19 Prozent der entsprechenden Inhalte den Holocaust.
- 17 Prozent der Inhalte rund um den Holocaust auf TikTok leugnen oder verzerren die Wahrheit.
- Die geringsten Werte gibt es bei Facebook (acht Prozent) und Instagram (drei Prozent).
Obwohl die Zahlen bei Twitter, TikTok, Facebook und Instagram bedeutend niedriger ausfallen als bei Telegram, ist selbstverständlich auch auf diesen Plattformen ein Problem ersichtlich. Deshalb stellt sich die Frage: Wie kann Holocaust-Leugner:innen und Judenhasser:innen effektiv Einhalt geboten werden?
Telegram, Twitter und Co.: Die Pflicht, gegen Judenhass vorzugehen
Die Antwort der Forscher:innen auf diese Frage ist naheliegend und gibt zugleich ein Stück weit Hoffnung: Je besser die Maßnahmen der digitalen Plattformen zur Bekämpfung von Hass und Falschnachrichten sind, desto geringer fällt der Anteil an leugnenden oder verzerrenden Inhalten aus.
Das heißt: Klare Nutzungsbedingungen, eine gute und umfangreiche Content-Moderation sowie harte Konsequenzen wie beispielsweise User-Ausschluss und mögliche Anzeigen sorgen dafür, dass weniger gefährliche Inhalte verbreitet werden.
Deshalb muss an dieser Stelle die Arbeit von Facebook und Instagram positiv hervorgehoben werden – auch wenn acht beziehungsweise drei Prozent immer noch zu viel sind.
Im Umkehrschluss zeigt sich wieder einmal, dass die „Plattform für freie Meinungsäußerung“, als die sich Telegram immer präsentiert, letztendlich doch nichts anderes als ein Sammelbecken für gefährliche und rechtswidrige Inhalte darstellt.
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