Raumfahrtbehörden und Privatunternehmen befinden sich im Wettrennen zur Besiedlung des Mondes. Was allen fehlt: genügend Strom. Berliner Forscher könnten dafür nun eine Lösung gefunden haben. Sie wollen Solarzellen aus Mondstaub herstellen.
„Der gleiche Schmutz, der an den Stiefeln von Astronauten haftet, könnte eines Tages ihre Lichter am Leuchten halten“: So beginnt ein Pressebericht auf EurekAlert, einem Newsportal für Wissenschaftsjournalismus.
Was sich anhört wie eine Science Fiction-Geschichte, könnte künftig Realität werden. Denn Wissenschaftler der Universität Potsdam und der TU Berlin haben herausgefunden, wie man aus Mondstaub Solarzellen herstellt.
Mondstaub eignet sich zur Produktion von Solarzellen
Bei Mondstaub handelt es sich genauer gesagt um Mondregolith – einem scharfkantigen Staub, der die Mondoberfläche bedeckt. Er wurde bereits als potenzielles Baumaterial in Betracht gezogen. Außerdem gehen Forscher davon aus, dass das Eis in den schattigen Kratern des Mondes als Trinkwasser genutzt und in Sauerstoff sowie Wasserstoff aufgespalten werden könnte.
Das Forschungsteam aus Berlin und Potsdam will das Mondregolith allerdings in Glas für Solarzellen verwandeln. Testweise schmolzen sie eine Substanz, die den Staub simulieren sollte, ein und produzierten daraus eine neue Art von Solarzelle.
Dafür kombinierten sie das „Mondglas“ mit Perowskit – einem Mineral mit einer typischen Kristallstruktur, das Sonnenlicht sehr effizient in Strom umwandelt. Der Hintergedanke: Anstatt Photovoltaik-Platten von der Erde zu transportieren, wollen die Forscher auf Materialien setzen, die bereits auf dem Mond vorhanden sind.
Mondstaub-Zellen reduzieren Transportkosten ins All um 99 Prozent
„Die derzeit im Weltraum verwendeten Solarzellen sind erstaunlich und erreichen Wirkungsgrade von 30 bis 40 Prozent“, berichtet Felix Lang, leitender Forscher an der Universität Potsdam. Allerdings habe dieser Wirkungsgrad seinen Preis: „Sie sind sehr teuer und relativ schwer, weil sie Glas oder eine dicke Folie als Abdeckung verwenden.“ Es sei schwer zu rechtfertigen, all diese Zellen ins All zu transportieren.
Nutze man alternativ den zu Glas geschmolzenen Mondstaub, lasse sich die Startmasse eines Raumfahrzeuges um 99,4 Prozent verringern. Das spare wiederum 99 Prozent der Transportkosten ein und mache eine langfristige Mondsiedlung möglich. „Außerdem sind unsere Zellen stabiler gegenüber der Strahlung, während die anderen mit der Zeit zerfallen würden“, so Lang.
Bisher gelang es den Wissenschaftlern mit ihren Solarzellen aus Mondstaub einen Wirkungsgrad von zehn Prozent zu erreichen. Mit weiteren Optimierungen könnte er auf bis zu 23 Prozent steigen. Damit rücken visionäre Projekte wie solare Mondfarmen in Reichweite.
Solarzellen aus Mondstaub könnten Mondbasis mit Strom versorgen
Bereits seit Längerem suchen sowohl internationale Raumfahrtbehörden als auch Privatunternehmen nach Möglichkeiten, den Mond zu besiedeln. Noch in diesem Jahrzehnt sollen im Rahmen der Artemis-III-Mission der NASA zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahrhundert wieder Astronauten auf den Mond gebracht werden.
Die US-Raumfahrtbehörde will sie in einer entsprechenden Basis unterbringen und gleichzeitig Rechenzentren und andere permanente Einrichtungen bauen. Für die Versorgung bedarf es großer Mengen Strom. Die Forschung der Berliner Wissenschaftler eröffnet dafür eine neue Lösung.
Bisher basiert ihre Arbeit allerdings nur auf Simulationen. Die realen Bedingungen auf dem Mond bringen einige Herausforderungen mit sich. So könnte die geringe Schwerkraft die Bildung von Mondglas verändern. Auch das Vakuum des Mondes sowie Temperaturschwankungen könnten die Stabilität und Verarbeitung der verschiedenen Materialien beeinflussen.
Um herauszufinden, ob die Mondstaub-Solarzellen wirklich brauchbar sind, hofft das Forschungsteam, ein Experiment in kleinem Maßstab zum Mond zu schicken, um sie unter realen Mondbedingungen zu testen.
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